Hallo,
ich habe bezüglich der optischen Randbedingungen nochmal versucht die unterschiedlichen ADC-Typen zu simulieren, hauptsächlich um eine Idee zu bekommen, welche Stellschrauben bei einer DIY-Version eigentlich bestehen. Bezüglich technischer Ausführung gibt es, wie schon oben im Thread angeklungen zwei Varianten.
Die Erste ist der Radiale ADC, bei welcher zwei Prismen gegenläufig verdreht werden. Wenn sich die beiden Prismen gespiegelt gegenüberstehen, ergibt sich ein Prisma mit dem doppelten Winkel, welches die maximale dispersive Korrektur bewirkt. Dreht man ein Prisma um 180° weiter, bewirkt diese Stellung fast keine Korrektur. So funktionieren bspw. die käuflich angebotenen ADCs von Zwo, TS usw.
Die Zweite ist der Lineare ADC, bei welcher zwei gegenläufig gegenüberstehende Prismen in ihrem Abstand verstellt werden. Wenn der Abstand 0 ist, wirkt der ADC wie eine planparallele Platte, mit fast keiner dispersiven Korrektur. Wenn man den Abstand vergrößert, steigt die dispersive Wirkung und somit die Korrektur.
Prinzipiell ist festzustellen, dass die optische Qualität dieser beiden Typen mit normalen Prismen sich nicht großartig unterscheidet, wobei aber der Radiale ADC durch seine kompakte Bauweise vorteilhaft scheint.
Die eigentlichen Stellschrauben sind dann die Formgebung der Prismen und die verwendeten Glasssorten.
Vieleicht ganz kurz zusammengefasst, geometrische Abberrationen treten auf, wenn schräge Flächen im Strahlengang stehen, je schräger desto problematischer.
Deshalb gibt es für die Prismen zwei Kriterien zu erfüllen:
- der Prismenwinkel sollte so klein wie möglich sein, also muss für die gleiche optische Wirkung die Brechzahl des Glases so groß wie möglich sein
- das Glas sollte eine möglichst hohe Dispersion aufweisen, die Abbe-Zahl des Glases sollte also so klein wie möglich sein
Diese beiden Punkte sind bei den derzeit käuflich erwerblichen ADCs mit BK7 oder Quarzglas als Prismenmaterial eigentlich ziemlich schlecht erfüllt. Niedrige Brechzahl und relativ hohe Abbezahl erfordern große Prismenwinkel, welche die optische Qualität bei großen Korrekturen sehr stark verschlechtern. Hauptsächlich tritt dann Astigmatismus auf. Besser sind hier bspw. SF-Gläser wie SF57 von Schott oder als Maximum SF59. Dieses hat eine Brechzahl von fast 2 und eine sehr niedrige Abbe-Zahl. Leider ist die Transmission des SF59 im Blauen nicht so gut, sodass hier das SF57 oder bspw. das transmissionsoptimierte SF57HHT hier besser wäre. Wie es um die Beschaffbarkeit und Bearbeitbarkeit der Gläser steht, weiss ich leider nicht.
Vielleicht auch nochmal ein paar Zahlen:
Randbedingungen für dei Simulation waren:
- Simulation einer ideale Abbildung des Teleskops mit paraxialer Linse - Brennweite=6000mm Apertur=300mm also F/20
- Wellenlängen Polychromatisch 0,45µm; 0,55µm; 0,65µm
- Prismenwinkel optimiert für Korrektur eines maximalen Zenithwinkels von 80° (Planeten)
Prismenmaterial/erforderlicher Prismenwinkel:
Fused Silica 7,1°
BK7 - 6,3°
F2 - 3,3°
SF57HHT - 1,7°
SF59 - 1,3°
Die Simulationen ergeben, dass man ohne Korrektor bei Luminanzaufnahmen >35° schon nicht mehr beugungsbegrenzt ist. Mit BK7 und FusedSlica bei Azimutwinkeln ab 45°. Die höherbrechenden und höherdispersiven F2, SF57HHT und SF59 sind dagegen bis 80° in etwa beugungsbegrenzt. Falls es gewünscht ist, kann ich die Simulationsreports und Spotdiagramme noch nach und nach hier einstellen.
Eine andere Möglichkeit die geometrischen Aberrationen aufgrund der schrägen Flächen zu vermeiden, ist die Variante jeweils zwei Prismen mit gleichen Winkeln, aber unterschiedlichen Glassorten (gleiche Brechzahl, aber möglichst stark unterschiedliche Abbezahl) zu verkitten, sodass eine planparallele Platte ensteht, welche aber trotzdem eine Dispersion bewirkt. Es handelt sich dann sozusagen um ein "Geradsichtprisma". Hiermit lässt sich auch leicht eine Korrektur für Azimutwinkel bis 80° erreichen, bei beugungsbergrenzter optischer Qualität. Vorteilhaft ist hier aber noch zu erwähnen, dass die optische Achse bei Änderung der Prismenstellung im Gegensatz zu den gewöhnlichen Prismen nicht auswandert und auch die Feldkorrektur ist besser, da die Focal-Ebene plan bleibt und auch nicht kippt. Dies ist bei Verwendung normaler Prismen leider festzustellen. Dieses Prinzip wird übrigens in den hochwertigen ADCs von Gutekunst angewendet.
Gruß Tino