Beiträge von Christian-Berlin im Thema „Frage zur förderlichen Vergrößerung“

    Hallo Sebastian,


    meine Eingangsfrage wurde, speziell durch die Beiträge von Stefan, sehr gut beantwortet. Hiermit möchte ich nicht behaupten, dass dein Standpunkt, Sebastian, falsch ist. Stefans Argumentation erscheint mir einfach schlüssiger und logischer.


    In deinem letzten Zitat hast du einen Tippfehler meinerseits mitzitiert: Es muss natürlich heißen: "Bei der Mondbeobachtung erkenne ich bei V = D aber deutlich mehr Details als bei V = D/2."


    Ich selbst bleibe dabei, dass ich bei Beobachtungen mt Brille (!) bei Vergrößerungen über V=D hinaus keinen Gewinn an Details verbuche, unabhängig vom Objekt und seinem Kontrast. Daher werde ich auch zukünftig Einsteigern V=D als sinnvolle Maximalvergrößerung empfehlen, da ich letztendlich nur Dinge reinen Gewissens empfehlen kann, mit denen ich die besten Erfahrungen gemacht habe.


    Hier nun mein letzter fachlicher Beitrag zu meinem Eingangspost:


    Ich erinnere mich wieder an eine etliche Jahre zurückliegende Diskussion in meinem ehemaligen, "Schwarzen" Heimatforum. Ein User fragte, da er Vmax = 2D in der Produktbeschreibung las, ob sein Teleskop einwandfrei war, da er bei Beobachtungen über V=D hinaus keine weiteren Details wahrnahm.


    Alle Teilnehmer, ich weiss nicht mehr wie viele, stimmten darin überein, dass V=D die förderliche Vergrößerung sei, ab der alle mit dem Teleskop erfassbaren Details aufgelöst werden.


    Damals beobachtete ich noch ohne Brille am Teleskop und sah einen deutlichen Detailgewinn von V=D zu V=1,5D. Als Einziger vertrat ich diese Meinung.


    Ein User bemerkte die Brille in meinem Profilbild und fragte mich, ob ich Zylindergläser (= Astigmatismus im Auge) habe. Als ich bejate, meinte er, es liege daran. Damit müsse man stärker vergrößern, um alle Details auflösen zu können. Ich probierte es aus und mit Brille war auch bei mir bei V=D die maximale Auflösung verbunden mi einem subjektiv besseren, sprich schärferen, Bild gegenüber V=1,5D erreicht. Seitdem beobachte ich nur noch mit Brille.


    Dies als Beispiel dafür, wie physiologische Aspekte die Bildgebung verändern können.


    BTW:


    Mit meinem neuen 8'' f/6 Dobson kann ich mit meinen vorhandenen Okularen maximal 240-fach vergrößern. Aus meinen bisherigen Erfahrungen heraus werde ich mir keine kürzerbrennweitigen Okulare oder Barlow kaufen, sondern das Geld lieber in ein besseres Übersichtsokular investieren. :)


    Nochmals vielen Dank für die interessante Diskussion.


    VG Christian

    Hallo nochmal,


    bevor es hier weiter fetzt, möchte ich noch einmal etwas sachdienliches beitragen. Auf dem Heimweg ließ ich mir alles bisherige noch einmal durch den Kopf gehen.


    Ich kam zu dem Schluss, dass es im Prinzip nur einen mir bekannten Weg gibt, das Auflösungsvermögen und damit die förderliche Vergrößerung mathematisch/physikalisch wasserdicht zu definieren: Nämlich über den Durchmesser des Beugungsscheibchens.


    Bei Idealbedingungen nimmt es mit zunehmender Öffnung des Teleskops ab.


    Ein hinreichend heller Stern, bspw. der Polarstern, wird in einem gegebenen Teleskop mit zunehmender Vergrößerung im Okular scheinbar kleiner, da die Auflösung mit der Vergrößerung zunächst steigt. Und bei Erreichen der förderlichen Vergrößerung hat er seine minimale Größe, das Beugungsscheibchen ist dann gerade eben erkennbar. Darüber hinaus (V > förderliche Vergrößerung) wird das Beugungsscheibchen vergrößert und erscheint flächig, da die Beugungserscheinungen, die ab der förderlichen Vergrößerung deutlich zu Tage treten, nun mitvergrößert werden. Der Winkeldurchmesser des Beugungsscheibchens bleibt jedoch bestehen.


    Kurz gesagt: Das Auflösungsvermögen eines Teleskops entspricht mathematisch dem Durchmesser des Beugungsscheibchens.


    Ich muss jedoch zugeben, dass diese Betrachtung nichts darüber aussagt, ab wann z.B. ein enger Doppelstern als getrennt angesehen werden kann. Siehe hierzu mein Beitrag weiter oben.


    VG Christian

    Hallo Sebastian,


    es gibt überhaupt keine Diskussion darüber, dass die Dawes- und Rayleigh-Kriterien willkürliche Definitionen der Auflösung darstellen. Überhaupt sind Doppelsterne hierfür ein anschauliches Beispiel:


    Bei beiden genannten Kriterien "kleben" die Beugungsscheibchen der Doppelstern-Komponenten noch mehr oder weniger stark aneinander, ähnlich wie die Molekülmodelle ohne Verbindungsdrähte im Chemie-Unterricht. Bei keinem dieser beiden Kiterien erkennt man also einen Zwischenraum zwischen den beiden Beugungsscheibchen.


    Mir sind auch Sternfreunde bekannt, die einen Doppelstern erst dann als getrennt definieren, wenn zwischen den Einzelkomponenten eindeutig etwas schwarzer Raum zu erkennen ist. Definiert man dies als Auflösungsgrenze, würde die Auflösung des in meinem Startpost genannten Achhtzöllers schätzungsweise auf 0,7'', vielleicht sogar 1'' sinken. Die Definition der Auflösung ist also in Grenzen subjektiv.


    Warum in Grenzen? Bleiben wir beim idealen Doppelstern mit gleich hellen Komponenten gleicher Spektralklasse und idealer optischer Qualität und Seeing:


    Schiebt man die Doppelsternkomponenten gedanklich immer weiter zusammen, wird ein Punkt erreicht, an dem sie zunächst zu einem elongierten Stern ohne "Taille" und schließlich zu einem einzelnen Beugungssheibchen, das sich nicht mehr von einem physikalischen Einzelstern unterscheiden lässt, verschmelzen. Dies ist ja allgemein bekannt.


    Eigentlich kann man dann, je nach Auffassung und persönlicher Auslegung des Begriffs "Auflösung", das Auflösungsvermögen einer gegebenen Teleskopöffnung in einer Spanne zwischen der ersten eindeutigen Elongation des Beugungsscheibchens des Doppelsterns bis hin zum ersten eindeutigen Auftreten des schwarzen Zwischenaums angeben. Und selbst diese Grenzen hängen vom Sehvermögen des Beobachters ab...


    Zumindest die Seeing-Effekte lassen sich im Labor auf der optischen Bank eliminieren, der Einfluss des individuellen Auges bleibt subjektiv.


    Aber letztendlich muss man sich persönlich auf eine Definition der Auflösung festlegen. Ich persönlich bevorzuge hier, wie bereits erwähnt, das Kriterium nach Dawes.


    VG Christian

    Hallo Sebastian,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: b_schaefer</i>
    ...Ähnliches ist meiner Ansicht nach auch bei unserem Sehapparat zu erwarten. Mit den unwillkürlichen Augenbewegungen tasten wir ein gegebenes Signal mehrfach ab und errechnen daraus eine höhere Auflösung, als es die Anatomie unserer Netzhaut/Linse alleine zulassen würde...


    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Das mag ja alles stimmen (auch wenn ich aus physikalischen Gründen und eigener Beobachtungserfahrung hiervon nicht wirklich überzeugt bin, siehe oben). Aber nichts desto trotz, und darauf wollte ich eigentlich hinaus, gibt die Teleskopöffnung eine Maximalauflösung und damit Detailfülle der Rohdaten vor, in die die physiologische Bildverarbeitung keine weiteren Details hineinbearbeiten kann.


    Die Auflösung des "virtuellen Summenbildes", das wir am Okular sehen, ist dann die Summe der Details, die aus den Einzelbildern im Gehirn zusammen gerechnet wurde. Und bei jedem Einzelbild gibt die Teleskopöffnung die Maximalauflösung, und damit wohl auch im Zusammenspiel mit der Sehschärfe, die Maximalauflösung des gesehenen Bildes vor.


    VG Christian

    Hallo Sebastian,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: b_schaefer</i>
    ...Und da unser Sehapparat schon eine Menge „Bildverarbeitung“ durchführt, warum sollte er das bezüglich Auflösung nicht tun?
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    weil auch die menschliche Physiologie nicht gegen die Physik arbeiten kann:


    Der Entstehungsprozess des Bildes von der Projektion auf die Netzhaut bis zur Sinneswahrnehmung (ich fasse ihn mal mit "Physiologischer Bildbearbeitung" zusammen) kann, analog zur digitalen Bildbearbeitung am Rechner, nur Details ausarbeiten, die im Rohbild (hier das durch die Augenlinse auf die Netzhaut projizierte Bild) vorhanden sind.


    Sofern deine Argumentation mit der Akkumulation von Seheindrücken stimmt, müsste man unter Idealbedingungen, so deute ich es sprachlich, eine Auflösung ezielen können, die über dem physikalischen Auflösungsvermögen der Primäroptik (Teleskop) liegt. Und das ist De Facto unmöglich: Auch die akkumulierten Seheindrücke können in der Summe nicht das Auflösungsvermögen des Teleskops nicht überbieten. Oder habe ich deinen Post dahingehend falsch interpretiert?


    Schlussendlich ist der begrenzende Faktor bei gegebener Teleskopöffnung die optische Qualität der Augenlinse, da sie das vom Teleskop erzeugte hypothetische Idealbild (das es in der praktischen Beobachtung ja nicht gibt) auf die Netzhaut projiziert. Wenn also die Augenlinse eine optisch einwandfreie Qualität hat, kann also durch die physiologische Bildbearbeitung nicht mehr Detail wiedergegeben werden, als durch das Okular an die Augenlinse gelangt.


    Lange Rede, kurzer Sinn: Die physilogische Bildbeabeitung kann also nicht mehr reale Details wiedergeben, als vom Teleskop aufgelöst und auf die Netzhaut projiziert werden.


    VG Christian

    Liebe Sternfreunde,


    vielen Dank für die interessanten Beiträge.


    Insgesamt tendiere ich zur Auffassung von Stefan:


    Gehe ich beim Mond oder den Planeten von V=D auf V=1,5D, erscheinen die Planetendetails an der Auflösungsgrenze subjektiv deutlicher (da größer), bei Erhöhung auf V=2D nimmt der Kontrast und damit die Deutlichkeit kontrastarmer Strukturen weiter ab. Reduziere ich die Vergrößerung wieder auf V=D, so erkenne ich nicht weniger Detail als bei höheren Vergrößerungen. Das habe ich bereits bei mehreren Teleskopen erlebt, so dass ich bei meiner Sehschärfe mit Sicherheit sagen kann, dass mir Vergrößerungen über V=D hinaus keinen Informationsgewinn bringen.


    Die Strukturen an der Auflösungsgrenze erscheinen dann lediglich kleiner, aber dafür schärfer und kontrastreicher, also insgesamt "knackiger". Für mich persönlich das angenehmere Abbild, auch wenn man an der Auflösungsgrenze genauer hinschauen muss.


    Mein Eindruck ist, dass man (auch ich selbst, als ich noch nicht oft beobachtet habe), solange das Auge noch nicht gut auf teleskopisches Sehen trainiert ist, bei Vergrößerungen über ca. V=D hinaus einer optischen Täuschung aufsitzt, da die kleinsten erkennbaren Strukturen größer erscheinen und damit für das ungeübte Auge besser oder überhaupt erst erkennbar sind.


    Ein ungeübter Beobachter wird somit zweifelsohne bei V=1,5D oder gar V=2D feinere Strukturen als bei V=D erkennen. Mit zunehmendem Training des Auges wird der Beobachter dann vom schärferen und kontrastreicheren Abbild bei V=D profitieren.


    Bei Doppelsternen kann ich nicht mitreden, da ich mir nur vereinzelt weite, attraktive Paare wie Albirero oder Castor anschaue.


    Dass die Formeln eine Faustregel sind und in erheblichem Maße von der Sehschärfe des Beobachters abhängen, ergibt sich ja schon aus meinem Eingangspost.


    Vor einiger Zeit las ich in einem Forum folgendes hierzu passendes Zitat: "Der Einsteiger sucht Vergrößerung, der Fortgeschrittene Öffnung und der Profi Kontrast." Das mit dem Einsteiger ist hierbei keineswegs abwertend gemeint, wie ich oben dargelegt habe.


    VG Christian

    Liebe Sternfreunde,


    bei mir hat sich eine Verständnisfrage zur förderlichen Vergrößerung ergeben.


    Unter Sternfreunden herrscht allgemeiner Konsens darüber, dass ab einer Teleskopvergrößerung von ca. V = 2*D in Millimeter keine weiteren Objektdetails aufgelöst werden. Das entspricht auch meiner inzwischen langjährigen Erfahrung, und Vergrößerungen über diesem Level nutze ich daher zu Gunsten der Bildschärfe und -brillanz nicht mehr.


    Diese förderliche Vergrößerung lässt sich folgendermaßen herleiten:


    Das dunkeladaptierte menschliche Auge hat laut zahlreichen Quellen ein durchschnittliches Auflösungsvermögen von zwei Bogenminuten, also 120 Bogensekunden.


    Nehmen wir nun als Beispiel ein Teleskop mit acht Zoll, also 203 Millimeter Öffnung. Es hat nach Dawes (mit diesem Kriterium arbeite ich in der Regel) ein Auflösungsvermögen von 0,56 Bogensekunden. Damit alle mit diesem Teleskop theoretisch erkennbaren Details bei der Beobachtung aufgelöst werden, müssen diese 0,56 Bogensekunden auf das Auflösungsvermögen des Auges, also 120 Bogensekunden, vergrößert werden.


    Dividiert man nun 120 Bogensekunden durch 0,56 Bogensekunden, kommt man auf einen Faktor 214, also annähernd V = 2*D. (Anmerkung: Beim Auflösungsvermögen nach Rayleigh würde sogar bei 176-fach die theoretische Auflösung erreicht.)


    Verallgemeinert lautet die Formel für die förderliche Vergrößerung demnach: V = Auflösung Auge / Auflösung Teleskop


    Soweit erscheint mir alles logisch.


    Das Auflösungsvermögen des menschlichen Auges nimmt aber mit der Helligkeit des betrachteten Objekts zu. Bei Tageslicht ist die durchschnittliche Auflösung des Auges laut vielen, auch augenmedizinischen, Quellen, eine Bogenminute, also 60 Bogensekunden. Setzt man in obige Rechnung statt 120 diese 60 Bogensekunden ein, ergibt sich für den Achtzöller als förderliche Vergrößerung 107-fach, also annähernd V = D/2.


    Nun ist der Mond ja sehr hell, so dass die Mondbeobachtung von der ins Auge fallenden Lichtmenge her mit terrestrischen Tagesbeobachtungen gleichzusetzen ist. Es werden also die höher auflösenden Farbsehzellen der Netzhaut aktiviert.


    Es müsste hier also, rein rechnerisch, bei der Mondbeobachtung bereits bei V = D/2 die volle Auflösung des Teleskops erreicht werden. Bei der Mondbeobachtung erkenne ich bei V = 2*D aber deutlich mehr Details als bei V = D/2.


    Meine Frage ist nun: Liegt in meiner oben gezeigten Herleitung der förderlichen Vergrößerung ein Denkfehler vor, oder wird mir am Mond bei V = D/2 die geringe Auflösung nur vorgegaukelt, da feinere Details durch die größere Bildhelligkeit überstrahlt werden?


    Bei der Planeten- und Doppelsternbeobachtung erscheint es nachvollziehbar, dass die kleinen Objekte trotz ihrer Helligkeit nicht genug Sehzellen aktivieren, damit die Netzhaut auf Tageslichtbeobachtung "umschaltet".


    Ich beobachte am Teleskop mit einer Brille, die einem Sehtest zufolge sehr gut auf meinen Sehfehler eingestellt ist. Mit Brille dürfte ich also das durchschnittliche Auflösungsvermögen des menschlichen Auges erreichen.


    Vielen Dank und viele Grüße,
    Christian