Hallo Noah,
von den fertig zusammen gestellten Okularkoffern würde ich, egal von welchem Händler, abraten. Sie enthalten zwar einige wirklich nützliche und gute Okulare, aber auch einige, die man zumindest in der angebotenen Konstellation nicht wirklich benötigt. Der Händler möchte etwas verkaufen und spekuliert darauf, dass man die im Koffer für den eigenen Zweck fehlenden Teile etwas später nachkauft.
Für den Einstieg ist es sinnvoll, den vom Teleskop abgedeckten Vergrößerungsbereich gleichmäßig mit drei bis vier Okularen abzudecken. Entwickelt man im Laufe der Zeit Interessensschwerpunkte, kann man entsprechende Okulare mit kurzer oder langer Brennweite hinzukaufen.
Ich rate zu folgender Grundausstattung der Vergrößerungen:
1. Minimal sinnvolle Vergrößerung (ca. 1/7 der Öffnung in Millimeter): ca. 22-fach (das 32mm-Okular kommt dieser mit 23,4-fach am nächsten)
2. Zwischenvergrößerung: 9 Millimeter-Okular (83-fach)
3. Förderliche Vergrößerung (Öffnung in Millimeter): 5 Millimeter-Okular
4. 1,5-fache Öffnung in Millimeter (225-fach): 3,5 Millimeter-Okular (214-fach)
Das hat folgenden Hintergrund:
Mit der Vergrößerung von 1/7 der Teleskopöffnung wird bei dunklem Himmel eine maximale Lichtausbeute erzielt: Der Lichtkegel, der das Okular verlässt (die sog. Austrittspupille) ist dann nahezu genauso groß wie der Pupillendurchmesser des dunkeladaptierten Auges. Wäre die Vergrößerung schwächer, würde die Pupille den Lichtkegel beschneiden, Licht würde also verschenkt. Mit höherer Vergrößerung und damit kleinerer Austrittspupille wird das Bild dunkler. Bei manchen Objekten ist das ein Vorteil, da der Himmelshintergrund mit abgedunkelt wird und sich der Kontrast zum Objekt erhöht. In der Regel ist jedoch ein helleres Bild von Vorteil.
Die förderliche Vergrößerung ist diejenige, ab der das Auflösungsvermögen des Teleskops voll ausgenutzt wird. Sie entspricht zufällig nahezu exakt dem Spiegeldurchmesser in Millimeter. Bei einer weiteren Steigerung der Vergrößerung werden keine weiteren Details aufgelöst (sog. "leere Vergrößerungen"). In Einzelfällen, z.B. engen Doppelsternen an der Auflösungsgrenze, kann bei gutem Seeing eine weitere Steigerung der Vergrößerung eine bessere Erkennbarkeit bewirken, ohne das weitere Details aufgelöst werden.
Die 1,5-fache Vergrößerung der Öffnung in mm ist für Planeten ein Erfahrungswert, der ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Bildhelligkeit, Abbildungsgröße, Kontrast und Beugungsunschärfen (verursacht durch den Spiegelrand, Fangspiegelhalterung und -streben) darstellt. Ich habe selbst die Erfahrung gemacht, dass Planetendetails hier am besten erkennbar sind: Bei höheren Vergrößerungen nehmen der Kontrast ab und die Beugungsunschärfen zu, bei schwächeren Vergrößerungen wird das Bild kleiner und heller, so dass feine Details ähnlich wie beim Mond manchmal überstrahlt werden.
Ich hoffe, ich konnte das verständlich darstellen.
VG Christian