Beiträge von JSchmoll im Thema „Dk, CC und RC Design“

    Hallo Stephan,


    die Beobachtungsbedinungen sind hier in Nordostengland gar nicht so schlecht, auch wenn das Seeing meist nicht mit kontinentalen Bedingungen mithalten kann. Das Wetter ist sehr instabil und schwer vorherzusagen, weswegen eine Sternwarte sehr praktisch ist, um kurzentschlossen rauszugehen.


    Zu Deiner These mit den Luftschlieren: Die Luftschlieren addieren sich ueber den Sehstrahl vom Teleskop bis zur Grenze der Atmosphaere. Allerdings nimmt der Luftdruck in zunehmender Hoehe ab, und der Seeingbeitrag dominiert in Bodennaehe. Zum Druck kommt ja auch die turbulente Interaktion mit der Erdoberflaeche und thermische Einfluesse derselben.


    Ist das Licht erstmal im Teleskop, erleidet es natuerlich Effekte durch die Luftschlieren eben dort. Wenn es aber das Objektiv (Linse oder Spiegel) passiert hat, nimmt der Durchmesser des Strahlenbuendels ab, waehrend der Abstand zur Pupille zunimmt. Beides bedeutet, dass sich Luftschlieren weniger stark bemerkbar machen. Die Brechzahlaenderung ueber den Strahlbuendelquerschnitt nimmt ab, und auch die Auswirkungen einer Winkelaenderung eines Einzelstrahls auf die Querabweichung in der Fokalebene wird geringer.

    Hi Stephan,


    aber ein geschlossenes System ist genauso stark von dieser Art Seeing betroffen, da die Schlieren sich vor dem Teleskop befinden. Eine Ausnahme sind Gittertuben oder unterbrochene Tuben (z.B. Schiefspiegler), wo bei den richtigen Windverhaeltnissen Waermeschlieren des Beobachters in den Strahlengang geraten koennen.


    Dein Beispiel mit dem Forschungsteleskop in der Kuppel ist uebrigens veraltet. In den alten Tagen hat man so gebaut. Zum Beispiel konnte die Kuppel des 3.5m-Spiegels am Calar Alto so eingestellt werden, dass das Fernrohr durch ein "Fenster" rausschaute. Das Resultat war hundsmiserables Kuppelseeing, und heute macht man Fenster in die Kuppelseiten (sogenannte "Vents"), die sich oeffnen lassen, um Durchzug zu erzeugen. Wenn man nur eine Oeffnung in der Kuppel hat, dann muss ja (bildlich gesprochen) jeder Pups des Beobachters vor der Teleskoppupille vorbei, und dementsprechend schlecht ist das Seeing. Wenn dann auch noch beheizte Raeume im Kuppelbau liegen, deren Abwaerme in den Beobachtungsraum geraet, oder Abwaerme des postfokalen Instruments entsteht, dann ist das Seeing schnell furchtbar und die Leistung des Grossteleskops bricht ein. Deshalb gibt es Regeln, wieviel Abwaerme ein Instrument am Teleskop haben darf, und gegebenenfalls wird die Abwaerme per Fluessigkeitskreislauf aus der Kuppel geschafft.

    Hi Stephan,


    wenn das Bild nach drei Stunden immer noch unruhig ist, dann ist es nicht mehr das nunmehr ausgekuehlte Teleskop, sondern definitiv die Luftunruhe ausserhalb. Denn die Spiegel sind bis dahin ausgekuehlt. Solange sich also keine Waermequelle im Tubus befindet, muss die Turbulenz von ausserhalb kommen.

    Gerd,


    schoene Zusammenfassung. Was noch hinzuzufuegen ist, ist die Bildfeldkruemmung. Die nimmt zu, wenn das optische System weniger "entspannt" ist, d.h. wenn die Hauptspiegelbrennweite geringer ist und der Fangspiegel einen hoeheren Vergroesserungsfaktor hat. Das macht das System zwar kompakter, aber es erhoeht auch die Bildfeldwoelbung, was gerade in der Fotografie mit groesseren Sensoren (oder damals Fotoplatten) hinderlich ist.

    Hi Stephan,


    noch zu den Turbulenzen: Im offenen System zeigen diese sich am Anfang der Beobachtung, also beim Auskuehlen, deutlicher. Das geschlossene System ist hier traege. Allerdings dauert das Auskuehlen beim geschlossenen System deutlich laenger, sodass man zwar weniger Stoerungen sieht, diese aber laenger da sind. Beispielsweise der "Warmluftsee" oben an der Korrektorplatte, der das defokussierte Sternscheibchen tropfenfoermig aussehen laesst. Ich habe das mal bei einem russischen 7" f/15 Maksutov-Cassegrain erlebt. Zwei Stunden Tropfenform, dann endlich ausgekuehlt und dann auch gleich der Korrektor beschlagen. Gerade der Taubeschlag nervt, zusammen mit der langen Auskuehlung, sodass ich persoenlich offene Systeme bevorzuge. Aber das haengt natuerlich von den auesseren Gegebenheiten ab - Instrumentengroesse, transportabel oder Sternwartengeraet, Taukappe oder Tauheizung montiert und so weiter.

    Hi Stephan,


    "Retusche" in der Optik ist kein Mogeln, sondern eine legitime Formaenderung einer optischen Flaeche. Man sagt im Englischen auch "figuring" dazu, beispielsweise das Parabolisieren eines sphaerischen Spiegels. Das sind alles ganz kleine Abtragungsmengen, die erst beim Polieren erfolgen und einem Spiegel die zugedachte konische Konstante bringen. Amateurspiegelschleifer machen das gewoehnlich, um einen Parabolspiegel zu erlangen und es ist mehr Messen als Polieren. "Retusche" klingt ein bisschen nach Nachbesserung oder Kaschieren eines Missgeschicks, ist aber in diesem Fall geplant und notwendig. Vielleicht eine ungeschickte Wortwahl. "Figurieren" (engl. "figuring") hat sich leider nicht etabliert.


    Das RC hat ein grosses Feld und runde Sternabbildungen bis in die Ecken, was fuer die astronomische Positionsmessung (Astrometrie) foerderlich ist. Alle Systeme sind auf der Achse perfekt, aber das Dall-Kirkham ist einfacher in der Herstellung. Gerade fuer Amateure, da der Fangspiegel (konvex, schwerer zu pruefen) sphaerisch bleiben kann. Deshalb ist das Dall-Kirkham entweder fuer Planeten spezialisiert (lange Brennweite, kleiner Fangspiegel, Verwendung nahe der Achse), oder er wird mit einem Feldkorrektor versehen. Dann kann er auch grosse Felder, beispiel Orion Optics ODK oder Planewave-Astrografen.

    Hi "Quilty",


    das Airyscheibchen bereichnet sich als Winkelgroesse durch 1.22 lambda/D, wo lambda die Wellenlaenge und D der Optikdurchmesser ist. Vergroesserst Du D, dann wird das Beugungsscheibchen kleiner. Allerdings musst Du beim Blick durchs Fernrohr bei beiden Fernrohren die gleiche absolute Vergroesserung benutzen, um die Beugungsscheibe beim groesseren System kleiner zu sehen. Die Gesamthelligkeit des Abbildes ist viermal hoeher, aber die Flaechenhelligkeit nimmt aufgrund der kleineren Beugungsscheibe zu. Dieser Vorteil geht aber in der Praxis meist durch die Luftunruhe verloren.


    Zu den Asphaeren - die werden in der Optik auch gern als "konische Konstante" (abgekuerzt "CC" fuer "conic constant") bezeichnet. Eine Sphaere hat CC=0, ein Parabolspiegel CC=-1 und eine Hyperbel liegt jenseits der -1. Bei den Ellipsenformen gibt es die Unterscheidung der prolaten ("steilen") Ellipse (CC zwischen 0 und -1) und der oblaten "flachen" Ellipse mit CC groesser 0. Alle diese Formen sind Kegelschnitte.