Beiträge von tbstein im Thema „Scratch / Dig Wert bestimmen“

    Hallo Stathis,

    eigentlich ein sehr interessantes Thema. Meines Wissens gibt es bezüglich der Defektspezifikationen (ISO- bzw. MIL) drei optische Aspekte, welche hier betrachtet werden sollen.

    - Erstens die Streulichtproblematik bei Optiken, welche nicht in der Abbildungsebene liegen. Dies trifft wohl primär auf die Teleskopspiegel zu.

    - Zweitens ist bei Laseroptiken die Zerstörschwelle sehr stark von Defekten usw. beeinflusst, da diese zu lokale Zerstörungen bei High-Power-Anwendungen führen. Daher auch die besonders hohen Anforderungen.

    - Und Zuguterletzt möchte man die Defekte natürlich nicht in bzw. nahe der Abbildungsebene haben.


    Praktisch gibt es aber bei der ISO bzw. MIL-Definition einige Dinge, die nicht wirklich an den zwei, drei Zahlen festzumachen sind.

    Die eigentliche Meßvorschrift ist in der ISO10110 vorgegeben, also definierte kollimierte, schräge Beleuchtung (Spaltlampe) mit definierter Helligkeit und ohne Vergrößerung und dann wird der visuelle Eindruck der Fläche mit dem Vergleichsnormal verglichen, soweit ich mich errinnere. Ist halt sonst sehr Anwenderabhängig und eher qualitativ. Daher sind wir schon auf Arbeit seit längerem dazu übergegangen, ein automatisiertes Inspektionsmikroskop zu verwenden, wobei tausende Bilder aufgenommen werden und anschließend gestitched und ausgewertet werden. Hier bekommt man die größenzugeordnete Anzahl der Defekte, sowie eine Defektmap, welche man explizit in die ISO-Norm umrechnen kann. Praktisch ist das aber doch recht aufwendig, sodass das hauptsächlich zur Prozessevaluierung und nicht zur Einzelteilprüfung angewendet wird. Eine weitere vergleichbare, aber einfachere Definition sind PAC-Werte (particle contamination), weche in einer ECSS-Norm der ESA

    "ECSS-Q-ST-70-50C ) definiert sind. Hier werden alle Defekte >5µm ausgewertet und der Gesamtflächenanteil der Defekte in ppm angegeben. Hiermit kann man auch recht gut die Streulichtperformance abschätzen. Für eine wirklich exakte Modellierung der Streulichtperformance gibts aber Streulichtmessplätze, mit welchen man die BDSF (bidirektionale Streulichtfunktion) direkt messen kann und dann die PSD (power spectral-density function) ausrechen kann

    Diesbezüglich gibt es übrigens auch Berechnungstabellen, welche airborne-contamination bezüglich einer Reinraumklasse zu erwarten ist, wenn die Optik eine Zeit lang offen liegt oder steht.


    Inwiefern das im professionellen Hobbybereich für die großen Spiegel überhaupt zu realisieren ist, weiß ich nicht. Vllt ist es auch nicht nötig, ich denke nämlich auch, dass wenn man keine prinzipiellen Fehler bei der Bearbeitung und Politur macht, man eigentlich schon ganz gut dabei ist. Ich würde übrigens ein nicht zu kleines Planglas mit den Standardprozess läppen und polieren und dann unterm Mikroskop inspizieren, mglw. könnte ich aber da auch behilflich sein. ;)


    Vg Tino