Hallo Jörg,
Du bist vermutlich der älteste und erfahrenste von uns dreien. Ich hab schon gehört, dass das Thema Seeing jenseits des Weißwurstäquators noch mal ärger ist. Aus Radebeul kamen in der Vergangenheit richtig gute Sachen mit dem Intes Micro/APM 14" - ganz so schlecht scheint es da dann doch nicht zu sein?
Klar, wenn sich die Gegend stark aufheizt, geht auch bei mir nichts. Diesen August war es auch auf La Palma außergewöhnlich heiß. Da muss man dann lange warten, bis sich alles ausgeglichen hat. Der Wind auf La Palma hilft bei Ausgleich.
Temperaturunterschiede waren wohl auch das Hauptproblem meiner Sitzung vom 25.11.2020 am Trattberg auf 1540m m Höhe. Der Berg ist schon schneebedeckt. Vom Gipfel kommen dann kalte Fallwind mit minus Graden. Aus Süden kam warmer Fönwind mit 8°C plus. Der Boden hatte minus 3 °C. Das geht in Summe nicht und gibt kein sinnvolles Seeing. Im Tal hatte es minus 3°C - das geht dann überhaupt nicht wegen Inversionsschicht.
Der Gaisberg liegt etwas weiter im Norden und heizt sich im Sommer hoffnungslos auf. Momentan hängt an seinem Fuß eine dicke Nebeldecke und sorgt für schöne Isolation. Man beobachtet dort vom Gipfel aus, der noch nicht schneebedeckt ist, also keine Fallwinde. Der Wind kam laminar aus Nord, wenn auch wechselnd - in Summe funktionierte das momentan besser.
Zur Frage mit Farbverschiebung: das Thema stellt sich Gott sei Dank am Berg und auf südlicher Lage deutlich weniger. Farbverschiebung tritt bei mir sichtbar erst bei Planetenständen unter 40° auf und wird erst unter 20° störend. Das ist auch ein Vorteil von Höhe und Süden. Auf La Palma haben wir 2018 bis 20° über Horizont ohne ADC aufgenommen, aber halt RGB. Was ich auch kenne, ist variable Farbverschiebung. Da hilft dann nur ein Schmalbandfilter.
Binokularaufsatz: am Mikroskop in der Arbeit kann ich mir nichts anderes vorstellen. Am Teleskop hätte ich bei visueller Beobachtung zuerst andere Wünsche. Am Berg auf Leiter stehend, möglichst bei Wind und mit nach Süden abfallendem Abgrund weckt andere Bedürfnisse. Bin da ganz froh, dass ich nicht mehr zeichnen muss. Das wäre mir zu sportlich. Reinschauen muss ich aber trotzdem immer [;)]. Der Aufwand für Bino ist am Newton nicht ganz zu unterschätzen, von größerem Fangspiegel bis zu stabilerem Tubus und OAZ ist da einiges gefordert. Wenn das jemand auf Teleskoptreffen montiert hat, schaue ich immer gerne durch!
Guntram,
meine Spiegelschleiferfahrungen waren positiver. Mein 8"f6.5 Erstlingswerk ist bei mir immer noch im Einsatz - Duran 50, superglatt und Strehl 99%. Den 6"f10 habe ich nicht mehr - unpraktisch.
Den 18 cm Schiefspiegler hab ich noch in positiver Erinnerung - die Justage fand ich ein bischen schrecklich. Wenn das dann endlich gepaßt hat, war das ein tolles Gerät und besser als der 200f15 FH.
Deine Marserfahrung kann ich nachvollziehen aus meiner Sternwartenpraxis. Da wird dem wartenden Publikum immer erklärt, dass man mit wabbelndem Scheibchen rechnen muss, auf dem vielleicht mal eine Polkappe zu sehen ist - aber es ist wenigstens und primär orange Scheibe. Wenn dann Publikum weg ist, hab ich meist die Optik justiert, vernünftiges Okular eingesetzt, vernünftig scharf gestellt und sieh an - da war dann meist etwas mehr als nur die Polkappe zu sehen. Viele Leute in den Volksternwarten machen halt auch viel warme Luft, vor allem wenn sie vor der Teleskopöffnung oder in einer Kuppel stehen. Ein Fernrohr gehört justiert und individuelles Scharfstellen empfiehlst sich auch.
PS: Du mußt mal dein Profil korrigieren. Die 48 nehme ich Dir nach deiner Werdegangbeschreibung nicht ab[;)].
LG
Robert