Beiträge von nightonearth im Thema „Was für Schrittmotoren für meine Rupp M.3?“

    Hallo Rainmaker,


    bei einem Getriebe mit 1 : 5 2/11 komme ich mit 288 Zähnen auf dem Schneckengetriebe, 200 Schritten pro Umdrehung und 16 Mikroschritten auf eine Schrittweite von 0.27". Das ist wahrscheinlich für alle Anwendungen ausreichend (ich habe aber mit Photographie noch keine Erfahrung).
    Man könnte die Schrittweite noch weiter reduzieren, indem man noch mehr Mikroschritte vorsieht. Es gibt Treiber, die 256 Mikroschritte o.ä. können. Da wird es aber irgendwann esoterisch bzw. sehr kompliziert: Kann der Treiber die Ströme in den Strängen wirklich auf unter 1% genau einstellen (was dann nötig wäre)? Wie präzise sind die Schritte dann wirklich?
    Ich habe mich auf 16 Mikroschritte beschränkt, weil ich dann Halbschritte mit ca. 1" habe und die sollte der Treiber schon einigermaßen präzise einstellen können.


    Umschalten von Mikroschritt auf Vollschritt halte ich auch für wichtig, sonst kann ich mir kaum vorstellen, daß man eine anständige Geschwindigkeit erreicht. Wenn Du mehrere Angebote hast von Leuten, die Dir die Steuerung bauen, dann sollten die auch in der Lage sein die Anzahl der Mikroschritte dynamisch anzupassen (das hab' sogar ich hinbekommen).


    Wenn ich die Qual der Wahl zwischen mehreren Motorvarianten hätte, würde ich auf die Induktivität der Stränge achten (das ist die Geschichte mit dem Strom "pressen"). Je geringer die Induktivität, desto schneller wird der angestrebte Strangstrom bei einer festen Versorgungsspannung erreicht. Das sollte dann auch bedeuten, daß eine schnellere Schrittfolge möglich wäre. Ob dann aber auch das Drehmoment des Motors automatisch abnimmt, entzieht sich meiner Kenntnis. Da hilft dann nurnoch beharrliches Vergleichen von Drehmomentkurven. Die werden häufig in den Datenblättern oder als Extra-Info mitgeliefert.


    High Precision, High Torque oder Standard? Da hab' ich mir nie einen großen Kopf drüber gemacht. Die Schneckenwelle konnte ich mit der bloßen Hand drehen. Das Haltemoment des Schrittmotors kann ich mit bloßer Hand nicht überwinden - auch ohne Getriebe nicht. Deshalb sehe ich den Bedarf für High Torque nicht. Wie schon gesagt: Das Getriebe des NEMA14-Motors hat mich überzeugt - und das war Standard. Das schlimmste, was Dir passieren kann, ist daß Du das Geld für einen Standard-Motor in den Sand setzt. Und das liegt bei ca. 25€ pro Motor für ein Standardgetriebe.


    Das würde dann auf etwas wie OMC 17HS19-1684S-PG5 hinauslaufen. Natürlich ohne Gewähr, weil nicht ausprobiert.



    Viele Grüße


    Jesco

    Hallo Rainmaker,


    in der Vergangenheit sind 3 Montierungen Opfer meiner Machenschaften geworden: Eine Vixen Superpolaris habe ich remotorisiert, eine Montierung eines Selbstbauers und eine Vixen Sensor habe ich neu mit Motoren bestückt.


    Zuerst dachte ich: Je kleiner die Übersetzung des Getriebes, desto genauer wird die Nachführung. Und der Motor muß ohnehin groß sein und mit viel Strom betrieben werden. Deshalb habe ich ohne nachzudenken einen NEMA17 mit 1:100-Getriebe besorgt und geguckt, wie weit ich komme.


    Im Laufe der Zeit wurde mir klar: Die Nachführung hat zwei Limits:


    1. Die minimale Schrittweite
    2. Die maximale Verfahrgeschwindigkeit


    Zum ersten Punkt sagte mir der Selbstbauer der zweiten Montierung: Wenn Du eine Schrittweite von 0.1 Bogensekunden erreichst, bist Du auf der sicheren Seite. Weniger hat keinen Sinn, weil Deine Auflösung mit verfügbaren Amateurinstrumenten (ca. 0.5 Bogensekunden bei 8 Zoll Öffnung) deutlich darüber liegt und die Begrenzung durch das Seeing ohnehin (>1.0 Bogensekunden).
    Der Vollkreis hat 360 * 60 * 60 = 1 296 000 Bogensekunden. Also müßte man auf etwa n = 13 Millionen Schritte pro Umdrehung kommen. n berechnet man folgendermaßen:


    n = ns * ng * nm * ne


    Dabei ist
    ns die Anzahl der Zähne der Schnecke
    ng die Übersetzung des Getriebes
    nm die Anzahl der Schritte des Motors je Voller Umdrehung
    ne die Anzahl der Mikroschritte der Schrittmotorsteuerung


    Bei meiner Super-Polaris habe ich ns = 144, ng = 26 103/121, nm = 200 und ne = 16. Damit erreiche ich etwa 12 373 000 Mikroschritte je Umdrehung. Der Motor ist ein NEMA11 (Dong Zheng Motors 28JXS40K27G/28STH32-0674B) mit einem maximalen Strangstrom von 0.67A. Ich betreibe ihn aber nur mit etwa 100mA. So ist er schön leise und das Drehmoment reicht immernoch locker aus.
    Bei der maximalen Verfahrgeschwindigkeit gehe ich zuerst vom Mikroschrittbetrieb auf Vollschritt-Betrieb und fahre die Schrittfrequenz dann auf ca. 2kHz hoch.


    Die maximale Schrittgeschwindigkeit kann durch 3 Faktoren begrenzt sein:


    1. Der Controller kann die Pulse nicht schnell genug steuern. Dies ist dann der Fall, wenn bei jedem Schritt nicht nur ein Signal an den Schrittmotortreiber abgegeben werden muß, sondern z.B. die aktuelle Position überprüft werden muß, um der Goto-Funktion zu sagen, wann sie abbrensen soll.
    2. Das Drehmoment des Motors reicht bei der hohen Schrittgeschwindigkeit nicht mehr aus, um die Montierung anzutreiben
    3. Die Zeit zwischen den Schritten reicht nicht mehr aus, um den Zielstrom in den Schrittmotorwicklungen zu erreichen


    Meiner Erfahrung nach ist der 3. Punkt der kritischste und er 2. der unwichtigste. Daher kann es sein, daß der Motor mit WENIGER als dem maximalen Strangstrom eine HÖHERE maximale Schrittgeschwindigkeit erreicht. Angenehmer Nebeneffekt ist – wie bereits erwähnt – daß der Motor dadurch leiser wird.


    Schneller wird man demnach, indem man mit höherer Versorgungsspannung arbeitet. Das bewirkt, daß der Strom schneller in die Spulen des Motors „gepreßt“ wird. Dadurch wird der angestrebte Strangstrom früher erreicht und eine höhere Schrittgeschwindigkeit ist möglich. Ich schreibe dies, ohne das Verhalten des Schrittmotortreibers bis ins letzte Detail mit einem Oszilloskop überprüft oder die theoretischen Limitierungen nachgerechnet zu haben. Dies sind nur die Erklärungen, die ich mir als plausibel zurechtgelegt habe aufgrund der Ergebnisse meiner Versuche. Man kann das sicherlich meßtechnisch genauer bearbeiten oder sich dem auf theoretischem Wege nähern.


    Die Maximale Verfahrgeschwindigkeit ist übrigens:


    V = 360° * fSchritt / (ns * ng * nm * ne) = 360° * 2kHz / (144 * 26 103/121 * 200 * 1) = 0.93°/s


    Wobei ne = 1, weil der Motor bei Maximalgeschwindigkeit im Vollschrittbetrieb gefahren wird. Das ist also mehr als 200-fache siderische Geschwindigkeit.


    Wer mehr Maximalgeschwindigkeit will, der kann also auch eine noch schwächere Übersetzung wählen. Deshalb habe ich bei der Vixen Sensor (ns = 144) zu einem NEMA14 mit ng = 19 38/187 und nm = 200 von OMC gegriffen (Typbezeichnung: 14HS13-0804S-PG19). Damit kann ich also schneller verfahren. Überrascht war ich, wie viel präziser das Getriebe war als das des ersten Motors: Wenn ich vor und zurück in RA wie DEC fahre, reagiert die Montierung sofort. Ein Spiel im Antriebsstrang ist fast nicht festzustellen.


    Ob die Motoren/Getriebe von OMC generell besser sind als die von Dong Zheng, weiß ich nicht: Die bisher nicht weiter erwähnte Montierung des Selbstbauers habe ich mit Dong Zheng Motors 38JXS60K27G/42STH38-1684B ausgerüstet. Das Spiel scheint mir bei diesen Motoren deutlich geringer zu sein als bei der NEMA11-Variante. Hier konnte ich aber noch keine umfangreichen Erfahrungen sammeln, weil das Schneckenspiel bei dieser Montierung noch erheblich ist.


    Ich kenne die Rupp-Montierung nicht, kann mir aber vorstellen, daß es ein wuchtiges Gerät ist. Trotzdem kann man in Betracht ziehen, nicht die größten Motoren zu nehmen - Drehmoment war nie mein Problem. Vielleicht reicht ein NEMA17 mit einer Übersetzung von 1:14.


    Mich würde bei der Gelegenheit auch interessieren, welche Erfahrungen andere Selbstbauer mit verschiedenen Motoren und insbesondere Getrieben gemacht haben.



    Viele Grüße


    Jesco