Beiträge von MartinB im Thema „Multiplex Birke Holz zum Dobsonbau“

    Hallo René,


    Das sieht erwartungdgemäß gar nicht schlecht aus für die Multiplexplatten. Schön zu sehen ist in deinem letzten Foto der dunkle Klebstoff zwischen den Holzlagen. Das ist ein Indiz für feuchtebeständigen Kleber.


    Thema HPL Platten:

    Wenn ich mich nicht irre, wurde ganz ähnliches Material bereits seit Jahrzehnten im Teleskopbau verendet, nämlich in Rohrform mit der Materialbezeichnung "Hartpapier" für Teleskoptuben. Allerdings ohne schicke farbige Deckschicht, sondern in langweiligem Braun.

    Die Eigenschaften liegen zwischen Sperrholz und Aluminium. Die sinnvolle Materialstärke damit ebenfalls. Zum Verbinden eignet sich offenbar Schrauben am besten. Im Teleskopbau wirklich universell einsetzen ließe sich das Material nur, wenn bei gegenüber Multiplex deutlich reduzierter Materialstärke dennoch robuste und harte Klebeverbindungen von Stoßkanten möglich wären, was bei Rockerboxen und Spiegelboxen aus Birke Multiplex ja problemlos funktioniert.

    Wer testet das mal aus? Eventuell funktioniert Blindniettechnik mit Alu-Winkelprofilen an den Kanten?


    Eine sichere Verwendung ohne offensichtliche Probleme sehe ich als Monoring-Hut und auch als Hutring bei der klassischen Bauweise nach Kriege/Berry. Da muss man die Materialstärke halt auf etwa 60% der Dicke eines Birke-Multiplexrings reduzieren.


    Gruß,

    Martin

    Hallo allerseits,


    Endlich mal wieder 'ne richtig lebhafte Diskussion im Selbstbauforum - da komm ich doch glatt aus der Versenkung und diskutier mal ein bisschen mit ^^

    Mal vorweg: Mein ältestes Selbstbau-Teleskop ist jetzt 19 Jahre alt, zwei sind älter als 15 Jahre, alle werden in einem ungeheizten gut durchlüfteten Raum gelagert, alle haben Rockerboxen und Spiegelboxen aus Birke Multiplex und auch den Hut aus Sperrholz, und da ist bisher nix auseinander gefallen oder hat sich merklich verzogen. Für eigene Verleimungen habe ich Ponal mit der blauen Tülle verwendet (bedingt wasserfest) und die Verleimungen der Birke Multiplex Platten waren in der Regel mit AW100 angegeben. Zusätzlich geschützt habe ich das Holz zum Teil mit Clou Parkettlack bzw 1K Bootslack (letzterer ist UV-beständiger, ansonsten ähneln sich die Lacke sehr).

    Solche Amateurteleskope sind ausdrücklich nicht geeignet, um sie längere Zeit im Wetter stehen zu lassen. Das wird aber auch niemand tun. Also, kein Problem, der Werkstoff ist für den Zweck beständig genug gegen auftretende Umwelteinflüsse.


    Bootsbauer wissen, dass alle Holzteile am Boot nahezu ständige Pflege benötigen. Wenn man sich nicht drum kümmernt, gammelt einem das Boot irgendwann unterm Hintern weg. Birke Multiplex wird kein Profi-Boosbauer freiwillig verwenden, weil es nicht fäulnisbeständig genug ist. Auch Buche und andere heimische Hölzer sind da nicht viel besser. Für uns als Teleskopbauer ist das aber in der Regel kein Problem. Wasserfest oder sogar kochfest verleimtes Birkensperrholz wird auch in der Luftfahrt seit über 100 Jahren verbaut und es gibt über 70 Jahre alte Flugzeuge, die heute noch im Einsatz sind.

    Ein Teleskop mit Holzteilen sollte nach dem Einsatz immer gut trocknen können, aber nicht in einem furztrockenen zentralgeheizten Wohnraum gelagert werden.


    Siebdruckplatten sind als Verschalungsholz genau wie normales Birke Multiplex nicht dauerhaft wetterfest und in der Praxis nicht oder kaum besser als normale Multiplexplatten mit feuchtebeständiger Verleimung. Ist auch gar nicht nötig, sie werden auf der Baustelle mehr oder weniger als Verbrauchsmaterial angesehen.


    John Dobson hätte über diese Diskussion vermutlich nur verwundert den Kopf geschüttelt. Er hat Pappröhren für den Tubus verwendet (zugegeben sehr robuste, die als Verschalung für Betonsäulen hergestellt wurden), und für Spiegelbox und Rockerbox irgendwelche Kistenbretter und sonstiges Abfallholz, das er kostenlos irgendwo einsammeln konnte. Und natürlich waren seine Spiegel aus Fensterglas. Das spielt für die Abbildungsqualität überhaupt keine und für die Gebrauchsfähigkeit des Teleskops bei angepasster Bauweise nur eine sehr kleine Rolle. Einige seiner Teleskope hatten wohl eine sehr gute Abbildung und gebrauchsfähig waren sie alle.


    Für den erfolgreichen Selbstbau kommt es nur darauf an, funktionierende Materialien zu finden und diese "artgerecht" einzusetzen. Dazu ist Wissen und Erfahrung hilfreich. Eigene Erfahrung, Verarbeitungsmöglichkeiten und Verfügbarkeit sind wichtige Faktoren bei der Materialwahl. Normen und Zertifikate für Materialeigenschaften spielen hier eine etwas geringere Rolle für Leute, die wissen was sie tun. Hohe Genauigkeit und spezielle Materialeigenschaften werden nur an wenigen speziellen Stellen benötigt. Der Rest darf mehr oder weniger große Toleranzen aufweisen. Man muss nur wissen, was man tut. Genau das macht für mich einen großen Teil des Vergnügens beim Selbstbau aus.


    Mein Fazit: Holz ist ein für den Amateur-Teleskopbau bedingt geeigneter Werkstoff, der bei materialgerechter Verwendung sinnvoll eingesetzt werden kann und in manchen Fällen sogar den besten Kompromiss aus allen Anforderungen darstellt. Zu bevorzugen ist mehrlagiges Sperrholz mit feuchtebeständiger Verleimung, dennoch ist zu berücksichtigen, dass die damit gebauten Instrumente nicht dauerhaft wetterbeständig sind.


    Gruß,

    Martin