Hallo Freunde,
Ich habe gestern Morgen spontan noch mal mein Leica 8x20 eingepackt und in der Mittagspause den Farbrändern meiner Brille nachgespürt. Eine der zahlreichen Hamburger Kirchen bot einen schönen dunklen Kirchturm vor hellem Hintergrund, bei dem man eventuellen Säumen sehr gut nachspüren konnte.
Erst mal: die Brille solo.
Wenn man nicht einfach so happy go lucky drauf los schaut, sondern ganz bewusst auf Farbsäume achtet, sind sie auch da. Und sie sind zumindest bei meinen Gläsern nicht ohne. Schon knapp außerhalb der Mitte deuten sie sich zart an, hellrot und hellblau und eindeutig zu sehen. Richtung Rand werden sie schnell breiter und auffälliger und die Farbe geht kurz vor dem Glasrand in ein sattes rot und blau über. Darüber hinaus hat meine Brille auch noch eine schöne tonnenförmige Verzeichnung, die mir zuvor noch gar nicht aufgefallen ist. Kurz gesagt: am Rand ist alles schön bunt und krumm und auch nicht wirklich scharf. Aber um da hin zu schauen muss man die Augen schon ordentlich verrenken. Aber das macht man eigentlich kaum, deshalb fällt das ganze praktisch nicht weiter auf. Im Zentralbereich ist alles grade und scharf und die feinen Säume fallen nur auf, wenn man bewusst darauf achtet.
Dann: das Leica solo.
Im inneren Drittel fast nichts. Keine echten Farbsäume, vielleicht eine Andeutung davon, wenn die Einblickposition nicht 100%ig stimmt. Aber sonst das, was ich als farbrein bezeichnen würde.
Im mittleren Drittel dann leichte Säume an der Kirchturmkante. Aber nicht rot/blau sondern grün/blau. Lustig.
Im äußeren Drittel werden sie dann deutlicher, aber nicht störend. Immer noch grün/blau mit einem Hauch rot an der grünen Kante. Dafür kommt am Rand noch kissenförmige Verzeichnung dazu, die mir bis heute gar nicht aufgefallen ist. So kann man sein Glas auch kennenlernen. [:D]
Letztendlich: das Leica mit Brille.
Tja, was soll ich sagen. Ich konnte es kaum glauben, aber ich konnte nicht wirklich stärkere Farbsäume bei der Kombination Brille/Leica feststellen als beim Glas ohne Brille. Vielleicht ein bisschen mehr, aber das war schlecht festzustellen, weil ich natürlich jedesmal die Brille ab- oder aufsetzen und das Glas umfokussieren muss. Das macht den direkten Vergleich etwas schwierig.
Was ich aber definitv sagen kann ist, dass ich weniger Farbsäume bei der Kombination sehe als mit der Brille allein. Auch wenn ich mir beim Blick durch das Fernglas genau merke, an welcher Stelle ich durch das Brillenglas geschaut habe und hinterher durch die gleiche Stelle der Brille auf die Kirchturmkante schaue, sehe ich ohne Fernglas stärkere Farbsäume als mit!
Normalerweise hätte ich vermutet, dass sich die Farbsäume bei Betrachtung mit Glas addieren oder zumindest genauso stark sind wie bei der Betrachtung ohne Glas. Aber sie sind definitiv geringer.
Ich habe da jetzt offen gesagt keine echte Erklärung für. Ich könnte mir vorstellen, dass Armins Vermutung in die richtige Richtung führt, dass die kleine AP von 2,5 des 8x20 als Blende wirkt, die den Farbfehler verringert. Aber da ich tagsüber beobachtet habe, dürfte meine Augenpupille auch nicht voll geöffnet gewesen sein.
Alternativ könnte die Transmission des Leicas im roten und blauen verringert sein, wodurch die Farbsäume der Brille einfach weggefiltert werden. Um das festzustellen, müsste man die Transmissionskurve des Fernglases analysieren und mit einem Spektrum des Brilenglassubstrats vergleichen. Puuuh, ich glaube, das überlasse ich jemand anderem [;)]
Ich bin auf jeden Fall sehr überrascht und werde heute noch mal versuchen, die Ergebnisse zu verfeinern, wenn ich Zeit finde. Zu einem Test mit dem 8x42 komme ich heute nicht. Auf jeden Fall gibt dieses Ergebnis der Frage nach dem Farbfehler der Kombi Fernglas/Brille eine weitere Komponente.
Es bleibt spannend.
Marcus