Beiträge von Stathis im Thema „Welche Spiegelgröße zum Anfang schleifen?“

    Ich rate den Spiegelschleif Neulingen zu einer Größe von 115 mm und einem Öffnungsverhältnis von nicht kürzer als f/4 bis zu maximal 300 mm und nicht kürzer als f/5. Das sind jedoch nur Richtlinien, die Grenzen sind fließend. Sehr beliebt sind 200 mm f/6, aber auch 255 mm f/6, oder 300 mm f/5,5. Einige wollen was langes für Planeten, andere was kurzes kompaktes die die Reise - alles machbar. Wie oben schon geschrieben, ist eine länger anhaltende Motivation für den Erfolg ganz entscheidend - wahrscheinlich sogar das wichtigste beim Spiegelschleifen überhaupt. Wer den Spiegel auch in ein Teleskop bauen und damit beobachten will, entwickelt einfach mehr Ehrgeiz, das Projekt durchzuziehen.


    Warum 115-300 mm:

    1. Bis zu 300 mm Größe funktioniert das günstige und bis zu 25 mm dicke Borofloat perfekt, die Kosten bleiben überschaubar.

    2. Einfache Handhabung, geringe Kräfte, meist kein Muskelkater, schliefen auf irgend einem Brett möglich. Besonders wichtig, wenn man keinen stationären Arbeitsplatz hat und z.B. immer wieder den Küchentisch frei räumen muss.

    3. Diese Größen kann man noch gut per Hand aushöhlen

    3. 115-300 mm lässt sich mit dem guten alten und einfach zu bauenden Foucault Test messen. Die Chance ist sehr hoch, dass es ein richtig guter Spiegel wird

    4. Das herstellen und richtige anpassen der Pechhaut ist einfacher.

    5. Beim Polieren und parabolisieren erkennt man schneller, wie die Pechhaut arbeitet und wie welche Strichführung wirkt - das ergibt eine steilere Lernkurve.


    Was ist mit denen, die unbedingt gleich einen 400 mm f/4,5 machen wollen, z.B. weil sie schon einen Fernost 300 mm besitzen und nichts Kleineres gebrauchen können? Denen rate ich, einen 115 mm f/4,2 gleich mitzumachen, der als perfekter Superfinder für den Großen dienen kann. Mit dem kleinen kann man alles mögliche ausprobieren mit schneller Rückkopplung. Das erlernte kann man anschließend am viel träger reagierenden Großen zielgerichteter anwenden.


    Und was ist mit denen, die gleich zu Beginn mindestens einen 500 mm f/4 machen wollen? Tja, da kommt es wieder auf die Motivation an. Ist der Hauptgrund, das Geld für einen teuren großen Spiegel sparen zu wollen, sind die Erfolgschancen gering. Man wird nämlich schnell erkennen, dass es seine Gründe hat, warum ein großer guter Spiegel so teuer ist. Ist es hingegen eher der sportliche Ehrgeiz gepaart mit ein Stück Größenwahn(*), gibt es gute Chancen, selbst so ein Projekt zu rocken.


    * : Auf keinen Fall will damit Leuten wie stefanruprecht und anderen Großspiegelschleifern Größenwahn unterstellen. NEIIIN, niemals nie täte ich es wagen, sowas öffentlich in einem Forum zu äußern :love: :whistling:


    Zitat

    ...würde ich vermuten das man so einem teuren kommerziell gefertigter Spiegel bei rein visueller Nutzung mit eher geringer Vergrößerung doch eigentlich gar nicht richtig ausnutzt oder?

    Ja, das stimmt. Bei geringer Vergrößerung kann das Auge die Restfehler des Teleskops nicht auflösen. Es widerspricht jedoch der Ehre eines Spiegelschleifers, ein Teleskop nur für geringe Vergrößerungen zu bauen. Da steht ja auch mal ein Jupiter, Mars, oder Eskimonebel im Okular und da will man auch hohe Vergrößerungen und scharfe Bilder.


    ein Eskimonebel