Beiträge von Lucifugus im Thema „Tipps zur Bestimmung von Seeing und fst beim visuellen Beobachten“

    Servus Micha,


    die Seeing-Skala von Stathis und Uwe finde ich ehrlich gesagt ziemlich selbsterklärend. Ich selber, muss ich zugeben, kümmere mich gar nicht so sehr um's Seeing. Ich erkenne ja auch während des Beobachtens, ob ich eine hohe Vergrößerung gewinnbringend einsetzen kann. Ebenso erkenne ich, wenn ich nachträglich am Stern das Teleskop justiere, ohnehin, wie sauber das Beugungsmuster zu erkennen ist. Man muss auch ggfls. warten, bis das Tubusseeing weg / schwächer ist und im Verlauf der Nacht kann sich das Seeing ohnehin auch ständig ändern. Ich mache mir daher eher keinen Kopf ums Seeing, sondern notiere mir nur dann, wenn es wirklich schlecht ist, dass es schlecht ist ;-).


    Was die Grenzgröße angeht, wurde ja bereits einiges geschrieben. Ich habe kein Sky Quality Meter, auch wenn es sicher hilfreich wäre. Irgendwann steht es sicher auf meiner Wunschliste. Die fst-Angabe wiederum ist völlig subjektiv. Wenn ich einen Stern von 6m4 noch sehe, kann sein, dass ein Mitbeobachter diesen Stern gar nicht erkennt und selber z. B. bei 6m0 die Grenze zieht, während ein Dritter, der bessere Augen als ich hat, vielleicht bis 6m8 kommt. Ich notiere mir die fst immer, aber nur für den Abgleich mit meinen Angaben in anderen Nächten.


    Die Karten von der VdS wurden ja bereits erwähnt. Genau genommen sollte man fst in Zenit bestimmen, da die Transparenz dort am besten ist. Man kann sich auch auf Ursa minor beschränken, aber vielleicht jat der eine im Norden noch Reste einer Lichtglocke, im Süden dagegen nicht... Man muss die fst-Angabe daher auch selber mit Vorsicht genießen. Mit der VdS-Karte der Jungfrau wird man eine geringere Grenzgröße als bei Ursa minor erreichen. Man sollte die fst-Angabe daher auch relativ zum Horinzontabstand angeben / notieren. Insofern: Probleme der Vergleichbarkeit. Ich mache mir daher auch hier keinen Kopf und nehme das Ergebnis nicht zu ernst, sondern als groben Anhaltspunkt.


    Wie ich vorgehe? Nun, ich weiß ja ungefähr, wo die Grenze dessen liegt, was ich sehen kann (bei mir daheim). Das ist bei mir meist irgendwo zwischen 5m7 und 6m5 grob gesagt. Daher suche ich mir in den Sternbildern, die jahreszeitlich passen, ein paar Sterne aus, die in diesem Bereich liegen. Ich beobachte ohnehin gerne mit bloßem Auge. Ich starte nach Dunkelanpassung meist bei der Milchstraße (wie stark strukturiert, bis zum Horizont sichtbar oder nicht?). Der Eindruck reicht oft schon. Dann schaue ich (aktuell) z. B. nach M 13 – leicht erkennbar? "Check".


    Dann auf zu Ursa minor – kann ich lamda UMi sehen? Der hat 6m4. Geht manchmal indirekt, manchmal nicht... Dann rüber zum Dreieck: kann ich M 33 sehen? Wenn ich lamda UMi sehen kann, dann probiere ich das... wenn nicht, dann habe ich im Dreieck auch Referenzsterne zwischen 5m5 und 7m0, die ich suchen kann. Sprich: ich habe ein paar wenige Sternblider, bei denen ich ein paar Referenzsterne kenne bzw. mir notiert habe und schaue, ob ich die sehen kann.


    Dann gehe ich auch gerne zum Horizont. Fomalhaut geht je problemlos, abewr kann ich den Rest des südlichen Fisches sehen? (Sterne rund um 4m und schwächer)... wie sieht es mit Fornax aus? Falls das alles geht, dann schaue ich, ob ich Alhdanab (gamma Pavonis) im Pfau sehen kann. Der hat 3m0, ist aber nur knapp über dem Horizont. Wenn der Horizont klar ist, dann sehe ich ihn...


    So mache ich mir einen Gesamteindruck vom Himmel. Das geht auch zwischendurch und recht schnell, denn ich hab ja im Kopf, was ich prüfe. Also zenitnah, Polarisregion, ausgewählte Objekte wie M 13 oder M 33, ausgewählte Sterne z. B. im Dreieck und ich prüfe, was ich in Horizontnähe noch sehen kann. Dazu eh doe Milchstraße und ich weiß, ob die Transparenz sehr gut, gut, mäßig oder eher schlecht ist. Und ich erkenne sehr schnell, wenn sie sich ändert. Man kann dann auch über das Flackern der Sterne an sich ein Gefühl für das Seeing bekommen (auch abhängig von der Horizontnähe).


    Beispiel: die Nacht vom 4.9. auf den 5.9. – ich habe da fotografiert (NGC 6814 und M 29). Es war luiftfeucht, aber dennoch erstaunlich transparent in Zenitnähe. Aber eben nur dort. In Richtung Horizont war es mäßig, gamma Pavonis gar nicht zu sehen. Da brauche ich nicht lange, um zu sehen, dass ich mich auf hoch am Himmel stehende Objekte beschränken sollte. Und das reicht mir eben: Beurteilung mit ein paar wenigen Referenzsternen und dem allgemeinen Eindruck. Und das macht mir dann auch richtig Spaß. Es ist erstaunlich, was manchmal alles mit bloßem Auge geht.


    Liebe Grüße,

    Christoph