Moin!
Ich hatte Lust auf Basteln und wollte sowieso mal eine Exzenterklemmung ausprobieren. Da bot es sich ja geradezu an, als Studie einen Azimutuntersatz für die bewährte einzinkige Gabel zu basteln. Das macht dann die Montierung wenigstens noch bizarrer. 55er Alu war noch im Haus und im Späneeimer war noch Platz
Also aus 7075er Rundalu einen "Doppelzapfen" gedreht. Ein Zapfen steckt im Stativkopf, so wie vorher auch, ein Zapfen guckt nach oben. Der Doppelzapfen ist längs durchbohrt und hat in der Mitte in der Bohrung eine Engstelle, die wird später noch gebraucht.
Auf dem nach oben guckenden 30er Zapfen (34 mm lang) ist wieder ein saugend-schmatzend gedrehtes POM-Axial- und Radialgleitlager in bewährter Art (wie schon im ersten Teil weiter oben beschrieben) aufgesetzt.
Auf das Lager ist ein mit eingefrästen Griffmulden verzierter "Alubecher" gestülpt, der mit einer 10er Schraube am Polhöhenrektaszensionsachsenklotz angeschraubt ist. Schraubt man das schön fest, dann klappert das auch nicht. Eine größere Schraube wäre sicher hübsch, aber ich bin ziemlich zuversichtlich, daß die Längung der Schraube bei den wirkenden Kräften sich nicht in dramatischen Wacklern im Bild äußert, zumal sich der Becher in der kleinen Achse auf einem 32 mm Duchmesser auf dem Polhöhenklotz abstützt. Und die 6 mm Schräubchen an den Achsklemmungen der parallaktischen Gabel reichen ja auch voll und ganz. Erstaunlicherweise. Mit einer Portion Fett allüberall dazwischen glibscht auch dieses Lager wieder sehr hübsch und geschmeidig. Noch läßt sich das Konstrukt ja aber nicht klemmen.
Deshalb habe ich den Alu-Becher quer durchbohrt, Messingbuchsen (jajajajajaaa, da gehört eigentlich Bronze hin, kann ich ja immer noch austauschen, wenn die denn mal eingelaufen sind und die Messingreste grinsten mich so an) eingepreßt und eine hübsche kleine Exzenterwelle aus immerhin vergütetem Stahl (Durchmesser an den Lagersitzen 8 und 10 mm, Exzentrizität 0,5 mm) gedreht und die Gleitflächen mit einem Abziehstein und viel Öl schön blitzeblank geschubbert.
Und auf den Exzenter ist dann ein durch die zentrale Bohrung des Doppelzapfens geführter Zugbolzen aufgesteckt, der sich unten mit einem halbkugeligen Messingnubsi in der vorhin schon erwähnten Engstelle abstützt. Dadurch wird der Winkelversatz des Exzenters ausgeglichen. Nun noch eine Tellerfeder dazwischen, um eine angenehme Vorlast einzustellen und zwei M 8 Muttern auf das untere, M 8-gewindete Ende des Zugbolzens, eine zum Einstellen der Vorspannung und eine zum Kontern. Fertig. Das waren dann zwei entspannte Basteltage im Keller.
Natürlich ist die Querbohrung einen Hauch verlaufen, trotz Anspiegeln, Anbohren und Vorbohren und so mußte ich die mit einer Lagerluft von etwa 0,02 mm zurechtgefrickelten Messingbuchsen noch etwas nachschaben. Aber nun funktioniert das recht gut. Zum brutal festen Klemmen braucht man aber einen gut trainierten Daumen. Eine Bronzebuchse im Zuganker wäre vielleicht noch sinnig gewesen, kann ich ja machen, wenn sich die Paarung Stahl auf Stahl doch als zu ruppelig erweisen sollte.
Wenn nun irgendjemandem ob des Anblicks der vielen aufeinandergetürmten Gleitflächen und der Sorge um die Steifigkeit übel wird - wird mir auch. Ist aber eher unnötig, denn es geht hier um einen Aufsatz für ein Fotostativ und das ist die labberigste Komponente des Gesamtaufbaus. Und die zusätzliche Höhe durch den Azimutaufsatz spart man dann unten beim geringeren Ausziehen der Stativbeine steifigkeitsfördernd gleich wieder ein.
Und was soll der Quatsch denn nun? Klemmt man die Stundenachse und stellt man die Azimutachse auf "glibsch", dann ist das Gebilde nun eine recht weichlaufende azimutale Montierung für den kleinen 72er, denn das Ärmchen steht ja schräg genug, daß man vom Horizont bis in den Zenit kommt. Und klemmt man die Azimutachse, dann kann man in der Stundenachse wie vorher auch vom Südbalkon Sonne, Mond und Planeten gucken. Natürlich ist das Dingens nun auch wieder schwerer geworden. Angesichts des eher ähhhm.... robusten Teleskopköfferchens macht das aber nicht wirklich was aus.
Und wenn sich das in der weiteren Erprobung doch als ausgemachter Blödsinn herausstellen sollte, dann kann ich das ja auch einfach wieder abschrauben (den alten Stativaufnahmezapfen habe ich ja nicht verschrottet) und dann ist der Weg zu einer winzigen t-förmigen azimutalen Montierung ja nicht weit: auf den Becher ein in ähnlicher Art gebasteltes kleines Elevationsachsgehäuse draufzusatteln ist wirklich keine große Sache. Die Art der Lagerung ist ziemlich einfach und schnell gemacht und hat sich mittlerweile für so ein Kleinzeug sehr bewährt. Es hat sich aber nach bald zwei Jahren Gebrauch als lohnend herausgestellt, die Lager mal auszuwischen und frisch zu fetten.
Gestern abend schien dann aber der Mond noch durch die schleierigen Wolken und so kam es zum Test: tut. Gut. Schön weich, aber stramm nachführbar in Azimut, wenn in Azimut geklemmt, dann (wie auch vorher schon) schön weich nachführbar in der Stundenachse. Bis etwa 140fach für meinen Geschmack sehr angenehm. Nerviges Wackeln war für mich nicht erkennbar, durch den Untersatz ist der Aufbau nicht erkennbar schlabberiger geworden. Allerdings nervte das Zittern des Stativs nach einem Nachführschubs ein wenig, läßt sich aber durch Dämpfen eines Stativbeins durch Handauflegen beherrschen und das war auch schon vorher so. Und: es geht hier um ein robustes und transportables Schnellguckgerät, nicht um einen Sternwartenaufbau. Nur beim Nachführen in zwei Achsen wurde ich wieder ein wenig wahnsinnig, aber genau deshalb habe ich ja das parallaktische Einärmchen geschnitzt. Vielleicht erfreut das Gebilde im azimutalen Modus auf dem Acker für Weitfeldgucken, mit dem Dobson ertrage ich das ja auch. Mal probieren, sollte es jemals wieder klar werden...
Und nun gibt es zum Schluß noch Bildchen, fröhliches Grinsen!
Die aktuelle Gesamtansicht. War das Ding nicht schon immer so?
Azimutuntersatz von hinten...
... und mit dem Knebel für die Exzenterklemmung von vorn
Viele Grüße von
Marcus