Beiträge von norbert_loechel im Thema „14 Nächte mit dem Zehnzöller unter dem Kreuz des Südens“

    Hallo Ben,

    der Tarantelnebel ist einfach überwältigend auch wenn ich das nicht so ausdrücken kann wie Haley ;)


    Hallo Gerd und Lothar,

    bei der Planung des Reiseteleskops habe ich viel von Reiner Vogels Seite profitiert. Eventuell sind auf diesem Weg auch die Gene von Ulli Vedders schönen Reisedobsons eingeflossen...


    Gerd, wenn Du schon in der Atacama beobachtet hast, dann bist Du unheilbar infiziert und wirst Dich zwangsläufig irgendwann unter dem Südhimmel wiederfinden!


    Viele Grüße

    Norbert

    Nach inzwischen drei Jahren hartem Entzug musste ich einfach wieder unter den Südhimmel! Also rechtzeitig Flüge und Quartier gebucht, immer mit der latenten Angst im Nacken, das blöde Virus könnte im letzten Moment einen Strich durch die Rechnung machen... Hat es glücklicherweise nicht und am 20.5. sitze ich im randvollen Flieger nach Namibia. Der Security-Check in Frankfurt hat mich gefilzt wie nie zuvor: Den Reisedobson im Handgepäck musste ich aufmachen und alles gaaanz genau erklären, durch die Okulare wurde einzeln durchgeschaut. Öha! Im Teleskop sind für solche Fälle Bilder vom aufgebauten Fernrohr und von Saturn. Als ich schließlich gefragt werde, ob man den wirklich so gut sehen kann, entspannt sich alles und man wünscht mir viel Spaß unter den Sternen.


    Der Flug hat über den Tropen ein bisschen geruckelt, und in Windhoek guckt man mit einer Infrarot-Kamera nach Passagieren mit heißer Stirn. Also cool bleiben! Die Impfzertifikate werden ganz genau angeguckt, dann darf ich zum Baggage Claim. Diesmal erscheint auch meine eingecheckte Reisetasche auf dem Band - da sind die Stangen für den Dobson drin und meine Daunenklamotten. Bin hier schon zweimal ohne Gepäck angekommen und mir fällt ein Stein vom Herzen. Hinter der Absperrung winkt Waltraud von der Farm, der Himmel ist wolkenlos und Meteoblue sagt, das bleibt so. Hach!



    Nach drei Stunden Schotterpiste kommen wir auf die Farm, wo es viel Kaffee gegen die Müdigkeit gibt - an Schlaf im Flieger war nicht zu denken. Dann ist natürlich das Fernrohr dran: Checklisten sind ja eine gute Sache, aber erst, wenn alles komplett zusammengebaut ist und wirklich nichts fehlt, kommt die ruhige Vorfreude auf die erste Nacht.



    Bisher war ich immer im Juli oder August hier; jetzt im letzten Maidrittel sollten Vela und Puppis abends noch schön hoch stehen, da wollte ich mich schon lang mal umsehen. Auch für die große Magellansche Wolke braucht man nicht bis zum frühen Morgen warten.


    Abendessen ist um 18:15, bald darauf geht die Sonne unter und ich staune immer wieder, wie schnell es in diesen Breiten dunkel wird. Als wir satt sind, ist es stockfinster und draußen warten die Sterne. Selbst wenn man gerade aus dem Hellen kommt, ist der erste Blick auf die Milchstraße umwerfend: Hoch im Süden steht das Kreuz, direkt links daneben der Kohlensack und etwas weiter auf der andern Seite der Eta-Carina-Nebel und die südlichen Plejaden. Im Westen legt sich Orion auf den Horizont, Sirius und Canopus strahlen um die Wette. Sehr gut! Während die Dunkeladaption fortschreitet, wird das Zodiakallicht immer deutlicher. Verglichen mit den Milchstraßenwolken in Carina kommt es mir leicht gelblich vor.


    Dann wird das Quengeln der Großen Magellanschen Wolke penetrant: Guck - Mich - AN !! Der Tarantelnebel ist mit dem 24er Panoptic schnell gefunden, und mit hoher Vergrößerung und einem 6nm Oiii-Filter einfach unbeschreiblich. Von der Tarantel geht es auf eine vorbereitete Tour mit 42 Stationen - Nebel- und Sternhaufenhopping in der LMC - was mit SkySafari eine wahre Freude ist. Zu jedem Objekt gebe ich dort eine kurze Notiz ein, dann erlischt das beobachtete Objekt auf der Karte und es bleiben nur die noch offenen Positionen übrig. Mann - da könnte ich glatt zum Buchhalter werden!


    Dabei ist es schon toll, keine Bücher mehr halten zu müssen. Früher habe ich immer dicke Atlanten und Führer verwendet, die man nicht so gern in den Staub legt und deshalb jedesmal von oder zu einem Tisch schleppen musste. Jetzt stecke ich einfach das Handy in die Tasche. Im Rotlicht-Modus kann ich mir auch Bilder der Objekte angucken - nie wieder Papier! Meine Stirnlampe bleibt in der Tasche, die Milchstraße ist hell genug zum Orientieren.


    Falls andere Buchhalter mitlesen, hier die Bilanz der LMC:

    NGC 1711, 1714, 1727, 1743, 1755, 1763, 1769, 1783, 1818, 1829, 1835, 1850, 1856, 1858, 1866, 1869, 1874, 1901, 1910, 1918, 1935, 1955, 1966, 1978, 1983, 2004, 2014, 2018, 2029, 2035, 2070, 2074, 2075, 2077, 2100, 2103, 2122, 2157, 2164, 2210, IC 2117. Ach ja, und S Dor. Viele der Objekte haben Emissions-Anteile; ich bin froh, mir einen Filterschieber ans Reiseteleskop gebaut zu haben...


    Als ich mit der LMC durch bin, steht ihre kleine Schwester bereits sehr tief. Egal, die ist halt in den nächsten Tagen dran.


    Die Wirkung des Kaffees läßt nach, die Müdigkeit kommt zurück :yawning_face: und die Monddämmerung wird heute vor Mitternacht einsetzen, also noch ein Schnelldurchgang - wie früher am Ende der Hitparade - Schmuckkästchen, Centaurus A, und auf Platz 1: Omega Centauri. Und dann beglückt und zufrieden ins Bett.