Beiträge von MartinB im Thema „Rotierende Linsen besser?“

    Hallo Gerd,


    Natürlich hast Du völlig Recht, dass Bildschärfe und Auflösungsvermögen zwei verschiedene Eigenschaften sind.
    Ich hab halt versucht, ein komplexes Thema in erträglicher Länge zu behandeln und da hab ich das leider verwurschtelt.


    Gruß,
    Martin

    Hallo Cornelius,


    Erst mal Willkommen im Astrotreff! (Liebe Forenkollegen, bitte etwas mehr Höflichkeit[8)]).


    Wir nehmen mal den allereinfachsten Fall, einen Parabolspiegel und Licht von einem Stern, das exakt von vorn kommt (auf der optischen Achse).
    Abbildungsschärfe bzw. Auflösungsvermögen dieses Spiegels hängen von der Oberflächengüte, dem wirksamen optischen Durchmesser und der Wellenlänge ab. Und von sonst nix.
    Sichtbares Licht hat ungefähr 1/2000 mm Wellenlänge. Die Abweichungen der Optik müssen erheblich kleiner sein als diese Zahl, um eine annähernd perfekte Abbildung zu erreichen.


    Licht besteht nicht aus "Strahlen" oder Teilchen, sondern es handelt sich um elektromagnetische Wellen, die sich praktisch ungehindert durch Vakuum ausbreiten und mit Materie wechselwirken. Die Energie kann dabei nicht kontinuierlich übertragen werden, sondern nur in bestimmten kleinstmöglichen "Häppchen". Die Häppchengröße ist nur von der Wellenlänge abhängig und wird Lichtquant oder Photon genannt.
    Diese Quanteneigenschaft spielt aber bei der Untersuchung der Lichtausbreitung keine Rolle, sondern nur bei der Berechnung der Energie, die man z.B. mit einem Bildsensor einfangen kann. Für das Verständnis der Bildschärfe ist also nur die Welleneigenschaft bedeutsam.


    Zum besseren Verständnis stellen wir uns nun ein eingefrorenes Wellenmuster vor. In der Praxis bewegt es sich natürlich wegen der Lichtausbreitung, aber es kommt hier auf die "relativen Phasenwinkel" an, also die Unterschiede, und die sind in jedem Moment immer die gleichen.
    Um eine gute kontrastreiche Abbildung zu bekommen, muss der gesamte Wellenberg einer Lichtwelle, die vom Teleskop eingefangen wird, gleichzeitig und auf einen Punkt gebündelt in der Bildebene ankommen. Wenn die gesamte Oberfläche des Teleskopspiegels höchstens ungefähr 1/10 Wellenlänge vom Idealwert abweicht, wird die Auflösung praktisch nur noch von der Wellenlänge und dem Durchmesser der Optik vorgegeben. Eine noch höhere Genauigkeit "merkt" das Licht nicht. Gute Amateurspiegelschleifer können solche Teleskopspiegel mit ungefähr 1/20000 mm maximalem Oberflächenfehler, das sind +- 50 nm Genauigkeit, heute einigermaßen routiniert herstellen (und messen!).


    Warum liefern größere Optiken schärfere Bilder?
    Rings um den hellen Fleck in der Bildmitte gibt es eine Zone, wo von einen Hälfte des Spiegels gerade eine positive Halbwelle ankommt und auf der anderen eine negative. Dann löschen sie sich gegenseitig aus und der Bereich in der Bildebene bleibt dunkel. Noch etwas weiter von der Mitte entfernt treffen wieder zwei Wellenberge aufeinander, hier gibt es einen hellern Ring, und so weiter. Daher wird ein weit entfernter Lichtpunkt vom Teleskop in ein "Beugungsmuster" abgebildet, mit einen sehr hellen Fleck in der Mitte ("Beugungsscheibchen") und mehreren immer schwächer werdenden Ringen drum herum. Auch ein perfekter Parabolspiegel kann wegen des Beugungsmusters nie 100% des Lichts ins Beugungsscheibchen leiten. Wenn ich mich recht erinnere, ist der theoretische Höchstwert ca. 83%. Die übrige Energie landet in den Ringen.
    Das Beugungsscheibchen in der Mitte ist um so kleiner, je größer die Optik ist und je kürzer die Brennweite und Wellenlänge sind.


    Bei weit entfernten Objekten wird die Schärfe eines Teleskops in Bogensekunden, also Winkelauflösung, angegeben Dadurch ist die Zahl unabhängig von Objektentfernung und Abbildungsgröße.

    Beispiel: Ein Spiegel mit 117 mm Durchmesser kann zwei Sterne mit 1 Bogensekunde (=1/3600°) Abstand noch mit einer dunklen Lücke dazwischen abbilden. Stehen zwei Sterne näher beieinander, scheinen sie im Teleskop mehr oder weniger zu verschmelzen.


    Das Beugungsmuster ist nur zu sehen, wenn die Optik, die Luftruhe und die Justage nahezu perfekt sind, sonst ist alles verschmiert oder es gibt Gezappel. Je größer das Teleskop, um so schwieriger wird es, seine "echte" Schärfeleistung in der Praxis zu nutzen.


    Übrigens: ein "Bildgezappel" würde auch auftreten, wenn die Optik rotiert! Rotieren bringt daher nichts, außer die Abbildungsfehler der Optik gleichmäßig in alle Richtungen zu "verschmieren".


    Ich hoffe, die Erklärung war verständlich und nicht zu lang!


    Gruß,
    Martin