Hallo zusammen,
sorry, es hat etwas gedauert, doch nun geht weiter. In der zweiten Hälfte des Urlaubs standen in erster Linie Galaxien auf dem Programm, dann aber auch noch Kugelsternhaufen und zum Schluss die ersten Teile der südlichen Sommermilchstraße. Der Löwe stand 'schon' um 2 Uhr im Süden, die Jungfrau um 4 Uhr. Meist habe ich mir für den Virgo-Haufen den Wecker gestellt, das schien mir bequemer.
<i>Die Mandelblüte in Cueva del Aqua, einige hundert Meter unterhalb der Casa el Colmenero </i>
Im Löwen habe ich in erster Linie das Leo-Triplet, NGC 2903 und dann die Region mit M96, M97 sowie das Triplett mit M105 und diverse NGC Galaxien nördlich davon angeschaut. NGC 2903 zeigt bei 32x Vergrößerung schöne Ausläufer und bei 105x und 175 x ganz klar einen hellen elliptischen Kern mit etwas Struktur darum, doch ich konnte nicht sicher erkennen, dass es sich um eine Balkenspirale handelt. M96 und M97 finden sich bei niedriger Vergrößerung gleichzeitig im Gesichtsfeld, zeigen bei 65x und 105x ein wenig Struktur. M105 mit den Galaxien NGC 3384 und NGC 3389 fand ich sehr ansprechend, für Details reichte die Öffnung nicht aus, doch ein schönes Trio. Das Leo Triplett war ein echter Hingucker bei den Bedingungen, bei 65 x standen die Galaxien mit ihren ganz verschiedenen Formen sehr schön vor dem dunklen Hintergrund. M65 und M66 zeigten indirekt beide Ansätze von Struktur, besonders gefiel mir NGC 3628 mit einem breiten Staubgürtel, der bei 105x sehr gut raus kam.
<i>In Garafia, dicht am Meer schien meist die Sonne, manchmal hingen die Passat-Wolken auch sehr tief. </i>
Die Bedingungen waren doch recht unterschiedlich. Die Umgebung von Puntagorda, vor allem die höheren Lagen werden häufig besonders gelobt, weil man sich über den Passatwolken befindet. Leider ist das im Februar, März nicht immer der Fall. An einigen Abenden zogen in der Dämmerung Wolken auf, die sich dann wieder auflösten, doch es kam auch anders, Abends war es super klar, als ich morgens um 3 Uhr dann aufstand um den Virgo-Haufen zu betrachten, stiegen Passatwolken auf, erst wenige, dann immer mehr so dass ich kaum begonnen einpacken musste. Auch aus der 'Urlaubsperspektive' störten die Wolken heftig, die Casa el Colmenero kühlte aus, der Kamin frisst Unmengen Holz, doch die meiste Wärme verfliegt durch den Schornstein. So haben wir dann tagsüber statt bei feuchten 10 Grad in den Wolken zu sitzen den Südwesten am Meer, Puerto de Tazacorte, aufgesucht und dort das Baden und Sonnenbaden einer bunten Mischung von spanischen Jugendlichen, meist deutschen Senioren und Aussteigern bei Cafe con Leche im Strandcafe verfolgt.
<i>Puerto de Tazcorte mit Restaurants und Strandleben, immer gut zum Aufwärmen </i>
Durch das wechselhafte Wetter empfand ich das Beobachten recht anstrengend, man wusste nicht so recht wie die Nacht wird, unter dem Strich gab es dann doch viele Stunden klaren Himmels. Doch Klarer Himmel ist nicht alles, gegen Ende der Zeit fing es an zu stürmen, in Garafia – etwas tiefer gelegen – wehte der Sturm die frisch geleerten Mülltonnen um, so dass sie auf der Straße landeten. In dieser Zeit – gegen Ende des Urlaubs - war auch das Seeing schlecht, die zwei Tage alte Mondsichel waberte bei 32x so stark, dass man glauben konnte, man blicke unter der sengenden Mittagssonne im Hochsommer über eine Asphaltstraße Richtung Horizont.
Trotzdem, mehre Nächte waren gut, in Zweien stimmte alles, sehr gute Transparenz, windstill, wirklich dunkel (SQM in den Morgenstunden um 21.9 mag arcsec^2 ) gutes Seeing. Das war die Zeit für den Virgo-Haufen und weitere Galaxien. Besonders war ich auf die Markarian-Kette gespannt, sie steht deutlichen höher als in Norddeutschland und bei der Transparenz können Plätze im Flachland meist auch nicht mithalten. Bei 2,5 Grad Gesichtsfeld bekommt man neben dem südlichen Teil mit M84 und M86 auch M87 und benachbarte Galaxien mit ins Bild und damit sind mehr als ein Dutzend Galaxien gleichzeitig sichtbar, doch schöner fand ich den Anblick wenn man sich auf die Region um M84 und M86 konzentriert, und eine etwas höhere Vergrößerung wie 65x wählt. M84, M86 und NGC 4388 bilden ein gleichseitiges Dreieck von diversen Galaxien, wie NGC4387, NGC 4413, dem Dublett NGC 4435 und NGC4438, sowie NGC4402 umgeben. Bei 105x waren dann auch weitere schwächere Galaxien in der Nähe wie NGC4305 und NGC4306 indirekt sichtbar. Bei 105x war das 'Dreieck' mit M84, M86 und NGC 4388 und den Nachbarn besonders wegen des Kontrastes zwischen den hellen, elliptischen Galaxien und den vielen Spindeln besonders reizvoll. Mit 175 x habe ich versucht den hellsten Galaxien Struktur zu entlocken, doch viel mehr als Formunterschiede konnte ich nicht ausmachen. Auf dem Programm standen auch diverse weitere Galaxien im Haufen, weiter am Rand M98 als Balkenspirale sowie M99 und M100 als Spiralen. Auch hier hat 175x kaum klare Struktur erkennen lassen. Sehr schön dagegen bei allen Vergrößerungen die Edge-on Spirale NGC 4216.
<i>Tagsüber Wind und Wellen, nachts klare Luft und ebenfalls Wind. In La Fajana bei Barlovento im Nordosten gibt es ein schönes Naturschwimmbad. </i>
Ich habe in drei Nächten den Virgo-Haufen beobachtet und mir am nächsten Morgen Aufzeichnungen auch einfache Skizzen gemacht, doch wenn ich dies jetzt zusammenfasse, stelle ich fest, dass Vieles schon wieder verblasst und aus der Erinnerung verschwunden ist.
Ganz klar vor Augen stehen mir allerdings die hellen Objekte, die Sombrero Galaxie M104 kam schon bei 65x, aber besonders bei 105x und 175 x sehr gut raus, auf den ersten Blick war klar woher der Name stammt. Dann – eigentlich gar nicht auf dem Programm habe ich mir M51 angeschaut und mich über die Spiralstruktur schon bei 65x, aber besonders gut bei 175 x freuen können. Das Highlight war dann M101, bisher nie mein Favorit. Bei 65x sehr viel Struktur und besonders bei 105x war eine großer Menge schwacher, sehr zerrissener Bereiche sichtbar und bei 175x weitere Details, natürlich alles recht dunkel doch klar erkennbar. Die ´zerfasernden' Bereiche ordneten sich sehr schön zu den Spiralarmen an, nicht einfach nur Struktur sondern der Drehsinn der Spirale war gut zu erkennen. Den Abschluss bildete M83, für mich eine Premiere, der Balken direkt sichtbar, hell und kompakt, der Drehsinn M51 und M101 entgegengesetzt. Doch vom ästhetischen Reiz hatte M101 ganz klar meine Präferenz. Centaurus A, NGC 5128 nördlich von Omega Centauri kam ganz zum Schluss. Wie eine matt leuchtend Kugel mit einer deutlichen Einschnürung, sehr hübsch.
Rückblickend waren es tolle Nächte, ich fand es im Virgo-Haufen teilweise anstrengend mich zu orientieren, ich habe lange nicht alles gesehen was ich anschauen wollte und hoffe dass sich eine Gelegenheit gibt, dies nachzuholen. Ganz klar sind bei der Öffnung von 160 mm, auch mit zwei Augen, die einzelnen Galaxien nicht besonders ergiebig, doch die Gruppen, besonders das Leo Triplett und die Markarian Kette waren sehr eindrucksvoll. Tagsüber habe ich auch Fotos einzelner Galaxien z.B. bei Wikisky angeschaut, und mich nachts daran erinnern müssen, dass Galaxien leider recht dunkel sind, die mittlere Flächenhelligkeit ist selbst bei den hellsten Ellipsen (M84 21.2 mag arcsec^2) gerade mal vergleichbar mit einem sehr guten Himmel, die von Spiralen (M51 22.0 magarcsec^2 , M101 23.7 magarcsec^2) deutlich niedriger. Nun, die Milchstraße leuchtet halt auch nur schwach und nicht in so hell, bunt und knallig, wie man es von einigen Farbfotos großer Galaxien her kennt. (zum Vergleich, richtig hell ist der Orionnebel M42, in den hellsten Zonen beim Trapez mit bis zu 15 magarcsec^2 etwa tausend mal heller als der Hintergrund, hier kann man bereits Farbe erkennen)
Dann ein technischer Aspekt, bei dem ich unsicher bin. Oft hatte ich den Eindruck die Himmelstransparenz hing von der Richtung ab. Richtung Süden, zum Roques des los Muchachos hin schien sie mir deutlich besser als Richtung Westen und Norden, also über dem Atlantik. Mehrfach hatte ich überlegt zum Roques zum Beobachten hoch zu fahren mit der Hoffnung auf besseres Seeing und noch etwas bessere Transparenz- vor vier Jahren Ende August war ich dort. Doch als dann in der zweiten Hälfte der starke Wind auf kam der zeitweise richtig zum Sturm ausartete habe ich darauf verzichtete da es schon auf 1000 m Höhe nachts sehr unwirtlich war (zum Glück hatte ich ein Paar spezielle Fingerhandschuhe dabei, denen die Fingerspitze fehlten, aber eine Art Kappe wie bei Fäustlingen darüber geklappt werden kann). Während des Urlaubes laß ich das lesenswerte Buch 'Die Erfindung der Natur' über Alexander von Humboldt, ein Buch das das 19 Jahrhundert mit der Naturauffassung, Kultur und Politik Revue passieren lässt. Von Humbold bestieg den 3700 m hohen Teide auf Teneriffa direkt nach Verlassen des Schiffs vom Meer aus, laut der Biografie in seiner Neugier und Begeisterung sogar ohne Mantel und ohne Zelt. Da fragte ich mich beim Rückflug schon, warum ich mich nicht wenigstens einmal aufgerafft habe bequem mit dem Auto abends zum Roques hoch zu fahren. Andererseits, für Humboldt war es die erste Station seiner Südamerikareise im Alter von Ende Zwanzig.
<i>La Palma mit dem Roques des los Muchachos, der Blick zurück</i>
Die Reise endete wie sie begann, herrliches, wenn auch leicht diesiges Sommerwetter, selbst oben in den Bergen mehr als 20 Grad. Der Sturm aus dem Osten war wohl der Beginn von erneutem Calima, das zweite Mal innerhalb der zweieinhalb Wochen. Doch wir genossen den letzten Tag in Bergen, das Teleskop hatte ich in der Früh demontiert und auf die Koffer verteilt.
Viel Spaß beim Lesen und beste Grüße
Thomas