Beiträge von Marcus_S im Thema „Selbstbau einer Montierung für meine Sternwarte“

    Moin Michael!


    Das liest sich doch alles immer besser, Vorkenntnisse (ich wollte Dich nicht aushorchen, es aber doch vermeiden, als kleiner Bastler u. U. einem praktizierenden Maschinenbauer Binsenweisheiten zu erzählen...), sogar Zugriff auf externe Maschinisten, dann sollte da doch was Brauchbares dabei rauskommen.


    Quader aus Plattenmaterial - das haben schon andere (mindestens einer) erfolgreich gemacht. Es ist aber eine Überlegung wert, die Platten nicht nur zu verschrauben, sondern auch noch zusätzlich zu verkleben (Epoxid, ausbacken...), soll gemessen am Aufwand der Steifigkeit erheblich helfen. Allerdings bleibt bei solch einer Konstruktion die Schwierigkeit, die Lagersitze sauber zueinander auszurichten, denn artgerecht gehaltene Kegelrollenlager mögen ja nur sehr, sehr wenig Winkelversatz (maximal wenige Bogenminuten).


    nochmal zu den Aluwellen
    da bin ich mit den Gleiteigenschaften Alu (-Welle) - Bronze (-Schneckenrad) sehr unsicher, aus dem Bauch heraus: ich würd's lassen. Vom E-Modul mal ganz abgesehen. Ich würde mir einen Stahl aussuchen, der auf der verfügbaren Maschine noch gut zu bearbeiten ist und eine wunderhübsche Oberfläche gibt (wg. Lagersitze, Gleitfläche Schneckenrad).


    Und dann wird es irgendwann unweigerlich zur Frage der Materialpaarung Welle-Lagergehäuse kommen und zur Frage der unterschiedlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten. Und wird dann, wenn ich mich richtig erinnere, nicht ganz trivial, einfach mit der Differenz der Ausdehnungskoeffizienten wird das bei KR-Lagern nichts, da die "Lagergeometrie" ja eben kegelig ist und da irgendwas mit einer Abstandsänderung durch die Lagergeometrie bei Temperaturänderung war. Und einem Lagerabstand, bei dem sich alles zu Null ausglich. Das ist aber ganz tief in meinem Hirn verschüttet. Da gab es mal was dazu, ich meine, auch hier im Forum oder in der CNC-Ecke, vielleicht vom User "Pteng", ist aber lange her. Lohnt vielleicht, sich hierzu Gedanken zu machen.
    Der andere Weg ist: einen hübschen Kasten zusammenleimen, ein Lager links rein, ein Lager rechts rein, vorspannen, evtl. mit einer brutalen Tellerfeder oder so zum Längenausgleich und ausprobieren, wie das funktioniert. Ich habe mir bei Montierung III sogar die Tellerfeder gespart und keine Probleme beobachtet. Der Lagerabstand ist recht klein, daher mag es gehen. Ist aber eben Bastlerpfusch...


    (Wobei, vielleicht auch nicht, bei einigen Drehmaschinen ist die Hauptspindel auch nur in zwei KR-Lagern gelagert und da ergibt sich das gleiche Problem mit umgekehrten Vorzeichen und das funktioniert auch...)



    Nochmal Grüße von


    Marcus

    Moin Michael!


    Deine letzten Überlegungen lesen sich für mich doch schon mal ganz sinnig. Die erste Montierung darf doch aber gerne schon eine ordentliche werden, egal wie "übungsstückig" die wird, es wird ordentlich Arbeit drinstecken. Und dann kann man versuchen, gleich bei der ersten Montierung einige Problemchen zu vermeiden.


    Zum Modul der Schneckengetriebe
    habe ich eine etwas eigene Auffassung. Modul zu klein (so um 0,5 herum) - da hätte ich Angst, daß die Getriebe bei einem unweigerlich einmal passierenden Stoß im Dunkeln gegen das Fernrohr Schaden nehmen können. Viele Zähne lesen sich in Prospekten aber gut.
    Modul zu groß - wäre dann für Ankerwinden oder Bagger oder so brauchbar. Robust, aber wenig feinfühlig.
    Ich denke, insbesondere wenn die schon da sind, alles zwischen 0,7 und 1,5 kann man durchaus beruhigt erstmal verbauen. Zumal die aus Bronze oder so zu sein scheinen, das würde zumindest meine Ansprüche erfüllen....
    Und... ich würde mir dringend verkneifen, auch nur mit dem Gedanken zu spielen, die Schneckenradbohrung aufzubohren. Wenn das wirklich ordentlich werden soll (Rundlauf und so) dann wird das nach meinen Kenntnissen eine Riesenaktion mit ungewissem Ausgang.


    Zu den Kegelrollenlagern
    guck' mal in die Lagerkataloge und suche Dir die leichteste Bauform
    (also die mit dem jeweils kleinsten Außendurchmesser) raus. Denn: irgendwo habe ich gelesen, daß die vielen kleinen Rollen eine deutlich höhere Steifigkeit ergeben als einige wenige große Rollen. Und das Ganze baut dann auch noch kompakter. Und KR-Lager sind nicht wirklich teuer. Ich behaupte: Standardqualität eines ordentlichen Herstellers reicht locker. Nur müssen die KR-Lager etwas vorgespannt werden, damit alle Rollen auch ordentlich tragen.


    Quaderbauweise:
    find ich gut. Aber wenn Du auf die Idee kommen solltest, die Lagergehäuse einfach aus (Alu-)Vierkantvollmaterial zu bauen, vertraue nicht darauf, daß solches Material eben, rechtwinklig und eng toleriert ist. Fräse über alle wichtigen Montageflächen einmal leicht drüber (und sieh' also eine ausreichende Bearbeitungszugabe vor).


    Zu den Wellendurchmessern:
    mach' die nicht zu heftig, Du mußt die Teile ja auch auf die Drehmaschine bekommen, ohne daß die nachgibt. Und bearbeiten. Und auf kleinen Heimwerkermaschinen machen schon 50er Wellen aus einigermaßen brauchbarem Material nicht unendlich viel Spaß, zumindest mir nicht.
    Ich hatte früher vor Jahrzehnten mal einen überschweren 8"-Newton auf einer selbstgebastelten 50er Montierung, hat allervölligst ausgereicht. Derzeit wohnt ein 10 kg Refraktor auf meiner 30er-Montierung und da ist die Schwachstelle eindeutig das labberige Stativ, ist für mich visuell aber wunderbar brauchbar. Und das Stativ fällt bei Dir ja wegen stationär und Säule weg.
    Hohlachsen kann man machen, sicher. Aber finde mal passende Rohre, dickwandige Siederohre vielleicht. Aber dann lassen sich die Schneckenräder auch nicht wirklich einfach montieren. Und das gibt dann neue Herausforderungen beim Übergang auf das Deklinationsachsgehäuse/den Fernrohrsattel. Und auf kleinen Maschinen wegen einigen 100 g Gewichtsersparnis bei einer stationären Montierung die Welle hohlbohren, ja, das kann man machen... Ich hätte dazu keine Lust. Und wäre mir sehr unsicher, ob die dann rund und gerade bleiben...


    Ach so, magst Du vielleicht bitte ganz zart Deinen maschinenbauerischen Kenntnisstand und/oder Erfahrungsschatz andeuten? Das würde es zumindest mir doch etwas einfacher machen, das Absondern der Bastlerweisheiten zu dosieren.



    Mach' weiter! Ich lese weiter mit...



    Viele Grüße von


    Marcus

    Moin Michael!


    Zum Thema Montierungsbau kann ich als Bastler nicht stillhalten. Mal ganz oberklug geschnackt:


    - Mach' Dir zuerst Gedanken um das Anforderungsprofil der Montierung - visuell, fotografisch, Traglast.
    - Stöbere dann in den Foren (schon hier im Forum gibt es einige sehr hübsche Bauberichte) oder auf Treffen nach Selbstbaumontierungen und überlege gnadenlos und unbarmherzig bei jedem Detail, warum das erbauende Wesen das so gemacht hat, wie es das gemacht hat.
    Für jedes Detail kann es völlig berechtigt die allerverschiedensten Gründe geben: weil's gut ist, weil's billig ist, weil man es zum Bauzeitpunkt nicht besser wußte, weil man es zum Bauzeitpunkt nicht besser konnte, weil man es so unbedingt mal ausprobieren wollte und auch, weil das Material gerade so da war...
    - Mach' Dir erst dann Gedanken um das nötige Material und die Bearbeitungsmöglichkeiten und auch die Meßmittel für einen eigenen Entwurf. Ich würde mich bei einem Projekt dieser Größenordnung nicht von ein paar vorhandenen, aus meiner Sicht ohnehin zu großen Lagern leiten lassen.
    - Und behalte im Hinterkopf, daß eine Montierung nicht durch gewaltig dimensionierte Achsen automatisch steif wird. Wenn die übrigen Verbindungen "klappern", dann nützen fette Achsen nicht so wahnsinnig viel.
    - Und behalte im Hinterkopf, daß kleine ("Eine kleine Drehmaschine und Fräsmaschine habe ich mir schon zugelegt. Da hatte ich aber noch nicht so mächtige Lager im Blick.") Maschinen nicht immer eine Ausgeburt des Präzisionsmaschinenbaus sind und beispielsweise eine sinnig konstruierte Planfläche nach der Fertigung eben nicht plan ist und eine Rutschkupplung deshalb nicht funktioniert...


    Und dann bau' den ganzen Kram einfach kurz und steif und schwingungsarm, laß' überall genügend Materialstärke stehen, damit das Material nicht rumwabbelt und gestalte die Lagersitze einfach möglichst so, wie es der Lagerhersteller mag, also eng toleriert und schön rund und hübsch fluchtend. Und mach' Dir ausreichend Gedanken um eine ordentliche Lagerung der Schneckenwelle (und nicht nur der Welle, sondern auch der Ausgestaltung der Lagergehäuse der Schneckenwellenlagerung). Und um eine steife Polhöhenjustageeinrichtung. Und hübsche Verbindungen Welle-Lagergehäuse/Fernrohrsattel. Und schon ist die Montierung fertig, ist ja eigentlich auch nicht viel dran, zwei Klötze nehmen und jeweils ein Loch durch und da jeweils eine Welle durchwerfen... ;)


    Und das alles ist eigentlich (wie mir beim nochmaligen Lesen auffällt) auch nichts weiter, als das, was Herr Ziegler schon im "Rohr" verbreitet hat...


    Montierungsbasteln ist - wenn auch nicht kompliziert - so doch aufwendig und die verschiedensten Details lassen sich schlecht in einem "mach's einfach soundso"-Post zusammenfassen.


    Aber, ohne Genaueres zu wissen oder gar irgendwas berechnet zu haben (weil ich sowas nicht kann) und als kleiner Bastler gesprochen: ich würde die Überlegungen mal starten mit
    - 50 mm Vollstahlachsen,
    - jeweils in vorgespannten Kegelrollenlagerpaaren gelagert und
    - die Übergänge der Achsen/Wellen zu den Gehäusen als aufgeschrumpfte Flansche ausgeführt
    - die Schneckenwellenlagerung als Kastenkonstruktion mit zusätzlichen Axial- (ja, Axial) Lagern.



    Gutes Gelingen und viele Grüße von


    Marcus