Beiträge von JSchmoll im Thema „Flüssigspiegel: Bekanntes Konzept - aber was ist mit Folienspiegel?“

    Hallo Eike,


    das wird wohl Gruende haben. Die Abbildungsqualitaet ist im Optischen besch...eiden. Ich hatte damals auch von groesseren Oeffnungen getraeumt, aber dann beschlossen, erstmal einen kleinen Spiegel zur Perfektion zu bringen. Deshalb die 200mm. Immerhin hat mir das viel Aufwand erspart. Denn wenn schon der kleine Spiegel nicht funktioniert, dann wird der grosse es auch nicht besser machen. Meine letzte "ULI 4"-Zelle ("ULI" stand fuer "UltraLeichter Inflationsspiegel", von lat. inflare = aufblaehen, wie beim Ueberdruckspiegel realisiert) hatte eine runde, anpolierte Schmiegflaeche, die mit etwas Vakuumfett eingestrichen war und die Mylarfolie beruehrte. Sie liess sich axial und radial justieren, auch in Kipprichtung. Die Folie selbst wurde in einem Flansch gehalten, der aussen herum angebracht war. Und selbst diese Technik war nicht geeignet, die Irregularitaeten der Oberflaeche in den Griff zu bekommen. Dazu kommt natuerlich noch, dass sich nicht wirklich eine Parabel ergibt. Ich nahm damals einen Cosinus Hyperbolicus an ("Kettenlinie"), aber heute bin ich mir da nicht mehr so sicher.

    Interessante Sachen. Die wellenlaengenbezogene "Flucht nach vorn" bin ich bei der kritischen Wuerdigung meiner Arbeiten auch angetreten, und ich phantasierte von einem grossen aufblasbaren Radioteleskop im Weltraum. So ein bisschen was wie Echo1, nur durchsichtig mit einer verspiegelten Teilflaeche.


    Eike, das Teil in der Abbildung ist schon ein dicker Brummer! Aber so hineinfotografiert sehen die Spiegel immer praezise aus. Ich vermute, dass seine Primaerfokusstation auch nur einen grob aufloesendenden detektor oder ein einzelnes Fotoelement enthielt. Dafuer reicht die Technik. Das hatte die Dame in den 1970ern in England auch gemacht, als sie ihre Fahrradfelge mit Mylar bespannt hatte.

    Mir faellt gerade noch ein, dass ich 2004 auf einer anderen SPIE-Konferenz mit einem schottischen Mr Braithwaite sprach, der auf einem Poster ebenfalls Membranspiegel vorstellte. Seine Zelle sah meiner letzten Zelle (die ULI4 hiess und wo die Kontaktflaechen separat zur Flanseinspannung justierbar waren) aussah. Er behauptete, 1m beugungsbegrenzt hinzubekommen. Ich hoerte jedoch nie wieder davon, und bin auch auch recht skeptisch.

    Hi Konrad,



    das Problem mit Deiner Sammellinse ist, dass die Brechkraft im Innern der Membranen signifikant hoeher sein muss als aussen. Wuerdest Du das Innere beispielsweise mit Wasser fuellen (Brechzahl um 1.33), koennte das klappen. Aber wenn die Membranen Folien sind, duerfte die Schwerkraft zuschlagen und Du bekommst einen rotationsunsymmetrischen "Traenensack".

    Das mit dem Gitter wuerde nicht funktioneren. Gitter beugen ja das Licht, und Beugung ist wellenlaengenabhaengig. Die Welt wartet auf etwas, was "Nondispersium" heissen koennte: Ein Glas mit einer Dispersion von Null, das alle Wellenlaengen gleich bricht. Leider noch nicht erfunden, koennte hier ein Nobelpreis winken. Ein Einlinser koennte einen Fluoritapochromaten als "Farbwerfer" dastehen lassen ...


    Hi Peter,


    jedesmal, wenn dieses Thema hier wieder aufflammt (weil ab und zu wieder jemand diese Idee bekommt), befinde ich mich in einem Gemuetszustand, den man im Fussball vielleicht mit "Heimspielmodus" bezeichnen wuerde. Es war eine sehr intensive Zeit, und einen Grossteil meiner Jugend habe ich mit diesem Projekt verbracht. Dass ich bei "Jugend forscht" bereits im Landeswettbewerb ausschied, und das Instrument nie funktionierte, macht herbei gar nichts.


    Mein Appell an den vielleicht mitlesenden jugendlichen Forenteilnehmer ist, sich einfach eine interessante Fragestellung zu suchen und diese zu erforschen. Ich habe in diesen Jahren sehr viel gelernt (vor Allem aus eigenen Fehlern), und dieser "Werkzeugsatz" hilft mir noch heute, inzwischen professionelle Projekte durchzuziehen. Ich arbeite ja inzwischen beruflich in der astronomischen Instrumentierung, und viele "soft skills" erlernte ich durch dieses Projekt: Kontakte zu Firmen, Teile zu spezifizieren, Teile bezahl- und herstellbar zu entwerfen, Rueckschlaege zu analysieren und Konsequenzen daraus zu ziehen, und zuletzt auch zu akzeptieren, das die Erfindung schon lange erfunden war und nicht wirklich funktiert.

    Ich weiss noch, wie ich Lichtenknecker anschrieb, um eine Planplatte mit 100mm Durchmesser und 0.3mm Dicke, beide Seiten feinoptisch poliert und mit minimalem Keilfehler zu erfragen. Am besten kostenlos. Oder in der Maschinenfabrik den Leiter der Ausbildungswerkstatt zu ueberreden, mir doch einen 25cm-Alutubus mit zwei Flanschen dran aus Vollmaterial zu drehen. Ist doch ne Fabrik, die koennen sowas. In beiden Faellen biss ich auf Granit, und ich weiss inzwischen warum. :)

    Ich habe von 1984 bis 1990 an Membranspiegeln gearbeitet - damals noch als Teenager im Rahmen von "Jugend forscht". Zunaechst hatte ich eine 1mm duenne Brillenkunststoffplatte mit einem vom Klempner erstellten Kolben deformiert. Die Dicke der Platte fuehrte zu einer sehr verspannten Geschichte, die keine guten Bilder lieferte.


    Spaeter baute ich ein System mit Ueberdruck. 200mm, gedrehte Zelle (der Maschinenfabrik sei Dank gezollt), eine Seite mit durchsichtiger, die andere mit verspiegelter Hostaflon ET-Folie von Hoechst. Alles Material mit dem magischen Woertchen "Jugend forscht" erbetteln koennen. Mein Bruder baute mir aus einem Autokompressor und einer alten Druckgasflasche einen Kompressor. Ich konnte damit ein Bild der Sonne auf eine 5m entfernte Hauswand werfen. Jedoch war die Folie, die unidirektional gezogen war, zu rauh.

    Naechster Schritt war die Verwendung von Mylarfolie von Baader. Zusammen mit einer ebenfalls von Leybold erbettelten Vakuumpumpe konnte ich das VNT betreiben (Vakuum Newton Teleskop - es gibt uebrigens noch eines mit selben Namen und Akronym als Sonnenteleskop auf Teneriffa). Ich habe die Zelle nochmals modifiziert, um Spannungen herausjustierbar zu machen. Auf einem Schirm im Primaerfokus liess sich das Licht konzentrieren. Eine besonders hohe Aufloesung hatte das aber nicht.

    Inzwischen wusste ich auch, dass schon zig Andere vor mir diese Idee hatten. So zum Beispiel Professor Bauersfeld in Jena, der auch das Projektionsplanearium erfand. In alten Sky&Telescope-Journalen fand ich eine Frau in England, die Mylarfolie auf eine Fahrradfelge aufzog, um Licht auf einen eindimensionalen Infrarotdetektor zu leiten. Ein Amateur aus Medellin (Kolumbien) experimentierte mit Glasplatten, die auch mal brachen.

    Die Technik wurde fuer groessere Wellenlaengen weiterentwickelt. Es gibt/gab "inflateable radio mirrors" z. B. im Katastrophenschutz, um portabel Nachrichtenverbindungen zu Satelliten aufzubauen. Eine Space-Shuttle-Mission flog ein 10-Ueberdruckteleskop im All als Radioteleskop-Prototypen. Die Nasa muss meine Jugend-forscht-Arbeit gelesen haben!

    Heute bin ich davon ueberzeugt, dass die Technik im Optischen nicht funktioniert. Wer schon mal versucht hat, einen Ball als Geschenk zu verpacken, weiss warum. Auch im Radiobereich gibt es Probleme, da Temperatur und Luftdruck die Brennweite beeinflussen und andauernd nachgeregelt werden muss. Es sei denn, man baut ein vollklimatisiertes Radom. Im All als aufblasbarer Radiospiegel sind Mikrometeoriten das Problem.

    Auf einer SPIE-Konferenz in Marseille 2008 wohnte ich einem Vortrag bei, wo die Membranspiegeltechnik an daumennagelgroessen Spiegeln erfolgreich eingesetzt wurde. Die Motivation hier war, die Brennweite verstellen zu koennen, um vom Rand einer Fokalebene aus das Licht von Objekten abzufischen (Multiobjektspektroskopie).

    Das VNT und die alten Zellen habe ich uebrigens noch. Der Mylar-Membranspiegel ist allerdings mittlerweile erblindet.

    EDIT: Ich habe noch zwei Fotos gefunden, die das VNT in seinen besseren Tagen zeigen. Nebst Selbstbaumontierung (mit zwei Freunden, die ebenfalls bei Jugend forscht mitmachten und deutlich weiter kamen als ich, bauten wir drei dieser Montierungen). Zeitgenoessisch die Ausgestaltung des Standes mit handgemalten Postern und dem Diaprojektor als Vorlaeufer von "Powerpoint".

    Ich weiss nicht mehr genau, ob die Fotos bei "Jugend forscht" oder "Jutec" entstanden. Jutec war der Wettbewerb "Jugend und Technik", der vom VDI ausgerichtet wurde. Er wurde spaeter mit Jugend forscht fusioniert. Es war auf jeden Fall im Jahr 1990.

    Boah! Nochn Edit (nach ca. 10 Rechtschreibfehlern ...) . Es war JuTEC, und im Deutschen Museum in Muenchen, wo der Bundeswettbewerb stattfand - der Aufkleber auf dem Tubus ist das Indiz. Gewonnen habe ich da aber nichts mehr. Es hat ja auch nie wirklich funktioniert.