Beiträge von janpbeckmann im Thema „Sommer 2021 - zwei "Megaprojekte" mit über 50h Belichtungszeit“

    Hallo zusammen!


    vielen vielen Dank für all die wunderbaren Kommentare Peter_Bresseler  roszl  Jo_Ko  Lucifugus ! Wir waren uns echt nicht wirklich sicher ob die Art und Weise in Bildkomposition und Bearbeitung gut ankommen würde wie es uns gefallen hat. Fühlt sich auf jeden Fall nicht schlecht an, wenn die eigene Aufnahme als Referenzaufnahme bezeichent wird ^^


    03sec Danke! Oh ja die Spikes erzählen eine wunderbare Geschichte meiner Schusseligkeit... Die Linke Seite des Bildes ist in einer früheren Neumondphase in 2020 entstanden, die rechte Seite deutlich später. Zwischenzeitlich hatte ich mal nicht an das Projekt gedacht und das Teleskop im Tubus verdreht weil ich mir dachte, dass die Spikes doch so komsich schief sind. Natürlich musste genau der größte Stern dann in der Zone des Bildes liegen in der sich zwei der Panels mit verschiedenen Spikes überschneiden 8o Kann sein, dass wir die Auflösungsgrenze ganz gut getroffen haben, die L Daten sind unter sehr gutem Seeing entstanden bei dem es schon fast etwas wehgetan hat, dass der 10er und die DMK in der Ecke steht... Würde aber eher sagen, dass die Auflösung hier sehr stark durch die Pixelscale von 2.7"/pix beschränkt wird. Mein Rechner ist so schon abgeraucht, ein Drizzel wäre nicht vorstellbar gewesen


    woddy Danke! Da muss ich dir Recht geben, die Ha Gebiete sind echt nicht optimal in das Bild eingearbeitet. Da ist eine ziemlich aggressive Maske zum Einsatz gekommen. Das Ha Bild war zwar ziemlich tief belichtet, aber durch die 12nm haben sich die HII-Regionen nur sehr schwach von der Galaxie abgehoben. Das war echt extrem schwer die Regionen in die Galaxie einzuarbeiten ohne dass alles rosarot wird. Die PSD Datei ist aber noch da, vielleicht bringt es etwas wenn man die Maske noch etwas erweitert und weichzeichnet...


    renerabl Danke dir, wir werden die beiden Bilder auf jeden Fall einsenden, man kann ja mal hoffen 8)


    Galaxien-Spechtler Das freut mich sehr! Aber dass niemand mehr das Objekt fotografien müsste, das würde ich nicht so unterschreiben, es gibt noch sehr viel was man hier besser machen kann. Das L ist bei 20.9 mag/arcsec² mit einer veralteten CCD gemacht worden. Also auf geht's! ^^ M32, die kleine Nachbargalaxie? Wäre echt interessant zu sehen ob man da Strukturen finden kann oder was auflösen kann. Wir haben sie leider im Zentrum ausbrennen lassen.


    LG und CS

    Jan

    wie ihr ja wisst war der Sommer 2021 wettertechnisch nicht unbedingt das beste Pflaster. Es gab aber doch immer wieder ein paar klare Phasen, die sich zumindest bei mir auch gut mit dem Neumond gedeckt haben. So ist doch in Verbindung mit manchen Daten aus dem letzten Herbst so einiges zusammengekommen... Da sowohl ich als auch mein "Astrokokumpel" Julian Zoller im Verlaufe des letzten Jahres je ein Teleskop der Klasse "Hypergraph" gekauft hatten war dieser Sommer ganz darauf ausgelegt die Saison der großflächigen Objekte bei geringen Brennweiten zu nutzen. Um ein wenig die Limits unserer akutellen Ausrüstung und Standorte zu testen haben wir dann auch zwei (jedes auf seine Art) schwere Objekte herausgesucht.



    Sh2-129 / OU4 - Der Tintenfischnebel



    SH2-129.jpg


    Mehr informationen: https://distant-luminosity.com/sh2-129.html


    Der Emissionsnebel Sh2-129 ist ähnlich wie z.B. NGC 7000 oder IC 1396A ein klassisches HII-Gebiet, wenn auch deutlich schwächer. Wenn man allerdings besonders lange im [OIII] belichtet kommt eine große, schwache Struktur zum Vorschein die OU 4 genannt wird. Ob es sich hierbei um einen alten PN oder einen bipolaren Gasauswurf des zentralen Sterns handelt ist bisher noch nicht zweifelsfrei geklärt - hier gibt es ein wunderbaren Text von Peter zum AdW hier .


    Jedenfalls ist dies ein außergewöhnliches Objekt, welches wir auch einmal ausprobieren wollten. Vor allem da uns subjektiv die allermeisten Aufnahmen nicht gefielen, ohne die durchaus beeindruckende Leistung vorheriger Astrofotografen in Frage stellen zu wollen. Der Punkt war hauptsächlich, dass die meisten Aufnahmen zwar sehr sehr tief im Ha und [OIII] waren, aber wenig Wert darauf gelegt wurde, dass Reflexionsnebel/Dunkelnebel (die es in diesem Objekt gibt!) und Sternfarben im RGB realistisch bzw. in unseren Augen harmonisch dargestellt wurden. Deswegen bemühten wir uns in diesem Werk vor allem darum, dass dieses Objekt in einem natürlichen Look dargestellt wird. So wie man es z.B. mit einer Farbkamera und nachträglich eingemischten Schmalbanddaten machen würde.


    Also als Basis diente eine farbkalibrierte LRGB Aufnahme mit ca. 13h Belichtungszeit bei der ca. 13h Ha eingemischt wurde mit der "Negativ Multiplizieren" Methode.


    Für OU4 wurde 24h im [OIII] Filter belichtet und diese Aufnahme mit der gleichen Methode eingearbeitet.



    Hier alle Daten zum Bild kompakt:



    TS Hypergraph 6 / Takahashi e-130D auf 2*Skywatcher EQ6


    QHY-9S CCD / QHY 294mm CMOS


    7:2:2:2 h in Astronomik DeepSky LRGB mit QHY-9S


    13h Astronomik Ha 12nm mit QHY-9S


    24h Astronomik [OIII] 12nm mit QHY 294mm



    Insgesamt würde ich sagen, wir haben unser Ziel erreicht. Allergings bin ich trotzdem etwas enttäuscht über die Tiefe des Bildes, da haben Kollegen mit vergleichbarem Equipment und Belichtungszeiten mehr erreicht was für mich insbesondere sehr frustrierend ist. Sehr wahrscheinlich sind dabei die sehr breiten 12nm Schmalbandfilter die Ursache, die Schmaldbandstacks hatten kaum Kontrast, waren sehr verrauscht und die großen Sterne ein Problem bei der Bearbeitung. Also auf geht's, zwei Monate Kartoffeln und Reis dann ist ein 3,5nm Highspeedfilter da X/



    Messier 31 - Die Andromedagalaxie (stark komprimiert)


    M31_1.jpg

    Mehr Details: https://distant-luminosity.com/M31.html


    M31 war schon sehr sehr lange auf unserer Liste. Da wir aber nur sehr kleine Kamerachips besitzen war da bisher bei höheren Brennweiten nichts zu machen wenn man die Galaxie in ihrer vollen Ausdehnung drauf bekommen möchte. Mit den Hypergrafen war es dann endlich möglich, vor allem als Frank Sackenheim das Objekt so ausführlich in seiner Monatsvorschau vorgestellt hatte rutschte es ganz nach oben in der Priorität. Trotzdem brauchten wir als micro 4:3 Astrofotografen immer noch ein Mosaik. Um die Bildkomposition des Objekts und die Verteilung der Signalreichen Bereiche zu berücksichtigen haben wir uns dafür eine besondere Taktik ausgedacht. Ein 5 Panel Mosaik, bestehend aus einem 2x2 Mosaik bei dem die Diagonalen (dort wo die arme der Galaxie sind) länger belichtet werden als die Off-Diagonalen und ein zusätzliches zentrales Panel in dem 80% der Galaxie enthalten ist welches am längsten belichtet wird. Ok, das war die Luminanz... Beim RGB gab es ein 2x2 Mosaik mit je RGB und im Ha kam noch ein 45° gedrehtes zentrales Panel hinzu. Insgesamt waren das 18 einzelne Stacks die in der Bildbearbeitung zusammengesetzt wurden. Dabei fügten wir die Mosaike einzeln in den Filtern zusammen (Pixinsight GradientMosaicMerge) und kombinierten ein LRGB zusammen, am Ende kam Ha in Photoshop mit einer Maske drauf. Das ist definitv ein bisschen Arbeit... aber der TS Hypergraph hat leider ein Flatproblem sodass wir alle Flats nicht verwenden konnten und 18 Bilder sorgfältig "DBE'n" mussten, da hörte der Spass dann auf


    Durch die Organisation des Mosaiks und passende Überlappung der Panels haben wir es aber tatsächlich geschafft in die Galaxie ca. 28h Belichtungszeit an Luminanzsignal zu bekommen auf Kosten des umgebenen Hintergrunds, der ja aber eh nicht so wichtig ist. Die Bildbearbeitung (Deconvolution, Noise-Reduction, Farbkalibration, ...) war um es maximal euphemistisch auszudrücken, eine "Erweiterung der Frustrationstoleranz"



    Hier alle Daten zum Bild kompakt:



    TS Hypergraph 6 / Takahashi e-130D auf 2*Skywatcher EQ6


    QHY-9S CCD / QHY 294mm CMOS



    31h in Astronomik L2 mit QHY-9S


    12h in Astronomik DeepSky RGB mit QHY-294mm


    12h Astronomik Ha 12nm mit QHY-294mm



    Zusätzlich interessant ist es bei M31, dass man tatsächlich schon eine Menge individuelle Objekte in der Galaxie entdecken kann. Da sind z.B. Veränderliche Sterne wie die Cepheiden, die erstmals von Hubble zur erfolgreichen Bestimmung der Distanz zu M31 verwendet wurden und damit die "Große Debatte" mit H. Curtis entschied. (Auch wenn es hier noch um einige andere Punkte ging). Cepheiden sind entwickelte Riesensterne, die eine einfach ionisierte Heliumschicht in ihrem Inneren besitzen. Je nach Druck ändert sich hier das Verhältnis zwischen ionisiertem und normalem Helium wodurch die Opazität (Lichtdurchlässigkeit) verändert wird. Ist diese Opazität hoch, bleibt die Energie im Stern und er dehnt sich aus, wodurch er abkühlt und sich das Ionisationsverhältnis so verschiebt dass die Opazität wieder geringer wird und der Stern wieder zusammenfällt und sich aufheizt. Und es geht wieder von vorne los... Die Periode dabei ist abhängig von seiner Leuchtkraft, wodurch man bei Messung der scheinb. Helligkeit seine Entfernung bestimmen kann. Ich habe aus Interesse in Vizier/Topcat einen Katalog von Variablen Sternen in M31 geladen und den Fluss (scheinb. Helligkeit) gegenüber der Leuchtkraft geplottet (Grafik 1 im Bild). Man sieht hier mehrere Populationen von veränderlichen Sternen, rechts die W-Virginis und weiter links die eigentlichen Cepheiden. Sie unterscheiden sich dadurch dass W-Virginis Sterne der Population II angehören im Gegensatz zu klassischen Cepheiden die Pop I sind. Deshalb unterscheiden sie sich in ihrer Metallizität wodurch man sie gut voneinander trennen kann. Das habe ich mithilfe von Topcat gemacht und so die eigentlichen Cepheiden gefiltert (Grafik 2) und sie in dem Bilf von M31 annotiert (Pixinsight ImageAnnotate).


    M31_AN2.jpg

    Diese könnte man nun (wenn man sie mit einer anderen Cepheidenpopulation eicht) als Distanzmesser verwenden oder andererseits daran selbst die Perioden-Leuchtkraft-Beziehung eichen. Die Blauen Markierungen sind alles Kugelsternhaufen aus einem anderen Vizier Katalog. Interessant, dass fast alle kleineren Vordergrundsterne der Galaxie eigentlich Kugelsternhaufen von M31 sind... Hier gab es leider kaum physikalische Messgrößen im Katalog aus denen man etwas interessantes hätte machen können.



    Ich hoffe Euch hat die Vorstellung unserer beiden neuen Bilder gefallen, ich würde mich natürlich über Rückmeldungen sehr freuen.



    Viele Grüße und CS,


    Jan stellv. für Julian und Miriam