Beiträge von b_schaefer im Thema „Kaufempfehlung (Olympus, Nikon)“

    Abgesehen davon, dass Ferngläser wirklich extrem individuell unterschiedlich „funktionieren“, weil der eigene Sehapparat immer zum Fernglas passen muss, gibt es trotzdem ein paar Hinweise, die man bedenken sollte.


    Sterne, insbesondere helle Sterne und Planeten sind so ziemlich das schwierigste, was ein Fernglas abbilden muss. Das hat mehrere Gründe:


    1. Die Konzentration auf so kleine Objekte macht dem Beobachter jedes Wackeln überdeutlich bewusst. Selbst 7x und 8x führt zu sehr unruhigen Eindrücken, wenn man sich auf einzelne Sterne (oder allgemein sehr kleine Objekte) konzentriert. Während man mit dem gleichen Fernglas tagsüber eine größere Szene scheinbar ruhig beobachten kann, wird einem also das gleiche Fernglas nachts möglicherweise frustrieren, weil der beobachtete Planet wie ein Tischtennisball durchs Bildfeld hüpft.


    2. Eine Möglichkeit, das unvermeidliche Wackeln so weit wie möglich zu reduzieren ist die Auswahl eines gut zu greifenden Fernglases im richtigen Gewichtsbereich. Ich hatte mal ein sehr schönes Leica Ultravid 8x42 BL, das war einfach zu schlank für meine Hände. Ich konnte es nicht sicher genug greifen und hielt es immer eher mit den Fingerspitzen. Daher wackelte es natürlich auch erheblich. Auch zu leicht darf ein Fernglas nicht sein, sonst gibt es jedes Zittern des Halteapparates (Körper, Schulter, Arme, Hände) gnadenlos an den Sehapparat weiter. Ein zu schweres Glas hingegen führt schnell zu Anspannung und damit auch wieder zu wackeln. Mein persönlicher Wohlfühlbereich liegt zwischen ungefähr 550g und 800g. Zugegeben, ein schmaler Bereich, aber ich bin eher lang (Hebelwirkungen) und nicht sonderlich muskulös.


    3. Eine sehr angenehme Möglichkeit, dem Wackeln zu begegnen, ist ein Bildstabilisator. Allerdings arbeiten nicht alle gleich gut, manchmal führen sie auch andere Probleme ein (z.B. das „Schwimmen“ der Schärfeebene bei manchen Canon IS Gläsern). Und es gibt natürlich weniger Auswahl bei höheren Preisen.


    4. Sterne sind noch aus einem anderen Grund extrem unkooperativ gegenüber Ferngläsern. Sie zeigen alle möglichen Bildfehler am deutlichsten. Farbquer- und -längsfehler, Astigmatismus, Bildfeldwölbung. Die Sterne werden als bunt, bekommen kleine Schwänzchen oder werden zum Rand hin einfach unscharf. Es gibt auch kaum Ferngläser (schon gar nicht im angepeilten Preisbereich), die davon größtenteils frei sind. Daher wird es immer darum gehen, welchen Kompromiss man in Kauf nimmt. Mein derzeitiges Lieblingsglas (Nikon EII 8x30) macht z.B. zum Rand hin aus den Sternen kleine, konzentrische Kreissegmente. Trotzdem macht es am Nachthimmel viel Spaß.


    Was wäre also ein mögliches Fazit? Am meisten Spaß hatte ich bisher zum einen mit einem Meopta MeoPro 6,5x32. Nicht zu leicht und wunderbar ergonomisch geformt. Ich kann es gefühlt stundenlang ruhig halten. Die Schärfe im Zentrum können andere etwas besser, aber dafür ist der Schärfeabfall zum Rand hin nicht so deutlich. 8,4° Gesichtsfeld sind super zum Orientieren, da passen halbe Sternbilder rein. Ich hatte damit unter dunklem Landhimmel eine wunderbare Nacht mit ca. 20 Messierobjekten und Asterismen und den bisher besten Blick auf die Andromedagalaxie mit schwacher Wahrnehmung der Spiralarme.


    Zum anderen hatte ich sehr eindrucksvolle Beobachtungen mit einem Canon 18x50 IS. Hier kann man dann tatsächlich schon von „Vergrößerung“ sprechen, man schaut in einem Bereich, den auch kleine Teleskope liefern können.


    Letztlich werde ich mich aber von beiden Gläsern wieder trennen. Das kleine MeoPro liefert auf Dauer doch zu wenig Vergrößerung und auch das scheinbare Gesichtsfeld ist nicht überwältigend. Es fehlt insgesamt etwas Wow-Faktor. Das Canon hingegen ist nicht nur groß und schwer (wenn auch gut zu greifen), es hat auch einfach zu viele Schwächen in der Abbildung heller Sterne/Planeten, um wirklich für mich universell nutzbar zu sein.


    Ich bleibe also bei meinem auf Stativ montierten Glas mit abgewinkeltem Einblick (bequem und optisch beinahe kompromisslos) und dem leichten, weitwinkligen Nikon 8x30.


    Soweit mein Senf, ich hoffe, da lässt sich was entnehmen.


    Viele Grüße
    Sebastian