Beiträge von Guntram im Thema „Mars – Verwegener Vergleich 180er Apo mit 1-m-Cass“

    Hallo Jörg,


    ja, die Selbstherstellung von Optik ist zeitaufwendig. Aber wenn man bedenkt, wie viele Stunden mit Nebensächlichkeiten verschwendet werden, sieht das auch wieder anders aus. Es ist eine Arbeit, die man mögen muss. Die einen stellen begeistert Spiegel um Spiegel her, die anderen schleifen ein paar Minuten herum und wissen dann, das ist nichts für sie.


    Ich habe vor einigen Jahren den Spiegel meines Newton überarbeitet, und das Instrument mit einem größeren Fangspiegel und einer Tubusbelüftung ausgestattet. Funktioniert jetzt viel besser, und wird mein Teleskop bleiben solange ich lebe.


    Viele Grüße,
    Guntram

    Hallo Robert und Jörg,


    dann werfe ich auch noch meinen Werdegang in die Runde.


    Als zwölfjähriger hatte mich die Astronomie fest in ihren Krallen. Viele Abende starrte ich den Mond mit dem guten 12x50 meines Vaters an, den ich mit einem selbst gebastelten Fernglashalter auf unserem windigen Fotostativ befestigt hatte.
    Mein Vater stellte den Kontakt zur Astronomischen Gesellschaft Rheintal her, und ich bekam auf einem Vereinsabend mit, dass man selbst einen Teleskopspiegel schleifen konnte. Das war es! Fertige Teleskope waren Ende der 1970er für uns völlig außer Diskussion: Viel zu teuer.


    So radelte ich einige Monate lang zwei Mal in der Woche in die benachbarte Schweiz, um den 160mm Rohling, den man mir geschenkt hatte, zu schleifen und zu polieren. Es war mühsam. Und dann stand noch das mythenumwobene Parabolisieren bevor! Dieser Arbeitsschritt, von dem die alten Hasen in der Schleifgruppe nur mit gerunzelter Stirn und gedämpfter Stimme sprachen, ängstigte mich. Manche hatten Monate für diesen letzten Schritt gebraucht.
    Kurz vor Weihnachten kam der Anruf, dass der pensionierte Optiker, der die Gruppe leitete, meinen Spiegel zum Geschenk parabolisiert hatte. Hurra!
    Nachdem das Teleskop fertig war, stellte ich atemlos vor Aufregung den Mars ein. Ein orangefarbenes, unscharfes Lichtlein geisterte im Oklar herum, auf dem nichts, aber auch gar nichts, zu erkennen war. Auf Jupiter gab es zwei flaue Bänder zu sehen, und Saturn zeigte so etwas wie Ringe, aber nicht die Spur der Cassini-Teilung.


    Ich war am Boden zerstört. Irgend etwas stimmte nicht, aber ich hatte keine Ahnung, was. Die alten Hasen zuckten mit den Schultern. Das sei halt so.
    Das Teleskop verschwand im Keller, und ich bin sicher, dass ich es in zwölf Jahren vielleicht drei Mal angerührt habe.


    Beim Versuch, herauszufinden, warum das Teleskop so wenig leistete, lernte ich einiges über Optik. Damals wurde die eingeschränkte Fähigkeit von Reflektoren für kontrastreiche Bilder im großen und ganzen auf die Obstruktion mit ihren geheimnisvollen "Beugungserscheinungen", von denen niemand etwas genaueres wusste, zurückgeführt. So wurde ich auf den Schiefspiegler aufmerksam, der vorher nur eine lächerliche Anordnung von Spiegeln und hin und wieder einer Linse war. Wie sollte, wie konnte das nur funktionieren? Langsam dämmerte mir, dass diese Bauart meinem Hang zum Selbstbau mit einfachen Mitteln wirklich entgegenkam.


    Ich holte mein Teleskop erst Mitte der 90er kurz nach der Familiengründung wieder hervor. Mittlerweile war auch klar, was damit los war: Nie richtig zentriert, der Parabolspiegel stellte sich als zünftige Hyperbel heraus, und der Rohling enthielt innere Spannungen, die je nach Temperatur Astigmatismus ausbildeten. Weiters endloses Tubusseeing, weil der Hauptspiegel aus schwerem Bariumkron nicht belüftet wurde.


    Die anfangs der 2000er Jahre aufkommenden Apochromaten waren interessant, aber halt immer noch eines, nämlich zu teuer.
    Die Lektionen des Spiegelschleifens waren nicht umsonst: 2000 hatte ich meinen ersten Schiefspiegler, einen 150mm f/15,7 fertig, und der lieferte begeisternde Bilder. Später folgte der 200er f/12, den ich jetzt hauptsächlich nutze, und der bildet ebenfalls exzellent ab- sogar ohne Parabolisieren!


    So findet jeder seinen Zugang, meistens aus einer längeren Entwicklung heraus. Es sind oft die Umstände, die den Ausschlag für ein bestimmtes Fernrohr geben. Bei mir kommt neben der praktischen Nutzung, visuell und fotografisch, auch noch das Interesse an der Entwicklung des Schiefspieglers in allen Varianten dazu.


    Viele Grüße,


    Guntram