Stephan, nochmal zu Deinen Fragen:
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Reflexion am Spiegel oder in der Totale. Braucht immer etwas Tiefe, und dadurch kommt Unschärfe? Totalrelexion theoretisch 100% Wie sieht es da mit Blau und Gelb aus?
Durch die "Tiefe" kommt keine Unschaerfe. Sowohl beim Spiegel als bei der polierten Oberflaeche ist die Oberflaechenguete entscheidend: Formabweichungen machen BIlddeformationen, Rauhigkeit macht Streulicht. Das gilt fuer Spiegel und Prismen gleichermassen. Natuerlich kann eine schlecht gemachte (oder gealterte) Verspiegelung hierzu beitragen. Fuer blau oder gelb gilt das gleichermassen, wobei die Brechzahl im Blauen etwas groesser ist, wodurch sich auch der Brewsterwinkel (der kritische Winkel fuer die Totalreflexion) aendert, denn der haengt vom Brechungsindex ab. In der Tiefe sollte nichts passieren, es sei denn die Spiegelschicht ist zu duenn (Teilverspiegelung) oder die Totalreflexion ist unvollstaendig (Verunreinigungen auf der Oberflaeche, z.B. Fingerabdruck - im Englischen gibt es dafuer den netten Begriff "Frustrated total reflection" - frustrierte Totalreflexion).
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Die anderen Flächen können wellig sein, aber wahrscheinlich nicht im sichtbaren Ausmaß?
Eine Welligkeit der Glasluftflaechen beim Ein- und Austritt macht auch Abbildungsfehler. Jedoch ist bei einer gleichen Amplitude einer solchen Welligkeit die Auswirkung in Transmission geringer als in Reflexion. Ein "Berg" mit der Hoehe einer halben Wellenlaenge beispielsweise macht sich in Transmission weniger stark bemerkbar als auf der Spiegelflaeche (egal ob verspiegelt oder im Prisma).
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Blaues Licht lässt sich schwerer bändigen? Mir scheint tatsächlich der Gelbfilter im Kurzrefraktor sehr gut zu wirken. Komischerweise hab ich rausgefunden, dass sowohl im 2080 also auch im Kurzrefraktor der Hellblau auch mehr Schärfe macht.
Ist das Reflexionsspektrum des Spiegels vollständig? Mir scheint es nicht blaulastig sondern rotarm zu sein.
Warum führen Prismen Farbe ein und Spiegel nicht? (Warum nehmen Spiegel Farbe raus?)
Optische Medien haben gemeinhin im Blauen eine hoehere Dispersion, d.h. wellenlaengenbedingte Brechzahlaenderung. Deshalb gibt es bei schnellen Achromaten Blausaeume. Der Trick mit dem Gelbfilter ist alt, z.B. Kosmos/Lichtenkneckerkatalog (1970er), wo dieser fuer die kurzen verkitteten Achromaten LW90K, LW125K angeraten wurde. Wenn Du einen Hellblaufilter nimmst, schraenkst Du den Spektralbereich ebenfalls ein und auch dann kann der Schaerfeeindruck im Vergleich zu "ohne Filter" groesser sein. Allerdings variiert die Brechzahl im Bandpass des Hellblaufilters mehr als im Gelbfilter.
Das Reflexionsspektrum beim Spiegel ist sehr stark von der verwendeten Schicht abhaengig. Es gibt einfache Schichten aus Aluminium, Silber oder Gold, die dann noch forciert sein koennen. Die Schutzschicht obendrauf (Quarz oder manchmal auch MgF2) beeinflusst das Spektrum ebenfalls. Dann gibt es dielektrische Multischichten, die die Reflexion in einem endlichen Bandpass sehr nahe an 100% bringen koennen. Es gibt so eine Vielzahl unterschiedlicher Schichten, die ein unterschiedliches Effizienzspektrum aufweisen. Beim Prisma gibt es dagegen nur die Totalreflexion.
Ob "blaulastig" oder "rotarm", ist Ansichtssache. Ist das Glas halb voll oder halb leer? Keine Spiegelschicht fuegt Licht hinzu, von daher zeugt ein blaeuliches Reflexionsabbild von einer geringeren Reflektivitaet im Roten.
Prismen fuehren Farben ein, weil ein konvergierendes Lichtbuendel auf eine Glasluftflaeche trifft. Und immer, wenn Strahlen schraeg in ein Medium einfallen, werden sie gebrochen. Diese Brechung ist aufgrund der Dispersion wellenlaengenabhaengig. Extremfall 60-Grad-Prisma: Zwei Glasluftflaechen, deren Neigung beim EIntritt in die eine, beim Austritt in die andere Richtung geht. So entsteht ein Spektrum - wie auf dem Plattencover von Pink Floyd verewigt. Spiegel brechen nicht, sie reflektieren. Deshalb hat ein reiner Reflektor auch keinen Farbfehler.
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Aber ich halte das für möglich, dass mein Schärfeempfinden auch mit dem wärmeren Farbton zusammenhängt.
Genau das vermute ich.
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Im übigen kann ein Prisma die CA des Refraktors auch heilen, je nach Material. Nach meiner Kenntnis gibts sowieso nur BK7 und BK4. Und dann kommt es auf den gesamten optical train an, obs am Ende durchs Prisma besser oder schlechter wird. Ist aber immer unwichtiger, je größer die Brennweite ist. Ist es denn so, dass die Optiken für Zenitspiegel gerechnet sind? Ich glaub das nicht. Ich glaube bezüglich CA ist es überhaupt nicht generell zu sagen, ob die Abbildung besser mit Spiegel oder Prisma ist sondern Glücksache.
Es gibt von Baader Glaswegkorrektoren fuer diesen Effekt. Zeiss Jena hatte das fuer die Version des 100/640er APQ, der fuer einen Glasweg optimiert war, im Angebot, um ohne Zenitprisma ein farbreines Abbild zu bekommen, z.B. in der Fotografie.
Es gibt uebrigens mehr Glassorten als BK7 und BK4. BK7 ist das ueblichste Glas, BK4 stammt aus der gleichen Familie (Barium-Kronglas). Es gibt auch Flintglaser, z.B. SF (Schwerflint), die Partnerglaeser fuer Achromate sind, wenn sie mit BK7 kombiniert werden. Und dann gibt es z.B. BAK4, das gern fuer Prismen in Weitfeldanwendungen Verwendung findet, da der kritische Winkel der Totalreflexion steiler ist.
Zur "Okulargigantomanie" - grosse Okulare sind die logische Konsequenz fuer Weitfeldbeobachtungen. Zusammen mit den atemberaubenden Tempo, mit dem sich das Okularangebot in den letzten Jahrzehnten geaendert hat, waere eine Einschraenkung auf kleine Durchmesser ein Flaschenhals. Auch schon fuer die Fokalfotografie macht ein 2"-Auszug Sinn. Und da er kaum mehr kostet als ein Auszug in 1.25", nur gut, wenn heute auch schon in preisguenstigen Teleskopen gleich ein 2"-Auszug angebaut ist.