Beiträge von Lars73 im Thema „Was ist ein echter Apo (2019)“

    Hallo K.Heinz,
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: K.Heinz</i>
    <br />...Ich habe mehrere Jahre einen Takahashi FS 128 genutzt und war allemal zufrieden, ein klasse Teleskop! Dann hatte ich das Glück und konnte einen 130 Zeiss APQ im direkten Vergleich über längeren Zeitraum nutzen und vergleichen,der Unterschied war schon beachtlich! Ihr dürft mal raten in welchem Teleskop die Farben z.B. an Jupiter oder Saturn real und besser rüberkamen ;) ...
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    ich tippe auf den APQ ;)
    Hast Du ihn mit einem Zenitprisma verwendet ?


    Das wäre halt meine Anmerkung zum Thema Zubehör:
    Es ist vielfach nicht bekannt, daß die APQ mit Glasweg gerechnet sind, d.h. es gab wohl wenige Ausnahmen. Ende der Achtziger waren Prismen noch gängiger als Zenitspiegel.
    Zeiss Jena hatte ja nicht nur das einfache 90°-Prisma, sondern auch den 4fach-Okularrevolver mit dem extrem präzisen Amiciprisma - ich sehe am 130er APQ nicht den Hauch eines Bildfehlers.
    Der 5fach-Okularrevolver mit Spiegel war eher für die Spiegelteleskope gedacht.


    Hallo Roland,
    herzlichen Glückwunsch zum FLT - es ist eine Optik aus Meisterhand.
    Die Rechnung ist halt jetzt ohne zusätzlichen Glasweg.


    Gruß Lars

    Hallo nochmal,


    mit "soeben realisierte Objektivkonstruktion" meinte ich selbstverständlich das gesamte Objektiv, bestehend aus Fassung und dem (neuen) Glas. (&gt;&gt; Gerd: Das eventuell eingetretene Mißverständnis bitte ich zu entschuldigen.)


    Es ging mir darum, anhand einer geeigneten historischen Quelle zu zeigen, daß bzw. wie der Begriff "Apochromat" von Abbe erstmals und dabei auf ein real vorhandenes Objektiv bezogen publiziert wurde und somit überhaupt "in die Welt gekommen" ist. Das ist eine Frage der Bildung eines Begriffes. Diese Frage ist ja eigentlich bei vielen Begriffen interessant.
    Wir dagegen haben heute wohl eher die Perspektive der Auslegung und Anwendung des Begriffes, also welche Objektive wir nun "Apochromat" nennen wollen / sollen / können / dürfen.


    Zur Zusammenarbeit Abbes mit Schott findet sich bei Moritz von Rohr in der Schrift "Ernst Abbes Apochromate - Zur 50. Wiederkehr ihrer ersten Bekanntmachung am 9. Juli 1886", Seite 18, dieser Hinweis:
    "In diese Zeit fiel die Berührung zwischen E. Abbe und Otto Schott, dem Glasfachmann, der gerade von dem Abbeschen Berichte über die Londoner Leih-Ausstellung angeregt, Abbes Bekanntschaft suchte. Wir werden mit Recht annehmen können, daß diese Berührung - sie begann Ende Mai 1879 und führte im Januar 1881 zu einer Verabredung für Versuchsschmelzen - das alte Mittel a mit dem zeitlich ersten b der gesonderten Hebung zusammen verwenden ließ."
    (Mit Mittel a und b ist in Bezug auf den "Farbunterschied des Öffnungsfehlers" gemeint, Seite 15: "Die gleichzeitige (a) Hebung durch die üblichen Kittflächen, die gesonderte (b) Hebung durch neue zusätzliche Kittflächen.")


    Und Abbe teilt eingangs seines o.g. Vortrages im Juli 1886 mit:
    "Seit dem Jahre 1881 haben Dr. Schott in Jena und der Verf., mit thätiger Unterstützung der Inhaber der hiesigen optischen Werkstätte von C. Zeiss, fortgesetzt Versuche behufs Verbesserung des optischen Glases unternommen, deren Ergebniss die Darstellung neuer Glasarten für den Gebrauch der Optiker gewesen ist.
    Durch spectrometrische Untersuchung von zahlreichen Probeschmelzungen, die mit den verschiedensten chemischen Elementen dargestellt worden sind, wurde die Abhängigkeit der optischen Eigenschaften der amorph erstarrenden (glasartigen) Schmelzverbindungen von ihrer chemischen Zusammensetzung genauer erforscht und auf Grund der gewonnenen Ergebnisse wurden alsdann geeignete Synthesen ausgearbeitet, vermittelst welcher sich bestimmte, für die Anwendung erwünschte optische Eigenschaften des Glases herbeiführen lassen."


    Es ergibt sich das Bild, daß hier zur richtigen Zeit die richtigen Persönlichkeiten zusammengekommen sind. Das erforderliche glastechnische Laboratorium wurde im Zeiss-Werk eingerichtet. Für die aufwendigen Schmelzversuche konnte sogar eine finanzielle Unterstützung durch den preußischen Staat erlangt werden. Das Glastechnische Laboratorium Schott & Genossen wurde dann 1884 gegründet.


    In der Jubiläumsschrift geht v. Rohr auch auf die Verwendung von Flußspat (Calciumfluorid) in den apochromatischen Mikroskobjektiven ein. Abbe habe schon 1881 Vorversuche zu dessen Bearbeitungsmöglichkeit anstellen lassen und "hat offenbar um die gleiche Zeit angeregt, Fluor auch in künstliche Glasflüsse einzuführen, was aber zunächst noch nicht gelang."


    Falls sich jemand für die besagte Jubiläumsschrift interessiert, stelle ich diese gern als PDF zur Verfügung (bitte PN). Sie enthält als Anlage den Abdruck von Abbes Vortrag und die Bekanntmachung von Carl Zeiss.


    Gruß Lars

    Hallo zusammen,


    wenn darüber nachgedacht wird, was ein Apochromat ist bzw. was so genannt werden soll / kann / darf, lohnt sich vielleicht ein Blick auf die Entstehung des Begriffes.


    Seit den Zeiten Fraunhofers hatte es bei den Linsenobjektiven keine Fortschritte in der Farbkorrektur gegeben, und schon Fraunhofer hatte erkannt, daß für weitere Verbesserungen neue Gläser mit anderen Eigenschaften als die verfügbaren notwendig waren. Leider ist er ja recht jung verstorben - wer weiß, was er bei seinen eigenen Glasschmelzarbeiten noch erreicht hätte...


    Erst die Zusammenarbeit von Ernst Abbe und Otto Schott führte seit 1881 zu den neuen Glassorten, mit denen die Farbkorrektur wesentlich verbessert werden konnte. Dies kam zuerst den Mikroskopen zugute: Im Jahr 1886 wurden von Carl Zeiss "Neue Mikroskop - Objective und Oculare aus Special-Gläsern des Glastechnischen Laboratoriums (Schott & Gen.)" vorgestellt.


    Auf einer Sitzung der "medicin.-naturw. Gesellschaft zu Jena" am 9. Juli 1886 hat Ernst Abbe einen Einführungsvortrag gehalten, der im Druck aus den Sitzungsberichten den Titel trägt:
    "Ueber Verbesserungen des Mikroskops mit Hilfe neuer Arten optischen Glases".


    Abbe geht hier auf den Ansatz ein, neben der Kieselsäure nunmehr auch Phosphor- und Borsäure für die Gläser zu verwenden. Zum Stand der Achromate führt er aus:
    "In den besten Objectiven konnten nicht mehr als z w e i verschiedene Farben des Spectrums zu wirklicher Vereinigung gebracht werden; die unvermeidliche Abweichung der übrigen - das sog. tertiäre Spectrum - liess immer farbige Zerstreuungskreise von merklicher Ausdehnung und merklicher Lichtintensität übrig. Ausserdem war es auch mit dem bis jetzt verfügbaren Glase nicht möglich - wenigstens nicht in practisch durchführbaren Constructionstypen - die s p h ä r i s c h e Aberration für mehr als e i n e Farbe aufzuheben. Alle Objective blieben, wenn auch für die Mitte des Spectrums die sphärische Abweichnung möglichst aufgehoben war, doch mit einer sphärischen Untercorrection für das rothe und einer sphärischen Uebercorrecktion für das blaue und violette Licht behaftet - welcher Defect practisch in die Erscheinung tritt als eine mehr oder minder starke Ungleichheit der c h r o m a t i s c h e n Correction zwischend der mittleren und der peripheren Zone des Objectivs."


    Dann zum erzielten Fortschritt:
    "... Diese beiden Mängel der Strahlenvereinigung in den bisherigen achromatischen Systemen lassen sich nun mit Hilfe der neuen Glasarten so gut wie vollständig beheben.
    Erstens kann die secundäre Farbabweichung gehoben und auf einen praktisch unschädlichen Farbenrest t e r t i ä r e n Characters reduciert werden - was bisher noch in keiner Art von optischer Construction auch nur annähernd erreicht worden ist;
    zweitens lässt sich die chromatische Differenz der sphärischen Aberration beseitigen, d.h. die spährische Abweichung lässt sich gleichzeitig für zwei verschiedene Farben des Spectrums (und damit practisch so gut wie für alle Farben) vollständig corrigieren.
    Der letzteren Forderung ist bisher nur bei Fernrohrobjectiven, für welche Gauss sie zuerst formulirt hat, einige Male genügt worden, jedoch ohne dass hierdurch - mangels einer gleichzeitigen Beseitigung der secundären Farbenabweichung - ein besonderer Gewinn erzielt worden wäre."


    Nach Ausführungen zu den Bedingungen, unter denen die beiden Fehler beseitigt werden können, wird der Begriff "Apochromat" erst eingeführt:


    "Da nach dem Gesagten die Bedingung für diese Eigenschaften der in Betracht stehenden Objective, und zugleich unter dem dioptrischen Gesichtspunkt ihr unterscheidendes Merkmal, in der Beseitigung solcher Fehler der Strahlenvereinigung liegt, welche, obwohl die zum Theil den Charakter sphärischer Aberrationen tragen, sämtlich in dem ungleichen Verhalten verschieden f a r b i g e r Strahlen wurzeln, und da die Aufhebung dieser Fehler thatsächlich eine Achromasie von h ö h e r e r Ordnung, als bisher errreichbar war, begründet, so mögen die Objective dieses Systems zur Unterscheidung von den achromatischen Linsen im Sinne des bisherigen Begriffs, als a p o c h r o m a t i s c h e Objective und A p o c h r o m a t e bezeichnet werden."


    Wie man sieht wurde also der Begriff "Apochromat" für eine soeben realisierte Objektivkonstruktion geschaffen - nicht das Objektiv nach dem Begriff und seiner Auslegung.


    Natürlich ist es verständlich, daß die Bezeichnung "Apochromat" in den folgenden Jahrzehnten auf alle Objektive übergegangen ist, die visuell als farbfehlerfrei erscheinen. Und wenn dies in eine Forderung für das Optikdesign übersetzt werden soll, dann bietet sich heute eine Definition über den Strehlwert wie die von Dr. Pudenz (Link oben) an. Die Beobachtungspraxis am AOM-Doublet 160/1600 bestätigt, daß die dortige Vorgabe ihren Zweck erfüllt. Eine Überraschung ist das freilich nicht, denn man darf annehmen, daß sich seit Abbes Zeiten in der Astroabteilung einiges an Erfahrungswissen angesammelt hatte - Dr. Pudenz hat ja auch das APQ-Objektiv gerechnet.



    Gruss Lars