Beiträge von konfokal im Thema „Kaufberatung für ein Teleskop-Set als Geschenk“

    Hallo Friedrich,


    schade, dass bei dem Besuch nicht so viel herumkam. Vermutlich sind die auf Fensterbeobachtung nicht eingestellt - keine Ahnung woran das liegt ;-). Die empfohlenen Geräte haben als achromatische Refraktoren zwar fraglos ein ausgezeichnetes Preis-Leistungsverhältnis, sind m.E. jedoch für diesen Verwendungszweck ungeeignet, weil viel zu sperrig und unhandlich, wie Du ja auch schon bemerkt hast.


    Ich wiederhole mich, auch wenn es sehr verschieden große Fenster gibt: eine voluminöse ausladende Montierung ist im Fenster nach meiner Erfahrung ebenso hinderlich wie ein zu großer Tubus. Es geht beengt zu, schnell stößt man irgendwo an, also sollte alles so kompakt und leicht wie gerade noch möglich bzw. nötig sein. Damit man den zugänglichen Himmelausschnitt vergrößert, und die bildverschlechternde Thermik bei zu großem Temperaturunterschied nach draußen mit Vorhängen reduzieren kann, sollte man das Teleskop azimutal montiert ins Fenster stellen. Der Drehpunkt der Monti sollte dazu so weit Richtung auswärts stehen wie möglich. D.h. so, dass das Teleskop einerseits noch stabil steht und man es beim Hantieren nicht wortwörtlich versehentlich zum Fenster hinauswirft, aber andererseits auch in "Querlage" zur Hauswand noch das Okular erreicht werden kann, ohne dass man sich zu weit aus dem Fenster lehnen muss.


    Außerdem muß er so hoch liegen, dass man möglichst nahe bis an den Zenit schwenken kann ohne dass das Okular dann zu tief steht und ohne dass der Tubus an einem Bein anschlägt, aber wiederum nicht so hoch, dass es bei den beengten Platzverhältnissen zu kippelig wird. Das Stativ sollte deshalb relativ kurze Beine haben, die man aber für mehr Standfestigkeit weit genug abspreizen können mußs, so dass möglichst zwei davon außen auf dem Fensterbrett zu stehen kommen, ein variabler Beinanschlag hilft. Ich hatte zuerst an ein stabiles Holz-Ministativ gedacht, da das aber nicht die nötige Höhe mitbrachte, habe ich ein zu diesem baugleiches genommen:


    https://www.teleskop-express.d…e-145-mm-bis-1670-mm.html


    Den kompakten und leichten, aber genügend stabilen Montierungskopf den ich gerne verwende, hatte ich schon genannt. Weil mir der angebotene Gewichtsausgleich per Stange zu ausladend und teuer war, habe ich ein ca 2,2kg schweres Ausgleichsgewicht besorgt, dass ich mit einer M12x85mm Schraube direkt an das Friktionsstellrad anschraube. Das höhere Gewicht bei vorteilhaft kurzem Hebel drückt zwar die mögliche Zuladung, diese ist aber mit ca. 5,7kg noch hoch genug für einen rund 4kg schweren Refraktor plus Zubehör. Wichtig ist, das ganze in der Prismenklemme gut auszutarieren, damit man das Teleskop mit einem Finger dorthin schieben kann wohin man möchte, und es dann da stehenbleibt. Dabei muß man natürlich sehr gut aufpassen, dass man bei gelösten Klemmen und Okularwechsel etc. stets überlegt vorgeht, und die sichere Handhabung üben, damit das Teleskop nicht irgendwann aus dem Gleichgewicht gerät und schlagartig abkippt und irgendjemandem weiter unten womöglich dann vor die Füße oder sonst wohin fällt...


    Bei den Okularen würde ich zunächst auf 2" verzichten, das kann man später immer noch machen und mich mit mit 2 oder 3 Stück mit ca. 60° subjektivem Sehfeld bescheiden, plus einer Barlow.(z.B. Baader Q-Turret). Nötig ist in jedem Fall ein Übersichtsokular, bei 1,25" mit maximaler Feldblende, d.h. irgendwas die ca 25mm Brennwweite. Dazu kombiniert man entweder ein 8-24mm Zoom (Baader ist gut, aber etwas teurer, eines von Seben/Celestron/Meade optisch minimal schwächer, aber viel günstiger) oder stattdessen zwei weitere Festbrennweiten. Z.B. 7-8mm plus 11-13mm, halt so ausgewählt, dass sich eine gute Staffelung mit der Barlow ergibt, die man serienmäßig mit 1,3x bzw. 2,25x verkürzender Wirkung betreiben kann.


    Gruß,
    Mathias

    Hallo Friedrich,


    Du möchtest Deinen Vater gerne zwangsbeglücken, das kann ich verstehen. Aber, wenn ich das richtig einschätze, kennst Du Dich noch nicht gut aus, und Du möchtest oder kannst auch nicht allzu viel Zeit investieren, um das für ihn am besten geeignete Teleskop zu finden. Der Besuch einer Sternwarte ist Dir vermutlich zu aufwendig. Die spezielle Beobachtungssituation aus dem Fenster kommt dazu. Unter diesen Bedinungen würde ich mich an Deiner Stelle nicht blindlings auf Empfehlungen anderer verlassen. Du solltest möglichst nichts kaufen, was nicht wenigstens Du selber vorher mal angeschaut oder vorgeführt bekommen hast und vor allem nichts, was Dein Vater nicht gegebenenfalls zurückgeben oder umtauschen könnte. Auf die Regel vom geschenkten Gaul, dem man nicht ins Maul sieht, sollte man hier nicht setzen, sonst läuft man Gefahr, dass er nachher nur nutzlos rumsteht.


    Du hast hier die Empfehlung bekommen, es mit einem kompakten azimutal montierten Refraktor vom Kaliber 80-120 mm zu versuchen. Diese haben in der Bauweise als einfachere Achromaten einen Farbfehler, der bei höheren Vergößerungen stört, bei niedrigen aber nicht und der mit größerer Teleskopöffnung zunimmt. Die Bauweise als (weitgehend) farbfreier (ED-)Apo ist dagegen teurer. Damit im Hinterkopf und mit einem Zollstock in der Tasche, sowie den Maßen des Fensters auf einem Zettel (auch die Höhe über dem Boden und die Tiefe von der Fernstbank außen bis innen zur Standfläche notieren) würde ich zu einem Händler gehen. Das Fernrohrland in Fellbach ist eine gute Adresse in Deiner Nähe. Wenn möglich vorher einen Termin abmachen, der idealerweise nicht gerade am Samstag liegt, wenn alles voll ist, sondern der eine ruhige ausführliche Demonstration und Beratung erlaubt.


    Dann könntest Du aus eigener Anschauung z.B. beurteilen, inwieweit z.B. der Farbfehler bei höherer Vergrößerung an einem Achromaten stört oder in Kauf genommen werden kann, oder ob bei einer azimutalen manuellen Monti Feintriebe zum Nachführen nötig sind oder nicht, und wie stabil und schwer sie sein sollte, um das Teleskop bei starker Vergrößerung nicht zu stark zittern zu lassen. Auch die erwartete Anfaß- und Fertigungsqualität spielt ja eine Rolle. Das alles sind jedoch Dinge, deren Notwendigkeit jeder subjektiv verschieden bewertet. Nicht zuletzt wird auch das wichtige Einblickverhalten in Okulare je nach eigener Physiognomie sehr verschieden beurteilt. Darüber zu reden oder zu schreiben ist das eine, aber sich davon selbst einen Eindruck zu verschaffen, wovon hier die Rede ist, ist etwas ganz anderes.


    Du kennst Deinen Vater am besten, und wenn Du ihn schon nicht dabei haben willst - was ich nachdrücklich trotzdem nochmal empfehlen würde ;) - dann bist Du m.E. am besten beraten, Dich bei einem einigermaßen gut sortierten Händler umzuschauen und dort auch zu kaufen, statt irgendwo auf's Geratewohl zu bestellen. Manchmal hat ein Händler zufällig auch günstige Retour- oder neuwertige Gebrauchtangebote im Laden, die gut geeignet sind. Wenn auch so ein Besuch Dich zuviel Zeit kostet, käme alternativ vielleicht eine Video-Beratung in Frage, wie sie z.B. die Firma "Teleskop-Spezialisten" anbietet, auch dort ist man in guten Händen.


    Schließlich fragst Du nochmal nach konkreten Geräte-Empfehlungen. Eine Reihe von Gerätschaften wurde ja schon konkret genannt. Geräte empfehlen, die ich nicht selber kenne, mag ich nicht. Ich kann Dich aber gerne noch auf zwei ED-Apo-Refraktoren hinweisen, die ich zwar nicht kenne, deren Papierform mir aber interessant scheint. Du solltest mit solchen Hinweisen jedoch kritisch umgehen, Papier, oder heute der Bildschirm, ist geduldig...:


    https://www.teleskop-spezialis…P-Okularauszug::1264.html


    https://www.teleskop-spezialis…-2-5-R-P-Auszug::489.html


    Bei beiden hält sich der Farbfehler visuell vermutlich in Grenzen und beide sollten z.B. von der weiter oben genannten kleinen AZT6 mit Ausgleichsgewicht auf einem kleinen aber stabilen Stativ getragen werden. Wobei der mit 100mm Öffnung vielleicht gerade noch in Dein Budget passen könnte, vorausgesetzt das Zubehör (Okulare, Zenitspiegel oder -prisma, Peilsucher, evt. Koffer/Tasche) wird nicht zu teuer. Evt. kann sich Dein Vater beim Zubehör anfangs auch einschränken - es kommen ja noch Geburtstage und andere Gelegenheiten. Manche Händler lassen auch über eine Rabatt von ca. 10% mit sich reden, oder machen gleich einen guten Paketpreis. Das ist dann Verhandlungssache.


    Viel Glück und Spass beim Recherchieren und selber Ausprobieren!
    Mathias

    Hallo Friedrich,
    guten Morgen :)


    Als bekennender Fenster-Sternseher mit inzwischen etwas Erfahrung hätte ich ein paar Gegenfragen. Denn "Fensterln" in Ermangelung eines Balkons ist nicht unmöglich (auch mir wurde anfangs unbedingt abgeraten), es kann sogar Vorteile haben! Es ist allerdings eine besondere Beobachtungssituation, die einen auf kleine bis mittlere Öffnungen einschränkt und evt. kleine Um- oder Aufbauten bzw. Anpassungen am Fenster oder seiner Umgebung nötig macht, was vielleicht nicht jeder mag. Aber wenn man sich derart individuell einigermaßen darauf einrichtet, dann geht es überraschend gut! Und vor allem, es geht wunderbar oft, auch zwischendurch, finde ich. Wolkenlücken, Wetterwechsel, kurz noch klarer Himmel bevor der Dunst oder Nebel aufsteigt, die oft besonders klare Luft nach einem Regen nutzen, noch schnell einen Blick in den Himmel oder auf den Mond, oder einen majestätischen Planeten, bevor man zu Bett geht, - alles kein Problem, ein paar Handgriffe und ich bin startklar. Wieviele schöne Beobachtungen wären mir sonst durch die Lappen gegangen, weil mit einer großen Ausrüstung rauszufahren den Aufwand nicht gelohnt hätte... Also, vielleicht helfen folgende Überlegungen weiter:

    0. Wollt Ihr Euren Vater unbedingt mit einem Komplettpaket zum Einstieg überraschen, oder kann er in die Entscheidung mit einbezogen werden? Ein überraschendes Geschenk ist natürlich eine schöne Idee, aber die Angelegenheit ist halt auch etwas speziell, und es geht ja darum dass Dein Vater mit den Gerätschaften klarkommt. Wenn irgend möglich, wäre es eigentlich am besten, ihn zunächst mit Einsteiger-Literatur zur Teleskopwahl auszustatten, evt. was aus der Stadtbib leihen, da gibt es meistens genug davon, damit er einen Überblick bekommt was ihm gefallen könnte. Und mit diesem Vorwissen könnte er über die eigenen Vorstellungen und die eingeschränkten Beobachtungsmöglichkeiten am Fenster dann genauer nachdenken, und z.B. mal zu einer Sternwarte fahren und sich dort von den Leuten etwas zeigen lassen. Wenn man weiß was man will, kann man auch bessere und gezielte Fragen stellen. Evt. gibt's auch einen einigermaßen gut sortierten Händler in der Nähe, wo man sich beraten lassen kann, und selber Durchschauen und Hand anlegen. Wenn das alles eher nicht in Frage kommt, oder von Fensterbeobachtung gleich abgeraten wird, hier ein paar weitere Fragen, die zu überlegen sich vielleicht lohnen:


    1. Wie tickt Dein Vater? Wenn ich mal exemplarisch und wertneutral die Extreme nenne, wo würdest Du ihn einordnen: eher geduldig und systematisch oder legt er mehr Wert auf Beobachtungserfolge ohne viel Aufwand? Ist er z.B. handwerklich geschickt und experimentierfreudig beim Sägen, Bohren, Schrauben und Dübeln, hat er vielleicht eine kleine Werkbank für Arbeiten an Holz und Metall, oder ist er eher ein Genießertyp, oder hat er vielleicht zwei linke Hände, oder einfach keine Lust, groß Zeit und Aufwand zu investieren und bevorzugt lieber eine fertige Lösung von der Stange? Wie gut sieht er, muß er mit, oder kann er auch ohne Brille beobachten? Wo wohnt er, unter dunklem Landhimmel, oder in der lichtverschmutzen Stadt? Will und kann er das Teleskop auch mal nach draußen transportieren?


    2. Zum Beobachtungsplatz im Haus: Hat das Zimmer nur Dach- oder auch Seitenfenster, und gibt es Fenster in Richtung Süden? Dachfenster sind im Prinzip nicht so ideal. Oft lassen sie sich nicht weit aufklappen, oder ragen beim Aufklappen zu weit ins Innere, was den Beobachtungsradius einengt. Ein Seitenfenster lässt sich meist viel weiter öffnen ohne dass der Fensterflügel stört und hat zudem den großen Vorteil, dass man es mit - möglichst dicken, schweren und blickdichten - Vorhängen ausstatten kann, die man mit Wäscheklammern dicht um den möglichst weit herausragenden Teleskoptubus herumpackt. Je dicker, schwerer und dichter der Stoff, desto besser isoliert er, und schirmt Luftzug und leichte Windstöße und auch Störlicht aus der Nachbarschaft ab. Wichtig ist, dass sie bis auf die Fensterbank herunterreichen, sie abdecken, und auch sonst überall möglichst dicht abschließen. Wenn man sich eine geschickte Anbringung des gut ausgewählten Stoffs überlegt, reduziert sich die ungünstige Thermik bei nicht ausgekühltem Zimmer ganz erheblich und das Bild bleibt dann viel besser scharf und ruhig, weil es (so gut wie) keine Ausgleichsströmung zwischen Innen- und Außen mehr gibt, die sonst zuviel störendes Gewaber erzeugt.


    Als angenehmer Nebeneffekt bleibt das Zimmer dabei auch (länger) einigermaßen warm, was das Beobachten etwas gemütlicher macht. Etwas nachteilig ist, dass man zum manuellen Peilen und Aufsuchen der Objekte jedesmal die sonst mit Wäscheklammern ums Teleskop fixierten Vorhänge zurückschlagen muß und dann wieder für kurze Zeit beim Aufsuchen das lästige Zimmer-Seeing einsetzt. Mit einer kleinen Goto-Montierung läßt sich aber auch das vermeiden :)


    Die südliche Ausrichtung ist wichtig, weil man die meisten Beobachtungsobjekte dort am besten sehen kann, Südost oder Südwest gehen auch, Nord ist eher uninteressant. Unter dem Seitenfenster sollte am besten eine Grünfläche sein, über die der Blick geht - über dicht bebauten asphaltierten Flächen, Dächern oder Straßen ist die Luft sehr unruhig, Wiesen und Gärten, Felder und Wälder sind für das Seeing besser. Stein und Beton erwärmen sich am Tag und strahlen die Wärme nachts noch lange ab, daher ist es für ruhige Luft ums Haus etwas besser, wenn es sich zufällig um ein Holzhaus handeln sollte..?


    Ein Fenster mit Fensterbrett hat gegenüber einem Dachfenster noch einen zweiten Vorteil: man kann sich eine kleine Montierung mit einem stabilen Tischstativ so zurichten, dass die kurzen Stativbein draußen auf dem Fensterbrett und drinnen auf einem schmalem festen Tisch oder Regalbrett unter dem Fensterbrett stehen. Damit gelangt der Dreh- und Schwenkpunkt des Teleskops möglichst weit nach auswärts über die Fensterbrüstung, was den Beobachtungsradius erheblich vergrößert und die ungünstige Thermik für die Optik verbessert, die dadurch so weit wie möglich nach draußen schaut. Ist Dein Vater handwerklich interessiert, kann er sich für die Monti auch eine kleine Plattform, eine verbreiterte und stabile ebene Standfläche wie einen kleinen Tisch über dem Fenstersims ausdenken und bauen, oder eine mit Schraubzwingen reversibel zu befestigende Halterung basteln, sobald er weiß, welche(s) Teleskop(e) und Montierung(en) er will...


    3. Zur Montierung: Möchte Dein Vater einfach möglichst unkompliziert, frei und spontan mit niedriger Vergrößerung am Himmel spazierensehen, oder möchte er lieber mit höherer Vergrößerung und/oder bei automatisch nachgeführtem Teleskop beobachten, was zum Ausgleich der Erddrehung für Mond und Planeten sehr zu empfehlen ist? Eine parallaktische Montierung würde ich für zuhause aus dem Fenster ausschließen, weil deren Rektaszensionsache auf den Polarstern ausgerichtet werden muß, was in einem Zimmer meistens nicht geht (ja..., ich weiß, aber Scheinern dauert und ist für Anfänger kaum zu empfehlen). Im ersten Fall wäre eine handgeschobene azimutale Montierung am bequemsten aufzubauen und zu "händeln", im zweiten Fall eine kleine azimutale elektronische GoTo sehr geschickt, weil sie nicht nur nachführt, sondern auch die Objekte findet, sobald sie korrekt eingerichtet ist. Das Einrichten ist kein Hexenwerk, verlangt aber eine grobe Orientierung am Himmel, damit man wenigstens einen Referenzstern beim Ausrichten richtig zuordnet (sog. One-Star-Alignment, reicht für visuelle Zwecke bei genügend waagerechter und stabiler Aufstellung der Monti aus). Außerdem muss man sich mit der Bedienung der Elektronik vertraut machen. Wenn man dagegen von Hand schiebt und peilt, sind Sternkarte und Rotlicht unabdingbar, sonst findet man wenig bzw. kann es nicht zuordnen.


    4. Zum Teleskop. Aus dem bereits Gesagten ergibt sich m.E., dass Newton-Teleskope mit Front- und noch dazu seitlichem Einblick für Astronomie aus dem Fenster heraus so ziemlich das aller-ungeeigneteste sind, was es überhaupt gibt. Man kann den Newton wegen des Einblicks nicht weit aus dem Fenster hängen und der Spiegel bleibt trotzdem immer hinten im wärmeren Innenraum, wo er aufgrund des Temperaturgradienten zur Außenluft schlecht bis gar nicht zur Ruhe kommt. Der Drehpunkt liegt außerdem niedrig und damit unnötig weiter weg von der Fensteröffnung, was den Beobachtungsradius extrem einschränkt. Deshalb würde ich unbedingt auf Teleskope mit Heckeinblick setzen, die nicht groß Auskühlen müssen. Das schließt erstens Newtons für Fensterbeobachtung m.E. kategorisch aus (hielte ich für einen unüberlegten Beratungsfehler), und es limitiert zweitens die Größe von Katadioptern wie MAKs und SCs auf maximal ca. 150mm Öffnung, weil z.B. MAKs mit ihrer dicken Frontlinse sonst stundenlang nicht zur Ruhe kommen.


    Mit einem Refraktor ist das alles kein Problem, und obendrein kann man den auch für Tagbeachtung von Vögeln, sonstigen Tieren oder Flugzeugen gut einsetzen. Ich würde daher einen Refraktor mit 80 bis maximal ca. 120mm Öffnung empfehlen, bei dem der Tubus allerdings nicht allzu lang sein darf, wenn es nicht zu schwer und zu voluminös beim Schwenken werden soll. Also entwerder eine Kombination aus kurzem bis mittlerem Achromaten für Weitfeld plus einem Katadiopter für Planeten und Mond. Oder, wenn es unbedingt nur ein Gerät sein soll, ein visuell farbreiner ED-Apo - aber dann wird das Budget nicht für mehr als 80mm reichen. Interessant wäre vielleicht eines der neuen Lanthan-Doubletts, die man teils für weniger als 500 bekommt. Es sei denn auch Gebrauchtkauf käme infrage, da kann man z.B. einen bekannt guten und relativ leichten Skywatcher ED 100/900 durchaus schon mal für 400 finden.


    Zu solchen leichteren Teleskopen passt einen kleiner aber genügend stabiler azimutalen Kopf wie z.B. der TS-AZT6, evt. mit zusätzlichem kleinen Ausgleichsgewicht, den man auf ein stabiles Fotostativ mit kurzen flach abspreizbaren Beinen setzen kann, damit kommt man gut über den Fensterrahmen. Feintriebe fehlen dort, sind m.E. aber nicht unbedingt nötig. Sollte man jedoch mal ausprobieren, mancher tut sich bei höherer Vergrößerung damit doch leichter, dann wäre die genannte Porta o.ä. Alternativen interessant. Oder man gönnt sich eine kleine GoTo wie z.B. die Az-GTi, die sich ebenso auf so ein gut spreizbares kurzbeiniges Stativ setzen lässt. Wenn die Möglichkeit ohne Motoren und Lautstärke zu schwenken wichtig ist, sollte man bei der aber ausprobieren, ob der manuelle Schwenkmodus genügend feinfühlig geht. (Oder vielleicht selbst mechanisch verbessert werden kann, irgendwo hat das mal jemand beschrieben).


    Die Okularausstattung wäre dann noch ein eigenes Thema, Zoom mit bequem veränderlicher Vergrößerung oder Festbrennweiten mit mehr Sehfeld, oder beides, oder evt. sogar ein Bino-Ansatz (für Mond und Planeten sehr zu empfehlen), Einblick mit oder ohne Brille...


    Ich selbst beobachte DeepSky und Weitfeld sehr gern mit dem leichten Nexstar SLT 102 Refraktor, der ist fertig montiert mit einem Griff ins Fenster gestellt. Oder ich nehme den Skywatcher 120/600, der noch einen Tick weitwinkliger geht und für DeepSky sichtbar mehr Licht liefert, mehr als jeder kleinere Apo, und sei der optisch noch so gut. Der Farbfehler ist mir bis ca. 60-fach sehr gut erträglich, mit 2" Okularen sind das beides schöne Weitfeldteleskope. Für höhere Vergrößerungen an Kugelsternhaufen oder Mond und Planeten wechsle ich auf das Celestron SC6, das dank Isoliertapetenmantel nicht groß Auskühlen muß und mit nur 3,5kg Tubusgewicht problemlos auf die genannten kleinen Montierungen passt. Wobei sich alle Teleskope auf der GoTo-Monti auch mit Bluetooth per App vom Tablet/Smartphone aus bequem steuern lassen. (Und für Videoastronomie brauche ich auch keinen Labtop oder eine mobile Stromversorgung, denn der PC steht neben dem Fenster. Damit lassen sich am Bildschirm in wenigen Sekunden bis höchstens ein, zwei Minuten Belichtungszeit - also quasi live - trotz der bescheidenen Öffnungen Strukturen sichtbar machen, die auch mit dem besten Riesen-Dobson unter Hochgebirgshimmel visuell nicht erreichbar sind, auch wenn dessen Auflösung und Lichsammelvermögen x-fach höher liegen...)


    Viel Erfolg,
    Mathias