Beiträge von Skyscanner im Thema „Aufgeben oder weitermachen… mein Frust mit der Astrofotografie“

    Hallo Christian


    Aber gerne doch :) :thumbup:


    Vieles, was mir später nützlich wurde, habe ich in diesem Forum gelesen / erfahren (oder in den verlinkten Webseiten im Subforum „Einsteigerforum“ und dort im Beitrag „Basiswissen für Einsteiger. Bitte vorab lesen!“). Und natürlich aus Videos gewisser Youtuber. Empfehlen kann ich da bspw. „Astrophotocologne“ (Franz Sackenheim) und „Daniel Nimmervoll“. Die beiden sind deutschsprachig und zumindest Frank ist auch hier im Forum unterwegs (von Daniel weiss ich es nicht).

    Wenn Englisch kein Ausschlussgrund ist, dann sind „AstroBackyard“ und „Nebula Photos“ auch interessante „Adressen“.


    Welchen Weg du einschlägst, bleibt natürlich dir überlassen. Aber ich denke, schon mit relativ wenig Aufwand kannst du viel Freude an der Astrofotografie finden. Die erste Frust-Hürde hast du schon hinter dir bzw. kennengelernt. Nun hast du eine gute Grundlage die nächsten Schritte und hier im Forum bekommst du ja gute Tipps und Erfahrungsberichte :)


    So oder so, geniess die Nächte draussen! Ich finde es jedes Mal ein wunderschönes Erlebnis, was die Natur mit einem funkelnden Sternenhimmel uns bieten kann :star_struck:

    Hallo Christian!


    Zuerst einmal meine Aufforderung an dich: Bleib dran! Wirf die Flinte nicht ins Korn!


    Ich bin froh, dass ich noch nicht viel Geld investiert habe und mit relativ einfacher Ausrüstung die ersten Gehversuche gestartet habe, andersrum wäre ich sicher hart frustriert.

    Und dies möchte ich gleich als meinen "Einstieg" für meine Antwort an dich verwenden. Ich kann dich absolut verstehen (weil es mir gleich ging) und es auch nachvollziehen (weil ich mit der gleichen Nachführung ins Hobby gestartet bin).


    Nach Tagesfotografie wollte ich also mal Sterne fotografieren. Hach, die anderen haben da so tolle Milchstrassenaufnahmen gezeigt... Also raus mit der Spiegelreflexkamera (APS-C) und einem Fotostativ. Sofort merkte ich, dass da nicht viel Spielraum ist ohne Nachführung. Ich habe mir, wie du, den Mini-Track LX3 gekauft. Ich hatte also eine DSLR, ein Fotostativ für bis 6 kg und den LX3. Als ich ihn das erste Mal einsetzen wollte, fiel mir zu spät auf, dass ich für dieses Setup einen zweiten Kugelkopf benötige und musste in den Ferien zuerst einmal einen 2. Kugelkopf kaufen gehen, was gar nicht so einfach war....

    Darum kaufte ich bald eine Polhöhenwiege dazu. Was aber noch immer blieb: Einnorden fand ich gar nicht so einfach, es blieb fummelig und vor allem: wackelig! Auf dem Alu-Foto-Stativ war beinahe jede Bewegung zu viel... und verschob gerne mal die Einnordung. Das hat immer Nerven gekostet. Ausserdem war alles so kopflastig: Wenn ich an der Kamera was verstellte, hatte ich fast immer das Gefühl, dass mir die Einnordung hops geht.


    Als ich das mal im Griff hatte (es gab einige Fehlschläge und auch viele schlechte oder auch mal gar keine Bilder..!), merkte ich, dass so ein Fotobojektiv manchmal einfach nicht für Astrofotografie taugt: Manche muss man mehrere Blendenstufen abblenden, bei manchen ist es sehr sehr schwer, den Fokus in der Nacht zu treffen (jemand oder auch du hat ja schon geschrieben, es ist nicht einfach, den Punkt zu treffen, bei dem die Sterne im Display "am kleinsten" sind).


    Nur nebenbei möchte ich noch weitere Fehler erwähnen, die ich begangen habe: Beschlagenes Objektiv, Ausrüstung unvollständig mitgenommen, Wetter total falsch eingeschätzt, erst bei Dunkelheit an einem "neuen" Ort angekommen und dann ewig gebraucht, um aufzustellen, Ausrüstung in der Dunkelheit verloren (zum Glück dann am Folgetag wieder gefunden), usw.


    Warum schreibe ich dir das?

    Ich habe dich anfangs in einem Punkt zitiert, den ich erst jetzt, mit der Zeit, erkannt habe: Der Einstieg mit dem LX3 war gut. Aber man bekommt (in der Regel), was man bezahlt. Der LX3 ist ein Einstiegsinstrument. Ja, es gibt Personen, die damit auch 200mm-Objektive sauber nachgeführt bekommen. Aber das ist wohl die Ausnahme. In der Regel ist der LX3 für leichte Weitwinkel-Objektive. Punkt. Leicht UND Weitwinkel. Mit meinem Sigma 14mm Vollformat-Objektiv hatte der LX je nach Ausrichtung schon grosse Mühe. Wer grosse Brennweiten und / oder schwere Objektive damit nachführt, der hats im Griff. Aber mir gelingt das nicht.

    Ich habe später den Schritt zu einer grösseren (für mich riesigen) Astro-Montierung gewagt, die deutlich mehr Gewicht nachführen kann. Aber sie ist selber auch deutlich schwerer (inkl. eigenem Stativ) und dadurch aber auch deutlich stabiler. Weil sie stabiler ist als die Wackel-Kombination "Foto-Stativ" + LX3, ist die Bedienung für mich aber auch einfacher. Es ist fast nicht mehr möglich, dass etwas "einfach so" verrutscht. Klar, die Steuerung der Montierung stellt auch ganz andere Ansprüche als der LX3. Aber für mich war die Stabilität der Komponenten eine grosse Erleichterung.


    Noch etwas Stichwort Fokus: Ein Fotoobjektiv ist und bleibt in der Regel für die Tageslichtfotografie entworfen. Ich habe mir mit der stabileren Montierung ein William Optics Redcat 250mm Brennweite gegönnt. Es geht nicht um genau dieses Produkt, ich möchte dir nur sagen, dass es ein riesen Unterschied ist, ob du ein Foto-Objektiv für die Tageslichtfotografie oder ein speziell für die Astrofotografie entwickeltes "Objektiv" (Teleskop) kaufst. Das genannte "Redcat" hat einen separaten Ring, der den manuellen Fokusring massiv schwergängiger bzw. "genauer" macht. Dann ist es ein Kinderspiel, den Fokus ganz langsam an den "Scharfstellpunkt" zu drehen. Kein Vergleich mit dem Nervenspiel am "normalen" Fotoobjektiv, wo ich dauern (hin und her!) über den "Scharfstellpunkt" hinausschiesse. Ausserdem kann ich den Fokusring am "Redcat" blockieren, dann kann eigentlich nach dem scharfstellen fast nichts mehr schiefgehen. Zum Schluss hat das "Redcat" noch eine eingebaute "Bahtinov-Maske". Damit ist das genau Fokussieren wirklich ein Kinderspiel.


    Weitere Überlegungen (Aufwand / Ertrag)

    Ohne zu weit auszuholen: Mittlerweile schätze ich bei der Planung ab, was ich erreichen will, wie hoch mein Einsatz dafür ist (finanziell und zeitlich) und daraus leite ich ab, was für Ausrüstung ich mitnehme. Praxisbeispiel: Ich wollte die Milchstrasse in den Alpen aufnehmen. Dafür buchte ich eine Übernachtung in einem einfachen Hotel auf einem Berggipfel (> 2000 Meter über Meer). Dauer der Anfahrt: ca. 2h pro Weg. Vom Parkplatz rund eine Stunde Wanderung zum Ziel (und am nächsten Morgen zurück). Relativ viel Aufwand (zeitlich und finanziell).

    Benötigt hätte ich 2 Powerbanks (1x für die Montierung (Sky Watcher Star Adventurer) und 1x für das Heizband) sowie 1 Akku (für die Kamera).

    Mitgenommen habe aber 3 Powerbanks und 2 Akkus. Warum? Weil ich mich verdammen könnte, wenn ich so einen Aufwand betreibe und dann der Akku für die Kamera oder eine Powerbank unterwegs kaputt geht und ich den ganzen "Aufwand" für nichts betrieben hätte.


    Fazit

    Dein Ansatz "bin froh, habe ich noch nicht mehr Geld ausgegeben" kann durchaus auch zu deinem Frust beigetragen haben, weil günstig bezüglich Ausrüstung = wackelig / instabil = schneller falsch eingestellt / verstellt = kaum oder keine "Komfortfunktionen = hohe Ansprüche an feine Bedienung = Frustpotential.

    Ich sage nicht, dass du das Geld gleich in absolute Hi-Tech-Ausrüstung investieren sollst. Aber ich möchte dir einfach den Hinweis auf den Weg geben, dass es - neben viel Geduld und der Bereitschaft, laufend dazuzulernen und auch Rückschläge verdauen zu können - sich durchaus lohnt, in gewisse Komfortfunktionen speziell entwickelter Produkte zu investieren. Ich selber hätte mir sicher einige Flüche erspart, hätte ich mir das früher zu Herzen genommen.


    Der LX3 ging mir kaputt. Ich stand vor der Frage, ob ich mir einen neuen LX3 besorgen soll und habe mich stattdessen - aus den vorher ausgeführten Überlegungen - für die stabilere Sky Watcher Star Adventurer-Nachführung entschieden.


    Ich hoffe, ich habe dich nicht erschlagen mit meinen Ausführungen, aber ich fände es schade, wenn du das Hobby bereits aufgibst. Es gibt so viel zu sehen und du kannst so schöne Momente erleben. Mach es einfach in deinem Tempo :)


    Gruss

    Filippo