Beiträge von JSchmoll im Thema „Alte Montierung (EDIT: Badener Montierung)“

    Das sieht mir dann sehr nach Rutschkupplung aus. Saubere Sache und Glueckwunsch zu so einer schoenen Montierung!


    PS: Der Schlitz unten duerfte eine tangentiale Schraube haben, die von der Seite sichbar sein sollte. Damit kannst Du die Reibung der Rutschkupplung einstellen.


    Der Aufbau ist vergleichbar mit Werkzeughaltern z.B. fuer Fraesmaschinen, wo auch geschlitzte Huelsen als Federn eingesetzt werden. Die Zentriergenauigkeit ist recht hoch. Vielleicht weiss hier ja jemand, wie die Teile auf deutsch heissen. Im Englischen heissen die "Collet" bzw. "Collet Spring". BEOLINGUS saecht: Klemmbuchse, Spannzange, Fraeserhuelse.

    Hi Konrad,


    das erste Bild zeigt die Deklinationsfeinverstellung per Tangentialtrieb, und die Schraube rechts ist die Klemmung.

    Das weite Bild zeigt einen manuellen Verstellknauf fuer die Stundenachse (Rektaszension). Der Motor ist per Rutschkupplung daran befestigt, und die kleine Klemmschraube am Knauf stellt sicher, dass der Motor einerseits sicher nachfuehrt, andererseits aber beim manuellen Verstellen durchrutschen kann.

    Das dritte Bild zeigt oben eine silberne, geschlitzte Buchse, die am Schneckenrad anliegt. Dies ist entweder die Klemmung (wenn der Schlitz durch eine Schraube enger gestellt werden kann), oder eine Rutschkupplung. Im Prinzip ist diese Art Klemmung, wenn nicht fest angedonnert, automatisch eine Rutschkupplung, die ein Grobverstellen in Stunde ermoeglicht.

    Synchronmotore laufen mit Wechselstrom, wobei die Rotationsgeschwindigkeit des Ankers der Stromfrequenz entspricht. In Europa sind das meist 50Hz, die Frequenz der Netzspannung. Das ist natuerlich fuer unserer Belange viel zu schnell. Ein starkes Untersetzungsgetriebe sorgt deswegen dafuer, diese Geschwindigkeit stark zu drosseln und gleichzeitig das Drehmoment des Motors zu erhoehen. Das ist das Getriebe, das Du am Motor siehst. Dann gibt es noch eine Kraftumlenkung um 90 Grad (entweder ein kleines Schneckengetriebe oder Kegelraeder) zur Schnecke.

    Hi Konrad,

    bei Direktanschluss muss der Motor elektronisch auf die richtige Drehzahl eingestellt werden koennen. Wenn Du also einen guenstigen Steuerungssatz wie den von mir Erwaehnten verwendest, wuerde das nicht hinhauen, weil der Motor zu langsam dreht - er ist halt fuer 144 Zaehne ausgelegt, nicht fuer 180. Wenn Du in der Lage bist, Dir selber eine Schrittmotorsteuerung zu bauen (ich bin dazu ausserstande und nehme deswegen eine kaeufliche Loesung), dann hat der Direktanschluss den Vorteil, dass die Verzahnungsfehler eines Vorgeleges nicht die Laufruhe beeinflussen koennen.


    Mit zwei Zahnraedern arbeiten die meisten Montierungen. Hier ist der Vorteil, dass durch Variation der Zaehnezahl eine existierende Steuerung auch andere Schneckenraeder mit unterschiedlicher Zaehnezahl betreiben kann. Die Zahnraeder sollten eine gute Qualitaet besitzen und passgenau auf den Wellen fluchten, damit sie keine periodischen Fehler machen, die die Nachfuehrgeschwindigkeit negativ beeinflussen.

    Der Riementrieb ist analog zu den zwei Zahnraedern, nur dass die beiden Riemenzahnraeder (die eine andere Form als normale Zahnraeder haben) ueber den Zahnriemen miteinander wechselwirken. Im Unterschied zu den zwei Zahnraedern aendert sich hier die Drehrichtung nicht. Riementrieben wird eine hoehere Laufruhe nachgesagt, da nicht nur die wenigen aktuell kontaktierenden Flanken zweier Zahnraeder die Drehgeschwindigkeit definieren, sondern das Mittel aus allen Zaehnen, die gerade Kontakt zum Zahnriemen haben. Das ist etwa die Haelfte aller Zahne auf jedem Rad. Ein lokaler Verzahnungsfehler oder andere Fehlstellen (Beschaedigung eines Zahnes oder Dreck im Getriebe) werden so herausgemittelt, was eine hoehere Laufruhe mit sich bringt. Gerade Autoguider kommen besser mit einer sich langsam aendernden Nachfuehrgeschwindigkeit klar, als mit einer Nachfuehrung, die sporadisch "springt". Die alte EQ6 (heute nicht mehr im Handel - schwarz, hiess zuletzt EQ6 classic und hatte nur eine 16x-Zweiachssteuerung) war notorisch fuer eine springende und unruhige Nachfuehrung. Das Vorgelege war aus Plastik und ungeeignet. Hier hat Sky-Watcher spaeter mit der EQ6 pro signifikant nachgebessert. Die neuere EQ6R vom gleichen Hersteller hat einen Zahnriementrieb.


    Es gibt noch eine vierte Antriebsoption: Den getriebelosen Antrieb, beim dem spezielle Motoren mit einem extrem hohen Dynamikbereich direkt auf der Achse sitzen. Dies ist hauptsaeclich im professionellen Teleskopbau zu finden, da diese Technik sehr teuer ist. Ein Beispiel sind sogenannte Torque-Motoren, wie sie Zeiss Oberkochen in ihren Teleskopen einsetzte (Calar Alto, oder das 2.2m auf La Silla). Vergleichbares gibt es auch fuer kleinere Instrumente, z.B. Astelco hat eine Montierung im Programm, wo sich das Teleskop auf Wunsch extrem schnell verfahren laesst. Die Anwendung macht z.B. beim Satellitentracking Sinn. Fuer den "normalen" Amateurastronomen ist diese Technik jedoch kaum erschwinglich.

    Wenn es 180 Zaehne sind, muss sich die Schnecke etwas schneller drehen als bei 144 Zaehnen. Du muesstest die Sky-Watcher EQ5-Steuerung beispielsweise um den Faktor 180/144 uebersetzen. Das ist gekuerzt 15/12. Also ein Ritzel mit 15, eines mit 12 Zaehnen oder erweitert 30 und 24 Zaehne. Je nachdem was erhaeltlich ist. Je nach Motoranbau kann dieser in die falsche Richtung drehen, aber die Steuerung hat den NS-Schalter fuer die Suedhalbkugel. An meinen Geraeten, wo ich die Zweiachssteuerung adaptierte, stelle ich die Steuerung einfach auf S und es funktioniert.

    Visuell brauchst Du den Frequenzwandler nicht unbedingt, da die Verstellmoeglichkeiten eh begrenzt sind. Ich wuerde an Deiner Stelle versuchen, eine kommerzielle Zweiachssteuerung zu adaptieren. Von Sky-Watcher gibt es diese rote Steuerung, die auch einen ST4-Port fuer Autoguiding hat und bis zu 16x verfahren kann. Fuer die EQ5 ist sie fuer 144 Zaehne ausgelegt, waehrend die Version fuer die EQ3-2 fuer 120 Zaehne (*) ausgelegt ist. Durch ein passendes Vorgelege (2 Zahnraeder oder Zahnriemen mit passend dimensionierten Raedern) kannst Du das an beide Achsen adaptieren.


    (*) Gerade nochmal gegoogelt: Das Schneckenrad der EQ3-2 scheint 130 Zaehne zu haben. Vielleicht kann das ein mitlesender Besitzer nochmal festnageln.

    Nachtrag: Manche Montierungen haben auch keine Klemmungen, sondern Rutschkupplungen. Hier kannst Du einfach mit etwas Kraft die Montierung grob verstellen, aber die Reibung der Kupplung verhindert durch ihren Widerstand ein ungewolltes Verstellen. Schau erstmal, ob Du Klemmungen findest. Denn eine Montierung mit Kraft gegen eine angezogene Klemmung zu verdrehen, kann das Getriebe beschaedigen.


    In Deklination scheint Deine Klemmung hinter der Feintriebsschraube zu liegen. Da ist eine duenne Schraube mit einem Loch im Kopf, wo vielleicht mal ein Hebel drin sass.

    In Rektaszension kann ich auf Deinen Bildern keine Klemmung finden. Aber kein Bild schaut unter das Schneckenrad, wo eine Klemmung angebracht sein koennte.

    Da sollte eine Klemmung dran sein - in beiden Achsen. Du lockerst in Rektaszension den Kontakt vom Schneckenrad zur Achse. Da ist wahrscheinlich eine Klemmschaube an der Nabe des Schneckenrades, oder das Schneckenrad ist axial an das Ende der Achse festgeschraubt - und diese Verbindung laesst sich mit einem Handrad oder Knauf lockern. Das nennt sich "Klemmung". Es kann auch sein, dass das Schneckenrad mit der Achse fest verbunden ist, sich aber der Rektaszenzionsteil nach Loesen einer geeigneten Klemmung frei um die Achse drehen laesst. So ist es zum Beispiel bei der HEQ5 oder EQ6 von Sky-Watcher: Die Achse ist ans Schneckenrad gekoppelt, das sich im Deklinationsblock befindet. Die herausragende Achse steckt im Rektaszensionsblock und ist dort dreh- und klemmbar gelagert.

    Hi Konrad,


    Du kannst durch den Feintrieb in Deklination allein nicht jede Deklination erreichen. Nach ein paar Grad kommt dieser Feintrieb zu einem Ende, und um ihn wieder nutzbar zu machen, musst Du zurueckkurbeln. Die Philosophie hinter dieser Konstruktion ist, durch Oeffnen der Klemmung die gewuneschte Deklination grob anzufahren, um dann mit dem Feintrieb die letzten Korrekturen zu machen. Auch Nachfuehrkorrekturen sind damit moeglich. Aber eben kein Anfahren, weil Du diese Achse mit diesem Feintrieb konstruktionsbedingt nicht um 180 Grad drehen kannst.

    Moderne Montierungen, die alle auf GOTO ausgerichtet sind, haben an dieser Stelle ein zweites Schneckenrad (das erste ist in Rektaszension, um eine beliebig lange Nachfuehrung zu gewaehrleisten). Aber zum Zeitpunkt, als die Badener Montierung konstruiert wurde, waren computergesteuerte Teleskope in der Amateurastronomie unueblich. Da man sowieso die Montierung nach Oeffnen der Klemmung manuell drehen konnte, wurde der Aufwand des Schneckenrades durch den einfacher zu fertigenden Tangentialarm gespart.

    Es gab sogar mit der T-Montierung des Zeiss Telementors eine Montierung, die in beiden Achsen endliche Feintriebe hatte. In meinen Augen eine Fehlkonstruktion, da man in Rektaszension nur eine halbe Stunde lang nachfuehren konnte. Hat sich dann auch im Montierungsbau nicht durchgesetzt. #

    Soweit ich weiss, laufen Synchronmotore immer nur in einer Richtung. Damals wurden die Montierung oft so motorisiert, dass der Motor lieber ein bisschen schneller als zu langsam lief (z.B. bei der Regulusmontierung von Witte & Nehls). Dann hatte man einen Ein/Aus-Schalter am Zufuehrkabel, mit dem man kurz mal ausschalten konnte, um den Fehlgang zu kompensieren. Frequenzwandler waren teurer Luxus. Sie erlaubten eine feinfuehlige Einstellung der Grundfrequenz, und hatten Taster fuer die Erhoehung oder Verringerung selbiger fuer Nachfuehrkorrekturen. Der Dynamikbereich ist aber nicht mit dem einer Schrittmotorsteuerung zu vergleichen, wo Beobachter mit z.B. 16x ueber das Feld fahren koennen, um Objekte zu zentrieren.

    Meine Rupp-Montierung (Typ4, 70/63er Achsen, Baujahr 1980) hatte einen Synchronmotor, der spaeter mit einem Frequenzwandler von APM nachgeruestet wurde, der fuer TAL-Teleskope bestimmt war. Vielleicht waere das etwas fuer Dich? Er hatte zumindest 12V Eingang, aber ich weiss nichts ueber den Ausgang. Ich muss das Ding mal raussuchen und nachmessen. Wenn geeignet, koenntest Du vielleicht auf dem Gebrauchtmarkt was bekommen.


    Oder aber Du ruestest auf eine Schrittmotorsteuerung um. Du koenntest dann auch die Deklination motorisieren, um einen Autoguider zu benutzen. GOTO geht nicht, weil der Deklinationsfeintrieb als Tangentialarm nur endlich ist. Ich habe schon ein paar alte Montierungen Posthum mit einer simplen Sky-Watcher-Zweiachssteuerung motorisiert, wobei ich die Vorgelege passend waehlte, um den Unterschied der Schneckenraduntersetzung auszugleichen. Die Steuerung fuer die EQ5 beispielsweise ist fuer 144 Zaehne ausgelegt.

    Bei der Rupp ist genau das in die Hose gegangen. Es war auch nur ein Versuch, da die Montierung sichtlich um Groessenordnungen schwerer ist als die EQ5. Ich habe dann von der englischen Firma AWR eine Zweiachssteuerung erworben, die auch mit Autoguider wunderbar funktioniert. Kostenpunkt waren hier 600 Pfund (ca. 700 Euro, aber durch den Brexit-Wahnsinn kommen noch Einfuhrgebuehren dazu). Vielleicht findest Du auch einen elektronikbewanderten Mitstreiter, der Dir so ein Ding bauen kann. Allein die Moeglichkeit, mit hoeherer Geschwindigkeit die Umgebung abzufahren und Objekte rasch zu zentrieren, laesst mich diese Loesung favorisieren (im Vergleich zu Synchronmotor mit Frequenzwandler).

    Dann hast Du wohl die Ausgabe, die ich meinte. Und ich hatte mich mit dem Auflagedatum um ein Jahr vertan. Es hat den Schutzumschlag mit dem roetlichen Deepskyobjekt im Hintergrund (M8? Schon so lange her, 1990 hatte ich es ausgeliehen, um meinen Sechszoeller zu schleifen).

    Ich tippe auf irgendwas aus der Schweiz. In einer juengeren Auflage von Hans Rohrs "Das Fernrohr fuer Jedermann" habe ich so eine Montierung gesehen, die nach einem Schweizer Ort benannt war.


    Gerade nach "Zuercher Montierung" geschaut, fand ich ein Bild einer baugleichen Montierung auf einer Seite "baden.astronomie.ch", die aber nicht mehr zu existieren scheint. Das Bild, das mir Google anzeigt, erscheint mir der Erinnerung nach sogar das Bild aus dem Buch zu sein. Ich habe allerdings nur die Erstauflage hier, wo noch keine Fotos drin sind.


    Edit: Badener Montierung. So hiess die! Ich fand ein Textsegment eines Vereins namens AGB in Baden. Aber die Seite selbst scheint nicht mehr zu existieren. In dem Textsegment, das meine Suchmaschine noch anzeigt, heisst es:

    Zitat

    Die Badener Montierung wurde zur Legende unter Amateurastronomen in der ganzen Schweiz und bildet e in Paradebeispiel für eine gut durchdachte, sauber und kompetent ausgeführte, technisch hochstehende parallaktische Fernrohrmontierung mit Motorantrieb.


    Das klingt doch schon mal gut. Vermutlich werden die mitlesenden Eidgenossen hierueber mehr beitragen koennen.