Beiträge von JSchmoll im Thema „Tragkraft Montierungen“

    In der Geschichte der Spezifizierung von Montierungsparametern gab es frueher auch noch den Achsdurchmesser. Dieser wurde angegeben, sodass man eine Richtschnur hatte, wie gross das maximal getragene Fernrohr so sein koennte. Heute findet man diesen Wert nicht mehr ueberall. Aber der Achsdurchmesser ist natuerlich nicht alles. Eine dicke Achse in einem duennen Gehaeuse auf unterdimensioniertem Polblock beispielsweise fuehrt auch nicht weiter.

    Ein Fernrohr sollte wie eine Pyramide aufgebaut sein: Unten breit und schwer, oben leicht. Ein stabiles Stativ (oder eine Saeule natuerlich), eine zum Stativ passende Montierung und dann ein zur Montierung passender Tubus.


    Das mit der Tragkraft ist gar nicht so einfach. Eine Montierung ist halt kein Kran, wo man eine maximale Tragkraft hat, dann noch einen Sicherheitsfaktor, und bei Ueberschreitung von Beidem schlaegt bestenfalls die Ueberlastsicherung an. Oder der Kran faellt halt um.


    Fernrohrmontierungen sind reichlich ueberdimensionert, und ich habe es erst einmal erlebt, dass ich eine Montierung mit Achsbruch in der Werkstatt hatte. Und das war ein Extremfall, bei dem nicht das Teleskopgewicht allein zum Bruch fuehrte.


    Worauf es wirklich ankommt, sind Schwingungsfreiheit und Nachfuehrgenauigkeit. Ersteres wird im Handel gern mit einer einzelnen Gewichtsangabe spezifiziert, Zweiteres ueber den periodischen Fehler in Bogensekunden. Und gerade die Traglast in kg ist natuerlich, wie von Rainer oben schoen dargelegt wurde, eine notwendige aber keine hinreichende Angabe. Besonders krass war das zu alten Zeiten, als lange f/15-Refraktoren noch die Regel waren. Die waren dann auch allermeistens untermontiert und schwingungsanfaellig. Im heutigen Zeitalter der Kompaktteleskope haben wir es deutlich besser.

    Es gibt aber auch noch andere Parameter, die die Eignung einer Montierung fuer ein Instrument gegebenen Gewichtes und gegebener Laenge definieren. Der Verwendungszweck (visuell oder fotografisch, und falls Letzteres, Langzeitbelichtungen oder nicht), der Aufstellungsort (freies Feld oder windgeschuetzte Sternwarte), und letztendlich die Leidensfaehigkeit des Beobachters. Dem einen mag der Hut hochgehen, wenn das Bild beim Scharfstellen einen kurzen Schlenker macht. Andere kommen damit klar.

    Mal ein Fallbeispiel aus meiner Sternwarte: Eine Rupp Typ 4, 70/63er Vollachsen, 80kg Achsenkreuzgewicht alleine. Auf stabiler Saeule. Tragkraftmaessig steckt die mein Meade 14" SCT locker weg, ueberhaupt keine Diskussion. War ich im siebten Himmel? Erstmal nicht. Visuell ein Traum, gab es beim Deepsky-Belichten immer Wuerstchen. 3.5m Brennweite sind halt schon was. Dazu war der barocke Synchronmotor mit winzigem Vorgelege in der Lage, viele periodische Fehler der einzelnen Zahnraeder zu ueberlagern. Das lief alles sehr unruhig. Von daher war diese Montierung, trotz der Tragkraft, fuer mich nur eingeschraenkt brauchbar. Bis ich mich entschloss, dem Geraet eine professionelle Zweiachssteuerung zu goennen, wo die Drehung des Schrittmotors per Zahnriemen direkt auf die Schneckenwelle uebertragen wird. Dazu ein Autoguideranschluss, und Jetzt laeufts.