Hallo Freunde der Nacht,
nicht dunkel genug, zu kalt, zu feucht, zu viele Pollen, zu schlechte Sicht, zu viele
Wolken, Mond zu hell, zu müde, zu wenig Zeit. Die Liste der Gründe,
warum man sein Teleskop heute gerade nicht aufbauen sollte ist
beliebig erweiterbar. Je sperriger und schwerer das Teleskop, desto
größer ist die Hemmschwelle es aufzubauen. Viele Nächte, die
eigentlich ganz brauchbar wären bleiben so leider ungenutzt. So geht
es zumindest mir.
Ich habe zwei Teleskope: einen 10er-Dobson und einen 16er-Stangendobson. Den 16er
baue ich nur auf, wenn alles perfekt ist. Ich pack ihn in den
Kofferraum und fahre in die Pampa und wir haben eine großartige Zeit
im Galaxienrausch. Der 10er ist zwar um einiges handlicher als der
16er aber groß und schwer ist er trotzdem.
Ich habe mir vor ein paar Jahren aus Spaß von einem Freund einen 6er Dobson f/8
(Skywatcher) ausgeliehen. Damals hat mich der kleine 6er ziemlich
beeindruckt. Mond und Planeten waren eine Wucht! Im direkten
Vergleich lieferte der 6er ein viel schärferes Bild als der 10er am
Mond. Die Auskühlzeit vom 6er war minimal. Nach 10min war der
einsatzbereit. Und das beste war: ich konnte ihn samt Rockerbox
tragen. Mal schnell auf die andere Seite der Terrasse hiefen, weil
das Vordach im Weg war: kein Problem!
Der kleine 6er Dobson ist mir seit dieser Zeit nicht mehr aus dem Kopf gegangen.
Damals (2019) hat er noch 279€ gekostet. Mittlerweile wird er für
400€ gehandelt. Irre!
By the way: Dieses Teleskop war im Unterricht auch immer mein Beispiel, dass ein Webshop
den Preis nach unten anpasst sobald man über ein Vergleichportal auf
die Seite zugreift. Der Algorithmus stuft den Nutzer dann als
preissensibel ein und bietet einen konkurrenzfähigen Preis an.
Wie gesagt, das Teleskop ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Vor Kurzem habe ich in der
Gebrauchtabteilung eines astronomischen Shops das Telskop für 320€
entdeckt. Da musste ich zuschlagen! Ein Teleskop ist in Zeiten wie
diesen wertstabiler als das Geld auf der Bank.
Lieferung und Justage:
Geliefert wurde er sehr schnell. Als Dobsonaut war er auch gleich zusammengeschraubt.
Leider war er völig dejustiert. Komplett! Die Justage mir dem Laser
hat auch nicht richtig funktioniert, weil der Okularauszug, sagen wir
es mal so, aus dem unteren Preissegment ist. Der Laser ist munter auf
dem Hauptspiegel gewandert, wenn man den Auszug raus- und
reingefahren hat. Mit dem guten alten Loch in der Filmdose hat es
dann aber geklappt. Das Ergebnis beim Sterntest war sehr
zufriedenstellend. Mitgeliefert wurden ein 10er und ein 25er Plössel.
Beim Aufbau habe ich festgestellt, das eine der drei Teflon-Scheiben
fehlte. Wurde sofort nachgeliefert.
Die letzten Nächte hab ich das Teleskop dann ausführlich getestet. Dass es am Mond und
an Planeten richtig was kann, wusste ich schon. Da aber zur Zeit am
Abend weder Mond noch Planeten zu sehen waren, blieb mir nur
Deep-Sky. Deep-Sky mit 6“? Ich war skeptisch…
Kurz zu meinem Himmel:
Ich wohne in einem kleinen Ort nördlich von Passau in einer Neubausiedlung. Der Himmel
ist zwar ganz ok aber 100m entfernt etwas oberhalb von meiner
Terrasse steht eine ätzende Straßenlaterne, die bei mir voll
einschlägt. Bis der gepflanzte Ahorn mir einen Schatten spenden
wird, vergehen noch ein paar Jahre.
Nun zu den Objekten:
In Ermangelung einer Telrad-Basis blieb mir nur der Sucher übrig. Etwas ungewohnt, wenn
man den Kopf voller Telrad-Kreise hat. Angefangen habe ich mit
Epsilon-Lyrae, dem doppelten Doppelstern. Im
mitgelieferten 10mm Plössel einwandfrei. Die beiden Partnersterne
waren in wiederum zwei Doppelsterne auflösbar. Der direkte Vergleich
mit dem ES 6,7mm 82° zeigte natürlich einen deutlichen Unterschied.
Aber egal. Ich hab das Teleskop ja nicht wegen der Okulare gekauft.
In der Leier angekommen, hab ich mir dann gleich mal M 57
vorgenommen. Im mitgelieferten 5mm war ein wunderbarer Ring zu
sehen. Nicht schlecht!
Hoch in Zenitnähe stand M 13. Im mitgeliefrten 5mm war der Rand schön
aufgelöst und auch im Zentrum waren zahlreiche Einzelsterne klar
erkennbar. Einwirklich schöner Anblick! Gar nicht sooo weit weg von
meinen 10er Dobson. Der Unterschied ist zwar zu erkennen aber so
gewaltig unterscheiden sie sich jetzt nicht. Das 12,5mm Morpheus und
das 6,7mm ES haben mir ein prächtiges Bild gezeigt.
Bei M 3 das gleiche. Ein wirklich schöner Kugelsternhaufen.
Rüber in den Schwan. Albireo war wunderbar. Die gut justierte f/8
Optik zeigte einen wunderbaren Farbkontrast. Nadelförmige Sterne
ohne Farbfehler. Einfach nur schön
Unterhalb von Albireo wartete schon M 27. Ohne Telrad gar nicht mal
so leicht zu finden… Mit einem 30er Erfle 2“, das damals beim
10er Dobson dabei war, hab ich es dann doch gefunden. Das schönste
Bild zeigt mir das 12,5er Morpheus. Die Hantelform ist deutlich zu
erkennen! Ein schöner Anblick.
Kann der 6 Zöller was bei Galaxien? M 51 soll mir die Frage beantworten. Im 12,5er
Morpheus waren M 51 und NGC 5195 sehr
schön als flächige Objekte mit hellem Zentralbereich zu sehen.
Spiralarme? Keine Chance! Aber das war auch nicht zu erwarten.
Zu guter Letzt kommt noch mein Favorit: der Cirrus-Nebel (NGC 6992 und
6995). Mit den mitgelieferten Okularen hatte ich keine Chance. Ich
wollte aber nicht die Okular Testen sondern das Teleskop. Also 2“
Adapter in den Okularauszug und an das ES 24mm 82° einen OIII-Filter
dran. Jetzt schaut es gleich ganz anders aus. Sowohl die Hexenhand
als auch der Stumvogel waren deutlich zu sehen. Die Hexenhand zeite
sogar ihre Finger. Ich war beeindruckt. Wenn der Cirrus noch höher
gestanden wäre, wäre das Bild noch besser gewesen. Ich war
beeindruckt!
Vergleich mit dem 8er und dem 10er Dobson
Meine Schule hat als Schulteleskop den baugleichen 8er Dobson, den
ich zusammen mit den Schüler im letzten Jahr ausgiebig getestet hab.
Den 10er Dobson habe ich seit vielen Jahren in Gebrauch und weiß
mittlerweile sehr genau was er kann und wo im die Luft ausgeht. Somit
kann ich mich glücklich schätzen alle gängigen Einsteigergrößen
von 6 bis 10 Zoll zu kennen.
Bei Mond und Planeten ist der 6er unschlagbar. Der 6er lieferte das beste Bild.
Eine knackscharfe Mondoberfläche ist herrlich. Während der 10er
noch rumwabert (Tubusseeing?) bildet der 6er gestochen scharf ab.
Auch die Planeten sind sehr beeindruckend. Die höhere Auflösung
beim 10er kann das schärfere Bild beim 6er nicht aufwiegen.
Deep-Sky können alle. Natürlich macht sich die größere Öffnung bemerkbar. Aber
der Unterschied zwischen 6 und 8 und zwischen 8 und 10 ist marginal.
Den Unterschied von 6 auf 10 bemerkt auch ein Laie. Es ist aber kein
Aha-Erlebnis wenn ich statt 6 auf 10 Zoll gehe.
Den eigentlichen Unterschied macht nicht die Öffnung sondern die Qualität der
Okulare. Wenn ich statt der mitgelieferten Okulare ein Okular mit
größerem Gesichtfeld reinstecke, dann hab ich ein Aha-Erlebnis. Wer
also vor der Wahl zwischen 8 und 10 Zoll steht, der sollte nicht das
ganze Geld in die Öffnung stecken, sondern lieber ein oder zwei gute
Okulare kaufen und einen passenden Filter (am besten OIII in 2“).
Der mitgelieferte Sucher erüllt seinen Zweck bei Objekten, die man
mit bloßem Auge sieht (Mond, Planeten, Sterne). Alles andere
verursacht beim mir Nacken- und Kopfschmerzen, weil ich ewig suchen
muss und der Kopf immer schräg steht und weil das Bild um 180°
gedreht ist. Telrad drauf und alle Suchprobleme sind gelöst!
In der Kategorie „Mobilität“ gewinnt ganz klar der 6er Dobson. Ich wollte ein
Teleskop, dass ich einfach load and go-mäßig auf die Terrasse
stelle. Das Teleskop ist schneller einsatzbereit als mir Gründe
einfallen heute nicht zu schauen. Der kleine Dobson ist ein echtes
Leichtgewicht und ich muss ihn zum Tragen nicht einmal auseinander
bauen. Aus diesem Grund hab ich ihn mir ja gekauft. Auch für Kinder
ab, ich sag mal, 12 Jahren ist der schon alleine bedienbar. Jedes
meiner Teleskope hat seinen eignenen Himmel und der kleine 6er Dobson
sammelt über die Jahre bestimmt mehr Photonen als mein 16er, der nur
an astronomischen Feiertagen zum Zuge kommt.
Für einen Dobson ist 6 Zoll sehr wenig. Wenn außer dem Mond und vielleicht noch ein
paar Planeten Astrophotographie keine Rolle spielt, führen am Dobson
nur sehr wenige Wege vorbei. Will man mit einem Refraktor mit 150mm
Öffnung eine farbfehlerfreie Abbildung legt man schnell ein paar
tausend Euro auf den Tisch und dann braucht man noch ein eine teure
Montierung samt Stativ. Hier waren es nur 320€. Die Obstruktion
beträgt auch nur gut 20%. Der Kontrast ist daher schon sehr gut. F/8
ist auch sehr justierstabil und es gehen auch günstigere Okulare.
Mit diesem kleinen Bericht will ich dem allgemeinen Öffnungswahn etwas entgegenwirken.
Lieber eine oder zwei Nummern kleiner und dafür eine gute
Ausstattung. Ein Gerät, das man bei jeder Gelegenheit hernimmt wird
einem am Schluss mehr zeigen als ein großes! Diese Einsicht hat bei mir
viele Teleskope lang gebraucht.
Viele Grüße
Thomas