Beiträge von reinhard.mueller im Thema „Alois Ortner“

    Liebe Astro-Kollegen von Alois!


    Wir sind überwältigt von der Welle des Mitgefühls und der Sympathie, die uns aus euren Beiträgen hier entgegenschlägt. Die Anerkennung und Wertschätzung, die ihr hier ausdrückt, macht uns zuversichtich, dass Alois in eurer Erinnerung und in euren Herzen weiter da sein wird, und dass er viele Nacheiferer gefunden hat, die sein Werk mit der selben Liebe und der selben Leidenschaft weiterführen werden, die er für die Astronomie und die Optik gezeigt hat.


    Ganz besonders bedanken möchten wir uns bei allen Kollegen, die Alois in den Monaten der Krankheit noch besucht und ihm Kraft und Mut gespendet haben. Sein Wissen, etwas wichtiges beitragen zu können, ja, zu müssen, hat ihn buchstäblich am Leben erhalten.


    In der Hoffnung, dass es euer aller Bild von Alois abrundet und vervollständigt, senden wir euch hiermit auch seinen Lebenslauf, den wir für die Trauerfeierlichkeiten zusammengestellt haben.


    Mit dankbaren Grüßen
    Reinhard Müller (Schwiegersohn)
    im Namen der Trauerfamilien



    Alois Ortner erblickte am 8. März 1938 im Wallfahrtsort Maria Luggau im Kärntner Lesachtal das Licht der Welt. Er wuchs als Einzelkind auf, sein Vater war Bauer und Schuhmacher. Sein Weg in die Volksschule, die er 8 Jahre lang besuchte, führte den steilen Hang bis zur Gail hinunter und auf der anderen Seite des Tales wieder hoch. Gerne hat er uns dann später von seinen Streichen aus der Jugendzeit erzählt, wie er beispielsweise mit dem Fahrrad den Bergbach hintuntergerauscht ist, oder über den Blitzableiter in die Mädchenzimmer des Klosters geklettert.


    Als er eines Tages im Alter von 16 Jahren auf dem elterlichen Bauernhof den Hühnern beim Scharren zuschaute, sah er etwas, das sein Leben verändern sollte: etwas blitzte am Boden – er nahm es auf – es war die Linse eines zerbrochenen Fernrohres. Beim Kühe Hüten hatte er viel Zeit, sich mit seinem Fund zu beschäftigen und zu überlegen, was man damit anstellen könnte. Schlussendlich baute er sich mit dieser Linse und einem aus Holz geschnitzten Kasten einen Fotoapparat – wohlgemerkt: einen vollkommen funktionsfähigen Fotoapparat. Der Berufsfotograf Alexander Niedermeyer – sein Bruder war der Gründer des berühmten Fotogeschäfts – traf den jungen Erfinder bei einer Fototour durch die Kärnter Berge und war so begeistert von ihm, dass er ihm einen Vergrößerungsapparat schenkte, und zu Weihnachten bekam er von der Firma Agfa eine professionelle Kamera, die ihn endgültig dem Fotografenfieber verfallen ließ.


    Es zog den „Loisl“ rasch hinaus in die große Welt – oder was man damals darunter verstand. Mit Anfang 20 zog er nach Innsbruck, wo er zuerst noch im Kolpinghaus wohnte und sich als Hilfsarbeiter seine Brötchen verdiente. Bald bewarb er sich bei der Firma Swarovski um eine Lehrstelle, wurde aber abgelehnt: man hielt ihn mit 24 Jahren für „zu alt, um noch etwas zu lernen“, er wurde nur als Hilfarbeiter eingestellt.


    Während seines Militärdienstes verstarb seine Mutter, er wurde freigestellt und fuhr zurück auf den elterlichen Hof. Immer noch fasziniert von Linsen und Spiegeln baute er sich über den Winter selbst ein Fernrohr – nach einer Anleitung aus einem Buch. Als er es mit zu Swarovski brachte mit der Bitte, ob man nicht die Genauigkeit nachmessen könnte, waren seine Vorgesetzten so erstaunt von der Qualität seiner Arbeit, dass er schlussendlich doch die Lehre als Feinoptiker antreten durfte.


    Am 27. September 1965 heiratete Alois seine Gretl, eine Tirolerin, die er, ein Kärntner, auf dem Steirerball kennengelernt hatte. Zuerst wohnten sie noch in Amras, und nachdem 1967 ihr Sohn Bernhard zur Welt kam, zogen sie in eine größere Wohnung nach Absam um. 1969 wurde ihre Tochter Sabine geboren.


    Auf Empfehlung eines Freundes wechselte er zur Firma Wild in Heerbrugg in der Schweiz. Er zog nach Mäder, legte die Meisterprüfung ab und entwickelte sich über die Jahre zu einer Koryphäe auf seinem Gebiet und zum „Spezialisten für die schwierigen Fälle“ im Unternehmen, der sogar noch weit über seine Pensionierung hinaus um Rat und Hilfe gebeten wurde, wenn es beispielsweise darum ging, hochpräzise Linsen oder Spiegel für Weltraumteleskope oder Satelliten herzustellen.


    Auch in seiner Freizeit konnte er die Finger nicht von Linsen uns Spiegeln, Fernrohren und Teleskopen lassen. Er war aktives Mitglied und später Ehrenmitglied bei den Vorarlberger Amateur-Astronomen, und sein Hobbykeller ist geradezu legendär. Ablenkung und Zerstreuung fand er im Schachspiel oder langen Wanderungen in den Bergen. Auch in der Pfarre engagierte er sich: im Pfarrgemeinderat, später als Lektor und schließlich als Kommunionhelfer. 18 Jahre lang leitete er das katholische Bildungswerk Mäder und die daran angeschlossene Elternschule.


    Im Urlaub zog es ihn meist zurück in seine alte Heimat nach Maria Luggau, zu seinen Freunden aus der Jugend und vor allem zu seinen Verwandten, mit denen er den Kontakt nie abbrechen ließ. Überhaupt war ihm die Familie immer sehr wichtig, und mit seinen drei Enkelinnen Katja, Simone und Veronika hatte er viel Freude. Und so war es für ihn auch selbstverständlich, dass ich, sein Schwiegersohn, die ersten zwei Monate nach Katjas Geburt zusammen mit Frau und Kind im Haus Böckwies 17b wohnen durfte.


    Genau in diesen zwei Monaten war es auch, ich erinnere mich, als ob es gestern gewesen wäre, dass Luis von der Arbeit nach Hause kam und erzählte, man hätte in der Firma alte Computer verschenkt, er hätte einfach mal einen mitgenommen, ob ich ihm nicht zeigen könne, was man denn so damit machen kann. Und innerhalb kurzer Zeit lernte er die Welt des Internet kennen und damit umzugehen. Über Facebook, E-Mail, Sykpe und Online-Foren knüpfte er Kontakte in die ganze Welt, und bald war er buchstäblich rund um den Globus für sein Fachwissen und seine Hilfsbereitschaft bekannt und geschätzt. 2014 benannte die Weltraumbehörde NASA einen neu entdeckten Kleinplaneten zu seinen Ehren „Aloisortner“, und sie begründete es damit, dass er „einen ausgezeichneten Ruf als Feinoptiker und Berater in optischen Fragen“ habe. Sogar die Kronen-Zeitung und Servus TV berichteten ausführlich über seinen Aufstieg vom Bergbauernhof in den Weltraum.


    Und so, wie er in seinem Leben für alle da war, die seine Hilfe gebraucht haben, so waren seine Freunde dann für ihn da, in der Zeit seiner schweren Krankheit, gegen die er wie ein Löwe gekämpft hat. Es war und ist für uns Angehörige ein riesiger Trost, zu sehen, wie so viel von der Liebe und Freundschaft, die er während seines ganzen Lebens gegeben hat, in seinen schweren Stunden wieder zu ihm zurückgekommen ist, und wir möchten uns bei allen dafür bedanken.