Beiträge von Heljerer im Thema „Warum ist die Gravitation an den Erdpolen größer?“

    Hallo Armin,


    der äußere Erdkern ist dünnflüssig wie Wasser. Nur der innere Erdkern ist fest. Der äußere Erdkern verhält sich daher, so wie bereits von Clairaut für die gesamte Erde berechnet, nämlich wie ein Rotationsellipsoid. Natürlich nimmt die Abplattung von außen nach innen ab. Der Kern muss geringer abgeplattet sein als die Erdoberfläche. Daten schwarz auf weiß habe ich dazu auch nicht gefunden.


    Der Hauptgrund für die stärkere Gravitation an den Polen ist tatsächlich der geringere Abstand zum Schwerezentrum. Aber das passt eben nicht 100%ig. Das heißt, dieser Effekt und die Zentrifugalkraft reichen zur korrekten Berechnung nicht aus. Im schwarzen Forum hat das "gutmensche" in schwer verständlichem Deutsch, aber dennoch richtig beschrieben. Am Äquator ist man weiter vom Zentrum weg, hat aber gleichzeitig mehr Masse unter den Füßen. Dies mindert den Abstandeffekt ab.


    Gruß
    Wolfgang

    Hallo Armin,


    ich glaube, da ist einiges durcheinander geraten. Mal der Reihe nach.


    1.) Ruhende homogene Kugel


    1a.) Äußeres Kraftfeld
    Das Kraftfeld außerhalb der Kugel verhält sich exakt so wie das einer Punktmasse. D.h. die Anziehungkraft nimmt quadratisch mit dem Abstand zum Kugelmittelpunkt ab.


    1b.) Inneres Kraftfeld
    Das Kraftfeld innerhalb der Kugel nimmt linear von der Oberfläche bis zum Mittelpunkt auf Null ab.


    2.) Rotierende homogene Kugel
    Alles entsprechend wie bei 1.) nur dass die Zentrifugalkraft zum Schwerkraftfeld addiert werden muss. Also mathematisch sehr sehr einfach.


    Kompliziert wird es bei einem Rotationsellipsoid (Die Geometrie der Erde kann gut als solches modelliert werden)


    3.) Rotationsellipsoid
    Der Unterschied zwischen rotierendem und ruhendem Rotationsellipsoid lässt sich sehr einfach über die Addition der Zentrifugalkraft berechnen.


    Am Äquator der Erde ist der Abstand zum Mittelpunkt ca. 21 km geringer als am Nordpol. Dies wird vereinfacht oft als Erklärung für die geringere Schwerkraft am Äquator verwendet. Das ist aber leider nur die halbe Wahrheit. Tatsächlich ist alles wesentlich komplizierter. Wenn das so einfach wäre, hätte ich am Nordpol 21 km über der Erdoberfläche die gleiche Schwerkraft wie am Äquator. Tatsächlich bin ich am Äquator aber schwerer als 21 km oberhalb des Nordpols. Wohlgemerkt, alles vorläufig ohne Berücksichtigung der Zentrifugalkraft! Das liegt daran, dass am Äquator noch die 21 km dicke Erdschicht eine zusätzliche Anziehungskraft ausübt, die die resultierende Schwerkraft wieder leicht erhöht.


    Die mathematische Behandlung des Ganzen ist im Prinzip seit Newton klar. Das Rotationsellipsoid wird in infinitesimale Volumenelemente aufgeteilt, für jedes Volumenelement wird das Gravitationskraftfeld berechnet, dann einmal über alle Volumenelemente integriert, fertig. Da über drei Raumkoordinaten (in Form von kartesischen oder elliptischen Koordinaten) integriert werden muss, ergibt sich ein 3fach-Integral. Das kann man heuzutags sehr schnell nummerisch machen. Es gibt aber auch Lösungen in mathematisch geschlossener Form. Im schwarzen Forum findest du einige Links dazu. Dritte Möglichkeit: Vereinfachte Näherungslösungen für den Fall geringer Abplattung. Z.B.
    https://en.wikipedia.org/wiki/Clairaut%27s_theorem
    Vierte Möglichkeit: Gebrauchformelsformeln für den Praktiker.


    Was nun den Erdkern und die inhomogene Verteilung betrifft: Der Erdkern ist ebenfalls abgeplattet! Die Inhomogene Massenverteilung ist nicht die Erklärung für die unterschiedliche Anziehungskraft an den Polen und am Äquator. Vielmehr hat Clairaut (siehe Link oben) bereits 1743 unter Voraussetzung einer homogenen Verteilung einer viskosen Masse nachgewiesen, dass sich infolge der Rotation ein Ellipsoid bildet und dass damit auch die gemessenen Schwerkraftwerte (insbesondere der Unterschied zwischen Pol und Äquator) sehr gut reproduziert werden kann.


    Gruß
    Wolfgang