Beiträge von Presto im Thema „Zeiss AS 100/1000“

    Hallo Christoph und Hannes,


    nein - meiner ist nicht derjenige aus den eBay-Kleinanzeigen. Dieser hatte einen neueren Tubus mit blauem Zeiss-Logo und dem anthrazitgrau lackierten Helikalauszug / Mikrofokussierer, den Andreas in seinem obigen Beitrag erwähnt hat. Meiner hat nicht dieses blaue Zeiss-Logo und ist mit dem silberfarbenen Helikalauszug ausgestattet.


    Im Übrigen habe ich soeben zu Petrus gebetet und ihn für dieses Jahr eindringlich um viele klare Nächte (vorzugsweise jeweils im Zeitraum um Neumond) gebeten. Seine Antwort war allerdings unbefriedigend: "Jemand, der so oft sündigt wie Du, sollte nicht auch noch Forderungen stellen." [:(][:(][:D][:D]


    Viele Grüße


    Ulrich

    Zeiss AS 100/1000 auf Vixen AP-Z und Stativ HAL 130:






    Der Tubus des Refraktors wurde laut Auskunft des Zeiss-Archivs etwa 1969 hergestellt. Das Objektiv mit der Seriennummer 83763 ist wesentlich jünger und dürfte Ende der 1980er Jahre gefertigt worden sein.


    Der sehr solide Tubus ist mit dem schönen zweistufigen Fokussierer M52 ausgestattet. Dieser besteht aus einem Schiebetubus mit 60 mm Weg zum Schnellfokussieren und einem sich anschließenden Helikalauszug mit Skala und 36 mm Fokussierweg. Nach Durchführung eines Fettaustausches lässt sich der Helikalauszug wieder angenehm leicht verstellen. Am Ende des Fokussierers befindet sich das bekannte Zeiss Schnellwechselsystem. Schließlich habe ich noch den mit einem M44/T2-Adapter an das Schnellwechselsystem angeschlossenen Zenitspiegel mit einem kleinen T2-Helikalfokussierer ausgestattet, der eine besonders leichtgängige und präzise Feinfokussierung ermöglicht.


    Das 7,5-fach vergrößernde Sucherfernrohr hat 42 mm freie Öffnung und 150 mm Brennweite. Der Sucher bildet scharf ab und zeigt damit, dass sein Objektiv trotz des sehr großen Öffnungsverhältnisses von f / 3,57 von ausgezeichneter Qualität ist.


    Das Design des AS-Objektivs geht auf den Optikrechner Dr. August Sonnefeld zurück, der seit 1911 der Firma Zeiss angehörte und 1935 Leiter der neuen Abteilung Astrooptik wurde. "Von Sonnefeld wurde 1926 das Astro-Spezialobjektiv "AS" geschaffen, ein zweilinsiger Halbapochromat von vorzüglicher Korrektion." (Riekher, Fernrohre und ihre Meister, Seite 216)


    Es handelt sich um ein Steinheil-Objektiv (Zweilinser mit Luftspalt) aus Schott-Gläsern mit einem Frontelement aus Flintglas und einer hinteren Linse aus Kronglas BK7. Dabei hat Zeiss bei der vorderen Linse das "normale" Flintglas F2 durch das Kurzflintglas KzF2 ersetzt, um die Farbkorrektur zu verbessern. Außerdem wurde die Rückseite der hinteren Linse mit einer asphärischen Fläche versehen.


    Das Zeiss AS-Objektiv ist ein Meisterwerk, das in der Summe seiner Eigenschaften vielen modernen apochromatischen Objektiven überlegen ist. Die Gründe hierfür sind:


    -- Präzise Optikrechnung


    -- Verwendung von Gläsern höchster Güte


    -- Großer Zeitaufwand für sehr hohe Qualität der Politur


    -- Jede Optik wurde bei Zeiss von Hand retuschiert


    -- Spannungsfreie Lagerung der Linsen in exzellenter Objektivfassung


    Das AS-Objektiv 100/1000 ist natürlich nicht apochromatisch. Die Korrektur des Farblängsfehlers ist aber immerhin so gut, dass bei 99 Prozent aller mit vier Zoll Öffnung erreichbaren Himmelsobjekte keinerlei Farbfehler zu sehen ist. Meine im Laufe von fast 40 Jahren gesammelten Erfahrungen mit Refraktoren aller Art einschließlich zahlreicher Apochromaten sprechen eindeutig dafür, dass eine sehr gute sphärische Korrektur und die Güte der Politur eines Objektivs für dessen Leistungsfähigkeit wesentlich wichtiger sind als eine sehr gute Korrektur des Farblängsfehlers. Mit anderen Worten: Ein Refraktor mit einem physikalisch (wegen der verwendeten Glassorten) bedingten moderaten Farblängsfehler, aber einer hervorragenden sphärischen Korrektur und Politur (wie der Zeiss AS 100/1000) liefert eine bessere Abbildungsqualität als ein völlig farbreiner Vollapochromat mit nicht optimaler sphärischer Korrektur oder mäßiger Politur (z. B. Mikrorauheit; die Feinstruktur der Linsenoberflächen hat für die Menge des Streulichts, das bei der Abbildung entsteht, große Bedeutung). Dies gilt selbst dann, wenn ein Apochromat einen sehr hohen Strehlwert aufweist, denn die Erfassung der Wellenfront-Topografie über ein Interferogramm erfolgt nach einem so groben Raster, dass damit die Mikrorauheit gar nicht erfasst werden kann.


    Deshalb ist es auch falsch, wenn - wie es häufig in Testberichten oder Erfahrungsberichten oder Beiträgen in einschlägigen Foren geschieht - die Qualität eines Refraktorobjektivs allein oder in erster Linie danach beurteilt wird, ob an sehr hellen Objekten noch "ein Hauch Farbe" zu sehen ist.


    Der Zeiss AS 100/1000, der wegen seiner unmittelbar am Tubus montierten Prismenschiene keine Rohrschellen benötigt, wird von der kleinen Vixen AP-Z Montierung (Gewicht: 3,8 kg), die in beiden Achsen mit manueller Feineinstellung ausgestattet ist, sicher und vibrationsarm getragen (Ausschwingzeit nach einem Schlag gegen den Zenitspiegel: 1 Sekunde), woran das 5,5 kg leichte, aber erstaunlich stabile HAL 130 Stativ wesentlichen Anteil hat. Das ganze Instrument kann innerhalb weniger Augenblicke ins Freie gebracht werden. Dort kühlt es sehr schnell aus und ist deshalb innerhalb kürzester Zeit voll einsatzbereit. Bildschärfe und Kontrast sind auch bei hoher Vergrößerung (250-fach) hervorragend. Beim Sterntest sind intrafokal, extrafokal und fokal lehrbuchmäßige Beugungsbilder zu sehen. Besonders auffallend ist das sehr geringe Streulicht um helle Sterne. Dies dürfte in erster Linie auf die Güte der Politur zurückzuführen sein (exzellente sphärische Korrektur einschließlich sehr glatter Linsenoberflächen) und wirkt sich unter anderem bei der Beobachtung von engen Doppelsternen mit großem Helligkeitsunterschied der Komponenten positiv aus.


    Das Beobachten mit dem Zeiss AS 100/1000 macht mir so viel Spaß, dass seit einiger Zeit mein (wahrlich nicht schlechter!) Fluorit-Refraktor Takahashi FC-100 D kaum noch zum Einsatz kommt. In jedem Fall ist dieser AS-Refraktor etwas ganz Besonderes und viel zu schade, um sein Dasein nur als reines Sammlerobjekt in einer Holzkiste zu fristen. Hut ab vor dem Optikrechner Dr. Sonnefeld und den Menschen bei Zeiss, die dieses Teleskop gefertigt haben!


    Beste Grüße


    Ulrich