Beiträge von Stathis im Thema „Wie alles begann - Astrofotografie mit einfachen Mitteln (Canon G15 Systemkamera aufgeblähte Sterne)“

    Da sich die Diskussion in Richtung Fototechnik und weniger um ein spezielles Deep Sky Objekt als solches gestaltet, habe ich den Thread wieder in das Technikforum Astrofotografie geschoben und den Betreff etwas präzisiert.


    Zum Thema:

    Es ist sicher interessant und lehrreich, sich mit den Zusammenhängen zu Beugungsscheibchen, Pixelgröße und Öffnungsverhältnis zu befassen, ich finde jedoch, dass es nicht den Kern dieses Themas trifft. Es ist zwar bereits angeklungen, geht mir jedoch in all der Rechnerei etwas unter, daher noch mal mit meinen Worten:


    Normale Fotoobjektive sind nicht scharf genug, um bei großen Öffnungsverhältnissen(*) beugungsbegrenzt abbilden zu können. Das gilt sowohl für die Canon Festbrennweite 200 mm f/2,8 von Christoph und erst recht für ein fest verbautes kleines Zoomobjektiv in deiner Systemkamera.


    Was du als "aufgeblähte Sterne" siehst, ist einfach der sog. "Spotdurchmesser", das ist vereinfacht gesagt der Fleck auf der Chipfläche, auf dem eine punktförmige Lichtquelle (= Stern) abgebildet wird. Dieser Spotdurchmesser ist bei Fotoobjektiven bei z.B. f/2 oder auch f/4 weit größer als das Beugungsscheibchen. Die Fotoobjektive schaffen es einfach nicht, alles Licht in das winzige Beugungsscheibchen zu fokusieren, schon gar nicht für alle Farben gleichzeitig. Gelingt es für den Hauptteil des Lichtspektrums einigermaßen gut, bleiben oft immer noch blaue oder rote säume übrig, so wie auf deinen beiden Bildern oben. Das nennt sich chromatische Aberration (CA). Auch für richtig gute Festbrennweitenobjektive wie Christophs Canon 200 mm f/2,8, mein Canon 100 mm f/2,8 oder das in Astrokreisen sehr beliebte Samyang 135 mm f/1,8, mit dem z.B. 03sec-Ralf so fantastische Weitfeldaufnehmen macht, schaffen keine beugungsbegrenzte Abbildung. Die Auflösung wird somit in der Praxis bei kleinen Brennweiten bis ca. 300 mm und lichtstarker Optik durch die Güte der Optik und nicht die die Beugungsphysik als solche limitiert.


    Bei Teleskopen für die Astronomie ist es wieder etwas anders, gute Teleskope bilden beugungsbegrenzt ab. Diese in der Regel größeren Optiken haben eine so hohe Auflösung, dass die atmosphärischen Störungen immer mehr überwiegen. Wir nennen das "Seeing" und sprechen vom Seeingscheibchen bei Langzeitbelichtung. Je länger die Brennweite und je dicker die Optik, um so mehr ist das System seeingbegrenzt. Das heißt, die Optik könnte schärfer abbilden, das Seing erzeugt jedoch dickere Sterne und begrenzt die Auflösung. "Langzeitbelichtung" fängt in diesem Fall bei spätestens 2 Sekunden Belichtungszeit an, das ist bereits so lang, dass die turbulente Atmosphäre das schön kleine Beugungsscheibchen auf ein viel größeres Seeingscheibchen verschmiert. Einige "Kurzzeitbelichter" versuchen mit möglichst kurzen Belichtungszeiten das Seeing einzufrieren und damit schärfere Fotos zu erreichen... sie versuchen es nicht nur, sie schaffen das sehr erfolgreich:thumbup:.


    Ich finde deine beiden Bilder ansprechend und die Sterne für eine Systemkamera scharf genug und nicht übermäßig aufgebläht, das spricht für ein recht gutes Objektiv. Damit kann man sehr schöne Übersichtsaufnahmen machen, wie du ja hier schon zeigst. Ich würde mich über weitere solcher Bilder von dir freuen. Der Winterhimmel bietet gute Motive dafür. Ich mache gerne solche Stimmungsbilder mit Vordergrund ohne Nachführung und stacke sie mit Sequator im "freeze ground" Modus, damit Sterne und Vordergrund gleichzeitig scharf blieben.


    p.s. (*):

    Großes Öffnungsverhältnis heißt große Öffnung D im Verhältnis zur Brennweite f, zum Beispiel Öffnung D= 71 mm bei Brennweite f = 200 mm ergibt D:f = 71:200 = 1:2,8, wir schreiben salopp f/2,8.

    Kleines Öffnungsverhältnis heißt kleine Öffnung D im Verhältnis zur Brennweite f, zum Beispiel 100 mm Öffnung bei 1.500 mm Brennweite ergibt D:f = 1:15, wir schreiben salopp f/15.