Guten Morgen,
ich glaube, da existieren falsche Vorstellungen wie riesengroß die Seeing-PSF, also der zerzauselte Spot, eigentlich ist!
Nehmen wir mal einen Spiegel mit 700mm Durchmesser. Seine eigene PSF hat einen Durchmesser von 0.36".
Ich hatte die Verhältnisse seinerzeit, vor 10 Jahren, skizziert.
Porrima ist ein Doppelstern und hatte damals 1,6" Abstand.
Interessant fand ich, daß die beiden Komponenten im Gleichtakt flirren
Die einzelnen kleinen "Kleckse" nennt man Speckles.
Diese sind nicht unbedingt oval, wie hier im Beispiel, sondern oft rund.
Der Durchmesser dieser Speckles ist circa 0,36", also in der Größenordnung der Teleskop PSF.
Davon gibt es circa 10 Stück in jede Richtung. Die Ausläufer der Seeing PDF gehen also bis 3,6".
Moment mal: Das Seeing wurde hier mit 1,5" geschätzt. Wie passt das zusammen?
Nun, 1,5" ist der FWHM Wert. Das ist der innere, hellste Teil der Seeing-PSF.
Also der Durchmesser an dem die Intensität gerade auf die Hälfte abgefallen ist.
Visuell kann man das größer empfinden, gern auch bis 3,6", besonders wenn es helle Sterne sind.
Um es noch einmal festzuhalten:
Ohne Seeingeinfluss wären da im Bild zwei kleine Lichtpunkte von der Größe eines Speckles!
Wie komme ich nun auf 10 Speckles?
Das liegt an dem Verhältnis zwischen Spiegelgröße (700mm) und Friedparameter r_null
Für 1,5" FWHM beträgt r_null = 70mm.
700mm/70mm = 10
Dieses Verhältnis ist von besonderer Bedeutung!
Insbesondere kann man damit die Wahrscheinlichkeit für ein "gescheites" Bild beim Lucky Imaging berechnen, wie von Joachim angesprochen.
Ein "gescheites" Bild hat nach Fried etwa die Größe und Qualität wie ein einzelnes Speckle.
Darf also durchaus deformiert sein. Aber eben halbwegs einzeln. (Laut Definition Strehl besser als 0.37)
Die Chance, daß sich das Geflirre auf einen einzelnen Punkt zusammenrauft wäre in diesem Beispiel 1 zu 1 Million!
Bei einer Dauer von wenigen Millisekunden. Für das Auge definitiv nicht verwertbar.
Wie lange muss man mit einer CCD Cam mit Frame-rate von 30 Frames/sec warten?
Schlappe 9 Stunden! Nun ja, eigentlich nicht mehr praktikabel.
Seltsamerweise sieht das bei 1" Seeing schon deutlich besser aus.
R_null ist dann 100mm.
Das Verhältnis zur Spiegelgröße wird zur magischen Zahl Sieben:
700mm/100mm = 7
Und damit steigt die Wahrscheinlichkeit auf ein gescheites Bild auf sagenhafte 1:300 an.
Also alle 10sec ein gutes CCD Bild was in die Nähe der theoretischen Auflösung eines 700mm Spiegels kommt.
Da geht was!
Visuell geht da immer noch nicht viel, weil dieses Einzelbild nur ein paar Millisekunden zu sehen ist.
Insgesamt kann man deshalb festhalten, daß man für visuelle Zwecke erst ab einem Verhältnis von sieben auf "mildernde Umstände" beim Polieren hoffen darf. Nimmt man als bestes Seeing die besagten 1" FWHM an, wäre das ab D=700mm der Fall.
Andreas darf das also
Auf keinen Fall darf man so einen "Schweinskram" mit 400mm Öffnung machen - es sei denn man legt ein Seeing von 1,75" FWHM zugrunde. Dann passen die Verhältnisse wieder. Und das ist auch der Grund warum man mit einem mittelmäßigen 16'er sehr viel Spaß haben kann. Meistens ist das Seeing eben irgendwo um die 2".
Schönen Tag
Kai