Hallo Georg.
Zu deiner Eingangsfrage: Das Stevick-Paul Teleskop (SPT) hat, auf den ersten Blick, die geradezu perfekte Bildqualität.
Auf den zweiten Blick ist dieser Entwurf nicht besonders zum Nachbau geeignet. Der erste Grund liegt in der massiven Bildfeldneigung, die bei üblichen Lichtstärken nahezu zehn Grad beträgt und dadurch große Teile des Bildfeldes unscharf abbildet. Eventuell können junge Beobachter, deren Augen noch voll akkommodieren können, diesem Umstand noch entrinnen, aber für die Generation 45+ wird die visuelle Nutzung, noch dazu mit Weitwinkelokularen, kritisch.
Der zweite Grund ist die schlechte Zugänglichkeit der Brennebene. Man hat nur extrem wenig Schnittweite zur Verfügung, und muss den vierten Spiegel so nahe an das Strahlenbündel heranrücken, dass effektiv nur die axialen Strahlen obstruktionsfrei sind. Ein Teil des Bildfeldes wird durch den vierten Spiegel obstruiert. Die Ausblendung von Streulicht ist auch nicht ganz einfach.
Drittens ist die Baulänge dieses Entwurfes prizipbedingt sehr groß, und das Instrument wird unhandlich. Verkürzt man die Baulänge, geht die praktisch perfekte Bildqualität verloren.
Der Yolo ist von vornherein gutmütiger als das SPT: Die Feldneigung ist wesentlich geringer und in der Praxis vernachlässigbar. Zwar hat der Yolo deutlichen Astigmatismus im Feld; es ist aber fraglich, inwiefern er mit den üblichen Weitwinkelokularen sichtbar wird. Wenn ich mich richtig erinnere, hat Kurt an einem f/12 Yolo mit einem Nagler-Okular bis zum Feldrand scharfe Sterne gesehen.
Bezüglich der oft kritisierten Zahl von vier Spiegeln ist Entwarnung angesagt. Die Yolos sind zwar 2-Spiegelsysteme, werden aber aus praktischen Gründen fast immer mit drei Reflexionen betrieben, denn der Strahlengang lenkt das Bild ähnlich wie beim Refrakor nach unten, so daß ein Zenitspiegel oder -prisma benutzt werden muss. Ob dann drei oder vier Spiegel im Spiel sind, macht den Braten auch nicht mehr fett. Die Profis arbeiten ja auch mit mehreren Spiegeln: Das im Bau befindliche ELT ist ein Entwurf mit fünf Reflexionen, und die Planetenkameras des Hubble-Teleskops nutzten fünf bis sieben Reflexionen.
Bei den verschiedenen Tetra-Schiefspieglern, die ich gebaut habe, waren stets vier Spiegel involviert, was ich nicht als Nachteil empfinde.
Ein Planspiegel ist für die Herstellung eines Yolo oder Schiefspiegler nicht notwendig.
Bei der Auswahl aus den zahlreichen obstruktionsfreien Spiegelsystemen würde ich dir empfehlen, dich von deinen Fähigkeiten als Spiegelschleifer und Konstrukteur, und dem geplanten Einsatzgebiet leiten zu lassen.
Welche Öffnung und welches öffnungsverhältnis schwebt dir denn vor?
Viele Grüße,
Guntram