Beiträge von Robert Ganter im Thema „Konstruktion mit CAD für CNC Fräsen und Wasserstrahlschneiden“

    Hallo zusammen,


    Nur bei KiCAD kann ich das Lob nicht ganz teilen: Die Kompatibilität von Hauptversionen ist ein Witz.

    Kann ich im Moment nicht beurteilen, da ich erst seit kurzem (wieder) in KiCAD eingestiegen bin.


    Das Thema Kompatibilität über längere Zeit ist ein Problem: Du kannst es machen wie Microsoft und auf ewig "kompatibel" sein (sprich, Du schleppst all den Mist, den Du über die Jahre gebaut hast, mit) oder Du machst es wie Apple. Nach drei Jahren erfindest Du die Welt neu. Alter Mist interessiert nicht mehr.

    Das ist sicher überspitzt formuliert, skizziert aber dieses Problem ganz gut. Bei den Jungs und Mädels von KiCAD, sollte dieses Problem wirklich so gravierend vorliegen, sollte das aber aber ganz oben auf der Prioritätenliste stehen. Zumindestens lesbar und auf die aktuelle Version migrierbar sollten die Daten schon sein.

    Zu VMs: es gibt Bereiche, da wirst Du da nicht drum rum kommen. Ich arbeite in einer Branche, die sichere Produkte (im Sinne von funktionaler Sicherheit) entwickelt: Railway. Die meisten halten sich natürlich nicht daran, aber eigentlich müsstest Du die gesamte Entwicklungsumgebung (Compiler, CAD, etc.) in VMs laufen lassen, damit Du bei Projektende das Komplettpaket archivieren kannst.

    Tun wie gesagt nur wenige, da das ganze aufgrund von beschissenen Lizenzsystemen (die in VMs nicht laufen) eine Royal PITA (wie die Engländer sagen) ist.


    Hier ein pdf Screen Shot ( den bekam ich von einer der Firmen zurück) konveriert aus DXF und vormals STL aus Tinkercad

    Das sieht eher danach aus, dass Tinkercad Schrottdaten generiert. Mit sowas kann man natürlich nichts anfangen. Tinkercad scheint wirklich nur für eine kleine Nische geeignet zu sein.


    Ich bleibe dabei, dass CAD kein "Malen nach Zahlen" ist, sondern ein grundsätzlich komplexer Prozess, der eine gewisse Einarbeitung braucht.

    Ich bin, was Maschinenbau und mechanische Konstruktion angeht, wirklich Amateur, ich habe es aber nach einer gewissen Einarbeitungszeit mit einem Tool wie Freecad geschafft, einigermassen mechanisch komplexe Teile (für 3D Druck oder aus Aluminium) zu modellieren. Also lasst euch nicht davor abschrecken. Es gibt ja einen (leider etwas eingeschlafenen) Thread hier im Forum dafür.


    Zur externen Herstellung von Teilen: Modellbauer sind sicher eine Möglichkeit, ich denke aber, man sollte deren Goodwill nicht überstrapazieren (oder eine grosszügige Spende in die Maschinen-/Vereinskasse anbieten).

    Wer sich nicht davor scheut, die Prototypenindustrie aus dem Reich der Mitte zu berücksichtigen: https://www.pcbway.com/ . Die machen so ziemlich alles, Leiterplatten, 3D-Druck mit diversen Materialien (die man als Hobbyist schon aus gesundheitlichen Betrachtungen nicht verwenden wird), CNC Bearbeitung diverser Materialien bis hin zu Spritzguss (bei grösseren Stückzahlen).

    Ev. wäre das eine Alternative.


    Herzliche Grüsse Robert

    Hallo Thomas,


    Kurze Antwort: nein. Etwas längere Antwort: STEP. DIeses ist aber als Austauschformat gedacht und enthält viele Informationen nicht, die im CAD benötigt werden für die Bearbeitung. Parametrierung und/Abhängigkeiten gibt es ebenso wenig wie Skizzen, Gewinde oder andere Objekte.


    3D CAD ist komplex, das geht *weit* über zeichnen hinaus. Import und Export von proprietären Formaten ist nicht so schnell zu erwarten. Es ist nicht im Interesse der Hersteller und der Leidenswille der Kunden einfach noch zu gross.


    Herzliche Grüsse Robert

    Hallo zusammen,


    ich möchte weder einen "Religionsstreit" anleiern noch irgend jemandem Fusion madig machen, Ich möchte aber einen sehr wichtigen Aspekt ansprechen, der leider immer noch nicht ernst genug genommen wird. Nicht mal von Firmen und der öffentlichen Hand.

    Und dieser Aspekt ist ziemlich unabhängig von der eingesetzten kommerziellen Software. Das gilt also etwas verallgemeinert für Office, für Bildeverarbeitungssoftware aber auch für diverse CAD Programme.


    Mein Beitrag wird eher lang, sorry, es ist mir aber ein Anliegen, dass alle verstehen, wo der Hase im Pfeffer liegt.


    Das Problem heisst Dokumentenformat und dessen Dokumentation.


    Wer mit Microsoft Office arbeitet, hat binäre Dokumente, die sich, allen Versprechungen Microsofts zum Trotz, nur mit Microsoft Office ohne Einschränkungen bearbeiten lassen. Und das auch nicht für ewige Zeiten, da an der Spezifikation des Dokumentenformats immer mal wieder geschraubt und sehr alte Dokumente damit irgendwann nicht mehr unterstützt werden. Einmal abgesehen davon, dass selbst Microsoft nicht mehr durchblickt. Ich habs auch schon erlebt, das Officedokumente nur noch in LibreOffice zu öffnen und damit zu retten waren.


    Wer mit der Adobe Creative Suite arbeitet hat zwar seine Originaldaten unverändert zur Verfügung, die Bearbeitungsregeln aber sind in einem proprietären Format abgespeichert. Ein Wechsel auf ein anderes System ist so gut wie unmöglich (ich rede hier aus Erfahrung mit Lightroom). Ausserdem, und nun wird es wirklich hässlich: Adobe kann jederzeit und ohne dass man das verhindern kann, die Lizenz widerrufen. Dieses Spiel hatten sie vor Jahren auf Zuruf von Agent Orange mit venezolanischen Kunden gespielt, weil der sich auf die bösen Kommies in Venezuela eingeschossen hatte. Alle venezolanischen Benutzer standen von einem Tag auf den anderen vor den Trümmern ihrer Existenz. Stellt euch vor, ihr seit Fotograf und habt eine Datenbank mit zig tausenden Bildern. Alles weg, Boom!


    Jede Software, die mit zeitlich begrenzten Lizenzen (im schlimmsten Fall sogar cloudbasiert) und/oder mit proprietären, binären Datenformaten arbeitet, ist eine tickende Zeitbombe. Ich habe das letztes Jahr mit einem Elektronik-CAD System bei einem Kunden erlebt. Aufgrund gallopierender Inkompetenz und fehlender Flexibilität der Salesdroiden des SW-Herstellers ist innert einer Viertelstunde eine Lizenz verdampft. Ich hatte an einem Schaltplan gearbeitet, bin in die Kaffeepause gegangen und als ich zehn Minuten später zurückkam, war die Lizenz weg. Zuvor gespeichert geglaubte Dateien konnten nicht mal mehr abgespeichert werden. Das Problem wurde zwar nach drei Tagen gelöst, aber es hat mich gelehrt, nie (in Worten N-I-E) mehr mit Firmen zu arbeiten, die nach Gutsherrenart über Deine Lizenzen und/oder Daten verfügen können. Das kann Deine berufliche Existenz kosten.


    Ein vergleichbares (dafür aber lösbares) Problem haben Anwender der Elektronik-CAD Software EAGLE. Die wurde vor Jahren von Autodesk aufgekauft und erheblich modernisiert. Das ist die positive Seite. Allerdings haben sie dabei komplett auf Online Lizenzen umgestellt. Ohne regelmässiges "nach Hause telefonieren" war nichts zu machen. Nun kommt neuerdings dazu, dass EAGLE nicht mehr weiterentwickelt wird und komplett in Fusion aufgegangen ist. Das kann man gut finden, schliesslich sind damit Elektronik- und Mechanik-CAD besser integriert. Allerdings ist man dann (schlauer Move von Autodesk) in Zukunft an ein binäres, nicht offenes Datenformat gebunden.


    EAGLE Daten sind XML-Dateien und das Format gut (oder anders gesagt vollständig) dokumentiert. Ich habe hier einen Berg von CAD Daten, Libraries und Skripte, der sich über weit mehr als zehn Jahre angehäuft haben. Kundenprojekte von ganz einfach bis zu hochkomplexen 10-Lagen Leiterplatten für sicherheitskritische Anwendungen. Wir hatten die komplette CAM-Datengenerierung skriptbasiert und mit Checklisten aufgesetzt, was formale Reviews und, ebenso wichtig, fehlerfreie, da ohne menschliche (immer fehlerbehaftete) Interaktion, Datenproduktion erlaubt hat. Statt mehr als drei Tage Review und vielen manuellen Einzelschritten war das dann in drei bis vier Stunden erledigt. Wir hatten seither nie mehr fehlerhafte Produktionsdaten.

    Ein spezielles Goodie ist übrigens, dass man diese Dateien in einem Texteditor bearbeiten kann. Ab und an hatte EAGLE die unangenehme Eigenschaft, Dateien zu zerschiessen. In allen Fällen hatte sich herausgestellt, dass jeweils nur eine fehlerhafte Zeile hinzugefügt worden war, die man einfach löschen konnte. Macht das mal mit einer Officedatei. No way.


    Kürzlich musste ich für einen Kunden etwa sieben Jahre alte EAGLE Daten überarbeiten. Noch läuft EAGLE (als Teil der Fusion Lizenz), aber die Uhr tickt. Bis in einem Jahr muss ich den kompletten Prozess migriert haben. Auf Fusion will ich nicht wechseln, aus Gründen, die ihr unterdessen verstehen werdet. Für den Kunden war das aber eine günstige Lösung und für mich ein guter Auftrag.


    Was ist die (meine) Lösung? KiCAD. Aus dem einst belächelten Open Source-Projekt ist unterdessen ein ernst zu nehmendes Tool geworden, das sich durchaus mit teuren CAD Systemen wie Altium Designer messen kann. Sicher, kein Anfängerspielzeug und vieles hat mehr Ecken und Kanten. Aber Altium-Designer ist auch nicht mehr in einer Woche beherrschbar wie Protel, die ursprüngliche Version.

    Und, das Killerkriterium für KiCAD: EAGLE Daten (offenes, gut dokumentiertes Format, wir erinnern uns) können gelesen und im KiCADFormat (offenes, gut dokumentiertes Format) gespeichert werden. Ohne Verluste. Libraries müssen nachbearbeitet werden, aber das liegt daran, dass EAGLE und KiCAD komplett verschiedene Librarykonzepte haben. Ist die Migration (resp. der Prozess dafür) mal gemacht, kann ich auf sämtliche alte Daten zurückgreifen. Damit schlaf ich definitiv besser.


    Das ganze ist also ähnlich wie bei Open Office und FreeCAD. Da das Datenformat offen und sauber dokumentiert ist, ist eine Migration, sollte das nötig sein, meist mit vertretbarem Aufwand möglich.


    Und das möchte ich euch mit diesem langen Sermon ans Herz lesen.

    Mag sein, dass man mit kostenlosen Lizenzen mit einem kommerziellen Tool, das die halbe Welt einsetzt, mit weniger Schweiss und Lernaufwand was machen kann. Das böse Erwachen kommt aber spätestens dann, wenn die Lizenz weg ist oder alte Daten nach Jahren nicht mehr lesbar sind. An die Dokumentation des Datenformats kommt man nicht, kann also auch keinen Converter schreiben. Tja, Pech gehabt.


    Bei uns Amateuren kommt noch ein anderer Aspekt dazu. Mag sein, dass der eine oder andere am Arbeitsplatz Zugriff auf ein kommerzielles Highend Tool hat. Die Daten sind aber für alle, die das nicht haben, wertlos. Schaut mal, wie viele Inventor-Modelle man auf Seiten wie GrabCAD findet. Kein Inventor? Pech gehabt.


    Behaltet also im Hinterkopf, dass ihr vielleicht eure Daten auch in zehn Jahren noch verwenden wollt und dass Daten, die auch anderen zur Verfügung stehen sollen, in einem Format vorliegen sollten, das jeder auch ohne Kauf einer kommerziellen SW-Lizenz verwenden kann.


    So, sorry für die lange Predigt, aber das war mir wichtig, euch das bewusst zu machen.



    Herzliche Grüsse Robert