Guten Abend,
wie schon vor einigen Wochen geschrieben, ist der Koronograph verkauft. Da zu dieser Zeit noch nicht klar war, was genau mit dem Gerät geschehen soll, obgleich konkrete Absichten vorhanden waren, hatte ich zunächst auch mit Details gespart. Nun haben sich die Pläne konkretisiert und es sieht auch ganz gut aus, dass diese Pläne auch umgesetzt werden können. So kann ich also weiter berichten, werde aber wiederum nur soviel bekanntgeben, wie auch gesichert und belastbar ist. Zum Einen, damit ich nicht die Pläne durchkreuze, zum Anderen, damit niemand unter Druck gerät.
Beim Erscheinen der Anzeige haben sicher einige Leute damit geliebäugelt, das Gerät selbst zu restaurieren und dann öffentlich aufzustellen. Das bringt natürlich sofort einige Probleme auf den Tisch. Zunächst muß das Gerät aus der Schweiz abgeholt werden. In jede Richtung muß man dabei über eine EU-Außengrenze und muß den (Schätz-) Wert verzollen. Dann muß das Gerät instandgesetzt werden, wozu es Platz und evtl. auch Maschinen bedarf. Drittens soll das Gerät nach Möglichkeit wieder betrieben werden, was einen geeigneten Standort voraussetzt. Es ist daher offensichtlich, dass der Koronograph am besten in der Schweiz bleibt. Dazu muß keine Grenze überquert werden, es gibt genauso Astroverrückte und eine feinmechanische Industrie (oder begabte Amateure) und es gibt ungleich mehr Orte, die günstig für die Aufstellung sind. Und so wurde schnell klar, dass der Aalener Astroverein, in dem ich Mitglied bin, selbst mit Zeiss im Rücken, diesen Koronographen nicht erwerben wird. Trotzdem wollen wir, die Astronomische Arbeitsgemeinschaft AAlen bei der Restaurierung und auch beim späteren Betrieb tatkräftig unterstützen.
Thomas Spahni hatte bereits bei Bekanntgabe des Verkaufes Kontakt mit Aldo Lardelli von der Studiensammlung Kern im Stadtmuseum Aarau Kontakt aufgenommen. Er wiederum hatte mit mir, und wir dann später auch mit Franco Joos von der AGG Kontakt.
Erwerber des Koronographen (bestehend aus Koronograph, Montierung auf Säule, Spektroskop) ist am Ende per Vertrag die AGG, also die Astronomische Gesellschaft Graubünden. Siehe auch meinen vorherigen Beitrag.
Mit vereinten Kräften haben wir im März alle Einzelteile aus dem Wohnhaus von Thomas Spahni abgeholt und in Chur zunächst gelagert. Immerhin sicher mehr als eine Tonne Säule, Achsenkreuz und Gewichte. Auf den ersten Blick waren alle Teile komplett und die Mechanik ließ sich sogar nach 40 Jahren Stillstand wieder bewegen.
Mitte Mai war erneut ein Termin angesetzt. Diesmal sollte der Zustand begutachtet werden.
Natürlich müssen alle optischen Einzelteile gründlich gereinigt werden. Wie es mit der Qualität der Optik aussieht, soll der Probebetrieb zeigen. Auch die Mechanik muß gesäubert und geschmiert werden. Faszinierend war aber, dass sich ausnahmslos alle Triebe, Lager und Zahnräder bewegen ließen. Kein Klemmen oder verharztes Fett.
Einzig ein Adapter zwischen Achsenkreuz und Koronograph muß neu hergestellt werden. Der ist wohl schon bei der Rettung aus der Werkstatt der ETH oder sogar noch früher verlorengegangen.
Leider gibt das Zeissarchiv in Jena praktisch nichts zum originalen Teleskop an die ETH her. Alle Aufzeichnungen sind dem Krieg oder späteren 'Konsolidierungen' zum Opfer gefallen. Einzig Briefe zu Verhandlungen über technische Details und den Kaufpreis sind erhalten.
Die Studiensammlung Kern im Stadtmuseum Aarau ist hingegen eine gute Fundgrube für Details zum Koronographen. Wir durften von allen Einzelteilen bis zur Zusammenbauzeichnung viele hilfreiche Unterlagen einsehen.
Für Mitte Juli ist dann endlich die eigentliche Restaurierung geplant. Wir werden versuchen, am Ende das Achsenkreuz mit dem Koronographen und dem Spektroskop zu montieren und zu bewegen. Dazu soll das Achsenkreuz auf eine Palette gestellt werden. Die Säule braucht man dafür nicht. Leider fehlt dann jedoch die nötige Höhe, damit die Gewichte das Uhrwerk in Bewegung setzen. Aber hier geht es zunächst um die Vollständigkeit. Eine Funktionsprüfung mit Justage der Geschwindigkeit usw. ist erst am endgültigen Aufstellort vorgesehen.
Wir haben uns dafür entschieden, den jetzigen Zustand zu konservieren. Wir werden also insbesondere den Anstrich nicht erneuern und fabrikneu herstellen, sondern nur an solchen Stellen retouchieren, wo es unbedingt nötig ist. Einzig des Zeiss-Leitrohr ist in einem Zustand, den man nur noch mit einer kompletten Neulackierung instandsetzen kann. An zu vielen Stellen ist Farbe abgeblättert.
Auffällig ist, daß beim Umbau von Zeiss-Refraktor auf Kern-Koronograph die Säule und das Achsenkreuz dieselbe Farbe erhalten haben, die auch der Koronograph hatte. Nur an einigen wenigen Stellen ist das originale Zeiss-Grau erhalten, allesamt aber nicht sichtbar.
Nach erfolgreicher Restaurierung ist der erste öffentlich Betrieb für das nächste Frühjahr angestrebt. Möglicherweise können wir aber noch in diesem Jahr alle Teile an den angedachten Platz transportieren, montieren und einen Probebetrieb durchführen.
Sobald der Aufstellort endgültig feststeht, werde ich auch darüber berichten.
Beste Grüße
Axel
PS
Waldmeier selbst schreibt anfangs Koronagraph und später erst Koronograph.