Beiträge von Gesarah im Thema „Kurze Alb-Frostnacht mit schönen Objekten und Fernglaszeichnung“

    Liebe Mitbeobachter,


    in den letzten Tagen haben so viele schöne Berichte ihren Weg ins Forum gefunden, ich reihe mich freudig mit ein! Um die Weihnachtstage hatte ich noch keinen klaren Himmel, kurz danach aber. So kam es, dass ich auf 21 Uhr nach Zainingen zu meinem Plätzchen gefahren bin, das ich glücklicherweise wieder für mich allein hatte (ist das mal nicht der Fall, verkrümele ich mich 500 m weiter nach vorne an den Feldwegrand). Viel habe ich mir für den Abend nicht vorgenommen, aber ein bisschen was hatte sich auf der Wunschliste gesammelt.
    Bevor ich aufbaue, lasse ich erst einmal meine Astrobegleithündin raus, mache die lange Leine an der hohen Himmelsbeobachterbank fest, lege jeder von uns eine kuschelige Decke aus und hüpfe selbst auf die Bank. Die ist so hoch, dass meine Beine in der Luft baumeln, ich kann mich ganz schräg nach hinten anlehnen und mit geradem Blick nach Südosten auf den aufgehenden Orion schauen. Noch ist es immer wieder diesig und schleierbewölkt, aber wenn es aufklärt, holla, wow, da kommt ein glasklarer Wintersternhimmel mit Milchstraße im Zenit hervor. Soooo schön! Ich liebe den Orion, er ist das erste Sternbild, das ich überhaupt bewusst wahrgenommen hatte, schon vor über 12 Jahren!
    Nun denn, ich könnte noch lange hier sitzen und einfach nur in den Himmel schauen, aber da sind ja noch die Wunschobjekte. Also aufgebaut und ans Werk :)


    Glahns Peitsche

    Das ist neu, neu, neu! Ein ganz neu entdecktes Sternmuster, und ich kann als eine der ersten Beobachterinnen eine erfolgreiche Sichtung beitragen, yay!!! Auf Freunde der Nacht könnt ihr mehr darüber lesen und erfahren.

    In Aufsuchvergrößerung ist die Peitsche mit 42x schon als winzig kleiner, filigraner, heller Minibogen erkennbar , die Stelle an sich ist gut zu finden, wenn man von NGC 7789 aus startet; bei 96x sind sowohl die Peitsche als auch der benachbarte Bogen zu sehen, insgesamt zeigt die Peitsche etwa 5 Sterne, zwei davon kann ich direkt und dauerhaft halten, die übrigen verschwimmen seeingbedingt immer wieder; die Peitschenform ist dennoch klar erkennbar!


    NGC 185 und NGC 147 - OdM Dezember

    Seitdem ich einen 10''-Dobson habe, rücken die OdM-Objekte in den Bereich des Machbaren für mich, das ist schon besonders reizvoll. Diese beiden Galaxien will ich seit vier Wochen unbedingt sichten, und es ist gelungen! NGC 185 ist bei 96x schnell als diffuse Aufhellung ausfindig gemacht, sie hat eine ungefähr runde Form ohne weitere erkennbare Details. Dass sie rechts versetzt der beiden einrahmenden, hellen Sterne steht, hat etwas ansprechend Ästhetisches. Stift und Papier, bitte! Ach so ... muss ich mir selbst holen ;) Seit neuestem bin ich ausgestattet mit einem A5-Klemmbrett! Mein Bleistift wird mir nie wieder herunterfallen und meine Zeichenpapiere werden nicht mehr vom Schoß fliegen :love:



    Die schwächere Galaxie NGC 147 habe ich nicht gezeichnet, sie war zwar indirekt auch zweifelsfrei auszumachen, zeigte auch immer wieder mal eine helle Verdichtung mittig, aber ihre Position und Größe festzulegen, habe ich mir nicht zugetraut. Sie steht aber in einem schönen Dreieck aus zwei hellen und einem schwächeren Stern, von dem aus man sich eine Linie zum einen hellen Sternen denken kann, auf dessen Strecke die Galaxie bei etwa 2/3 liegt. Also liegt ... da ist sie halt :D


    Noch ein Novum kommt jetzt als Highlight gegen Ende des Berichtes. Ok, Ende, so, wie ich mich kenne, ... naja, also jedenfalls. Vor zwei Jahren hatte ich meine erste Bino-Erfahrung bei Christopher aus Darmstadt. Das hat sich so unterschwellig festgesetzt und zwei Jahre lang habe ich immer wieder mal aus Lust und Laune darüber sinniert, welche Optik ich mir noch zulegen könnte. Zwischenzeitlich erfüllte sich ja der Wunsch nach dem Selbstbau-Zehnzöller einer meiner Lieblingsstammis Martin, aber das mit dem Bino blieb im Kopf. Ein Jahr lang durfte ich ein bildstabilisiertes Canon 12x36-FG testen, und auch Gedanken über ein klassisches Bino habe ich mir gemacht. Das Ergebnis dieser schönen Gedankenreisen ist Folgendes:

    Ich habe mich für ein Fernglas auf Stativ entschieden, weil ich soo gerne großflächige Objekte beobachte und dann aber nicht zeichnen kann, weil freihand ... Ab sofort gibt es also immer wieder mal Zeichnungen von 8x30 oder 12x42 auf Stativ, juhuuu!


    Die erste, die ich euch zeige, habt ihr vor ein paar Stunden schon beim fleißigen Seraphin bewundern dürfen: Collinder 69 im Orion. Er trägt bei mir den Namen "der Klappstuhl":


    Ein strahlendes, helles, wunderschönes Objekt. Und ganz besonders reizvoll sind die drei super filigranen, feinen Sternchen im unteren Bereich der Rückenlehne!


    Was ich als Zeichnung früher oder später festhalten werde, ist Collinder 70 im Orion. Der Sternhaufen ist einfach WUNDERSCHÖN! Ich sehe ein über und über mit Sternen gespicktes Bild auf 6,5° Weite. Alle drei Gürtelsterne strahlen mich sooo hell und klar an und zwischen den beiden rechten schwingt sich ein filigranes, aber deutliches S hindurch. Wirklich faszinierend!


    So langsam wird mir tatsächlich mal kalt, die Konzentration ist auch geschwunden. Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass ich schon seit zwei Stunden friedlich hier draußen sitze. Kein Wunder. Ich steige mit meinem Hund ins Auto, wärme mich eine Weile dort auf und habe vor, noch einmal nach draußen zu gehen, um dann gegen 23.30 den tau-CMa-Haufen anzuschauen, der inzwischen hoch genug gestiegen sein müsste. Beim Aussteigen steigt mir die Kälte aber sehr schnell wieder in die Glieder und als ich den Dobson anfasse, glitscht er mir einfach durch die Finger, weil ... er eingefroren ist :cold_face: Dann passt doch alles zusammen, kalt, unkonzentriert, gefrorenes Teleskop, ich packe lieber gemütlich zusammen und fahre mit meinem Mitternachtssnack zwischen den Zähnen wieder nach Hause. Es hat sich gelohnt, meine Entzugserscheinungen sind fürs Erste wieder gestillt :smiling_face_with_halo:


    Sonnige Grüße

    Eure Sarah