Beiträge von Lars73 im Thema „Zeiss AS 100/1000“

    Hallo Christoph,
    zum Artikel in SuW 5/2002: Wenn kein nennenswerter Unterschied gesehen wurde zeigt das wie ich finde einmal mehr, daß nicht jeder Unterschied für jeden Beobachter wahrnembar ist. Der FS 128 erreicht (nach der Agema-Grafik) die 80% Strehl bei knapp 480 nm und der APQ 130 schon bei ca. 455 nm.


    Beim Bericht von Ralf aus 2014 auf Forum Stellarum über einen direkten Vergleich des asphärischen Doublets ADA 130/1200 (dem Projekt vor dem AOM 130/1200) mit APQ130, TOA 130 und FS 128 wurden die geringsten Unterschiede beim FS 128 gesehen. Die "perfekten" Dreilinser TOA 130 oder APQ 130 seien intra- und extrafokal sichtbar farbreiner, im Fokus sei ein Gewinn nur bei "genauem Hinsehen" sichtbar.


    Wie nicht anders zu erwarten sind also die Triplets besser als die Doublets, aber was man davon in der Praxis sieht ist eben eine Frage der Umstände und des Beobachters.
    Am blauen Ende des Spektrums scheint es auszureichen, daß die Beugungsgrenze von 80% Strehl bei 480 nm annähernd erreicht wird. Das ergibt sich auch aus deiner Beobachtung im Vergleich LZOS 152 und dem 160er AOM, der ja bei 480 nm etwa 70% Strehl hat. An meinem Exemplar sehe ich auch keinen Farbfehler.
    Alles in allem finde ich es beruhigend, daß das Glück des Beobachters nicht proportional zum Flächeninhalt unter der Strehlkurve ist.


    Gruss Lars


    Edit PS:
    > zur dritten Auflage (2017) der "Astrooptik" von Uwe Laux geht es hier:
    https://proof-ef.de/astrooptik/

    Hallo zusammen,
    zum historischen Hintergrund hier noch eine Ergänzung aus Uwe Laux, Astrooptik, 2.Aufl. (Seite 27):


    "Das AS-Objektiv wurde 1926 von Sonnefeld aus dem A-Objektiv (..) abgeleitet. Durch die Vergrößerung der Abbezahldifferenzen werden höhere Lichtstärken erreicht, aber keine Apochromasie mehr. Das KzF2 ist eines der Gläser, das durch die Arbeiten von Otto Schott (1851 - 1935) und Ernst Abbe gezielt für die Minimierung des sekundären Spektrums entwickelt wurde. Diese Zusammenarbeit begann 1879 und führte 1881 zu den ersten neuen Gläsern mit anormaler Teildispersion. Diese Gläser, vorerst nur in kleinen Abmessungen verfügbar, bildeten mit Flußspat aus natürlichen Vorkommen die Grundlage für die Mikroskopapochromate, welche erstmals 1886 angeboten wurden. Mit der steigenden Schmelzmasse und dem Einstieg des Zeiss-Werkes in die Astrooptik wurden sie auch gezielt für die Verbesserung der Astrooptik eingesetzt. Das KaF2 ist in seiner Beständigkeit noch mit den Krongläsern vergleichbar, da es kein extremes Sonderglas ist. Die Transmission ist im blauen Bereich des Spektrums schon leicht beschränkt."


    Der leichte Gelbstich ist also durch das Glas bedingt.
    Die meisten AS-Objektive hatten das Öffnungsverhältnis 1 : 15, es gab das 80/1200, das 110/1650, das 130/1950, das 150/2250 und das 200/3000. Damit waren die E-Achromate ersetzbar, die ebenfalls mit 1 : 15 ausgelegt waren.


    Die Varianten AS 80/840 und AS 100/1000 wurden erst später aus vermutlich rein praktischen Gründen realisiert - bei f=1200 ist es schon schwierig, gleichzeitig zu beobachten und die Montierung zu bedienen. Mit 1 : 10 ist man beim 100er also den größten Kompromiss beim Korrekturzustand eingangen - der Test von Christoph zeigt, daß diese Lösung noch gut vertretbar ist. Der 80/840 ist mit 1 : 10,5 schon entspannter und die geringere Öffnung im Vergleich zum 100/1000 wirkt sich nochmal positiv hinsichtlich des Farbfehlers aus.


    Die eigentliche Besonderheit am AS ist die asphärische Retusche der letzten Fläche zur Behebung der Zonenfehler, die durch die nötigen hohen Einzelbrechkräfte der Linsen bedingt sind. Es ist also seit 1926 die erste Astro-Linsenoptik, die "in Serie" über eine Asphäre verfügt.


    Besonders bemerkenswert ist finde ich aus heutiger Sicht, daß die theoretischen Grundlagen für apochromatische Objektive schon im 19. Jahrhundert vorhanden waren - siehe Abbes Apochromate mit Fluorit für Mikroskope. Ernst Abbe war persönlich in den Schweizer Alpen unterwegs und hat natürliche Vorkommen von Flußspat (Calciumfluorid) erkundet. An eine küstliche Züchtung war ja noch nicht zu denken.
    Mangels größerer natürlicher Flußspat-Kristalle mussten eben für Astrooptiken die bestmöglichen Lösungen mit den verfügbaren Gläsern gefunden werden. In den Jahren 1891 bis 1894 hat sich der Liebhaberoptiker Max Pauly mit der Herstellung von zweilinsigen Apochromaten aus den neuen Gäsern von Schott beschäftigt und damit zur Fortsetzung der Schmelzversuche angeregt; problematisch war zu dieser Zeit noch die Beständigkeit der Gläser.

    Pauly wurde 1887 von Abbe zum Leiter der neu gegründeten Astro-Abteilung von Zeiss berufen; der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Der Heidelberger Astronom Max Wolff hat 1899 über ein zweilinsiges Zeiss-Objektiv 212 / 4450 nach Pauly mit erheblich gemindertem sekundären Spektrum berichtet - der Vorläufer des klassischen A-Objektivs mit 1 : 17,5 aus Sondergläsern.


    Das Öffnungsverhältnis 1:15 wurde erst durch das 1905 vorgestellte B-Objektiv ermöglicht (Rechnung von Albert König um 1898). Der Fertigungsaufwand für diesen dreilinsigen echten Apochromaten (1:15 möglich) war erheblich höher als für das A-Objektiv, welches später durch die "kürzeren" AS-Objektive abgelöst wurde.


    Gruss Lars

    Hallo Roland,
    in dem Aufsatz von Dr. Pudenz zur Enstehung der APQ-Objektive wird erklärt, warum man nicht beim 2-Linser mit Flussspat stehengeblieben ist. Die Vorteile des Triplets mit Ölfügung waren überzeugend, zumal eben schnellere Öffnungsverhältnisse möglich sind. Bei Lösungen mit gleicher Glassorte für die beiden Partnerlinsen ist der Aufwand für die Brechzahlbestimmung und -berücksichtigung nicht größer. Die vollflächige Ölfügung hält die gegenseitige Lage der Linsen stabiler als Abstandsplättchen und das Fassungsproblem (Temperaturkompensation) ist gelöst. Temparaturtests haben stattgefunden.
    Gruß Lars

    Hallo Cuno, Christoph, Christian,
    schon sehr lange habe ich den kürzeren AS 80/840 und es ist immer wieder eine Freude, damit zu beobachten, z.B. mit einem Pentax-Weitwinkel bei hoher Vergrößerung sich in M13 "einzusehen", wo schon zig Sterne zu erkennen sind. Der Farbfehler ist wegen der kleinen Öffnung noch sehr moderat. Der AS 80/1200 ist natürlich besser und steht auf meiner Wunschliste. Vielleicht findet sich noch ein Tubus, ansonsten wird es ein Selbstbau mit dem schon besorgten Objektiv.


    Als Ralf Mündlein über das Doublet-Projekt mit Peter Große und Dr. Pudenz geschrieben hat, war ich davon gleich fasziniert - da war halt Verlass auf Zeiss-Qualität. Es ist dann der AOM 160/1600 geworden, und zwar das 2. Gerät. Die Beobachtung ist eine echte Freude. Der Ringnebel ist auch für die Besucher kein Problem und M13 der Hammer - ästhetischer als im 12"-Dobson wie ich finde.
    Seitdem der 200er APQ "durchsickerte" war schon klar, daß es in dieser Richtung irgendwie weitergehen könnte, da können wir gespannt sein. Vielleicht sind die Kosten für das Kalziumfluorid mittlerweile nicht mehr so hoch, mehr Verarbeitung, mehr Nachfrage, geringere Herstellungskosten, wer weiß...
    Und zu den anderen Herstellern: Ich denke wo immer auf höchstem Niveau gearbeitet wird muss ein ähnlicher Aufwand betrieben werden. Früher hat man ja von "Handwerkskunst" gesprochen, und das heisst ja, jemand muss sich mehr engagieren als Dienst nach Vorschrift zu machen.


    Gruß Lars

    Hallo cuno85,
    bei den Optiken geht es ja nicht nur um die "Rechnung", sondern um die Fertigung.
    Wenn man den Artikel von Dr. Pudenz (nebenan verlinkt, leider ohne die Bilder, original im Jenaer Jahrbuch für Technik- und Industriegeschichte) liest sieht man welche technologischen Probleme gelöst werden müssen. Die Lektüre lohnt sich, weil es ein kleiner Optikkurs ist ;)
    Und zur optischen Leistung: "Das APQ-Objektiv mit Kalziumfluoridlinse hat im gesamten Wellenlängenbereich von 436 bis 706 nm eine Fokusablage, die kleiner als die wellenoptische Schärfentiefe ist."
    Es mag ja sein, daß es mittlerweile Gläser gibt, mit denen dies noch übertroffen werden kann. Bei der Beobachtung sichtbar wird es wohl nicht sein, lediglich messtechnisch festzustellen.
    Eine Rechnung wird nicht durch das Altern schlecht. Die Frage lautet: Wie weit ist die Rechnung mit dem verwendeten Material am physikalisch überhaupt erreichbaren. Und da ist das APQ jedenfalls so dicht dran, daß es praktisch sichtbar nicht besser geht.
    Übrigens: das Zeiss-B hatte eine Optikrechnung von 1896 und war auch schon ein echter APO...
    Gruß Lars

    Hallo in die Runde,
    was Andreas als "durchkonstruiert" bezeichnet hat mich an den Zeiss-Geräten auch immer fasziniert. Im Grunde hat man es als selbstverständlich empfunden, wenn man im Osten mit dieser Technik groß geworden ist. Für "Qualitätskultur" ist die Astroabteilung von Zeiss eben ein leuchtendes Beispiel. Das haben die (verbliebenen) Mitarbeiter persönlich getragen aus Überzeugung. Nach dem Krieg und der Demontage durch die Russen haben sie alles wieder aufgebaut und die zu Hause versteckten Werkzeuge wieder mitgebracht. Das muss man sich heute mal vorstellen.
    Zu DDR-Zeiten waren die ökonomischen Rahmenbedingungen natürlich nicht so einfach. Während vorher auch in der Astroabteilung sicher halbwegs kostendeckend gearbeitet wurde, gab es in der DDR staatlich verordnete Preise, in der Regel festgeschrieben auf dem Niveau von 1935. Preissteigerungen setzten hier Gebrauchswertsteigerungen voraus. Ob und wie das im einzelnen bei den "Endverbraucherpreisen" für Zeiss eine Rolle spielte kann ich nicht sagen, das wäre mal interessant zu erfahren. Prinzipiell gab es aber keine marktwirtschaftliche Preisbildung. Wie mir gesagt wurde, hätte die ganze Amateurlinie bei Zeiss ohne die Schulfernrohre nicht existiert bzw. bis zum Schluss überlebt. In der DDR gab es seit Ende der fünfziger Jahre den obligatorischen Astrounterricht in der 10. Klasse. Hierfür wurden alle polytechnischen Oberschulen (bis 10. Klasse, Abkürzung POS) mit einem Schulfernrohr ausgestattet, das ist der berühmte Telementor (mit T-Montierung ohne Nachführung).
    Man würde also heute sagen, die Amateurlinie mit dem ganzen Zubehörprogramm war durch dieses Programm subventioniert. Für Innovationen war dabei natürlich keine Kapazität. Das sieht man an der Ib-Montierung, die jahrzentelang unverändert kam oder an den Okularen, wo man schon früher auch mal moderen Typen mit größeren Bildfeldern u.s.w. hätte konstruieren können.
    Immerhin hat es noch zu den APQ-Objektiven gereicht, aber ich meine die wurden auch für andere Zwecke als für Astrooptiken in Amateurgröße benötigt. Das APQ wurde noch zu DDR-Zeiten entwickelt, nachdem die hauseigene Kristalllzüchtung mit den nötigen Durchmesser soweit war.
    Bis dahin zehrte man von solchen Innovationen wie dem AS-Objektiv von 1926 - daran sieht man, wie weit Zeiss schon damals war. Und dazu braucht es den Optiker, der in Handarbeit fertigt. Das ist heute im Inland nicht mehr zu Preisen möglich, die der an Massenprodukten gewöhnte Markt "akzeptiert". Wo soll denn das Bewusstsein für die Wertigkeit und damit die Wertschätzung herkommen ? Im 19. Jahrhundert hielten Gebrauchsgegenstände 3 Generationen, heute soll 1 Generation alles 3 mal erneuern. Und wenn sich heute Optikmeister Peter Große die Mühe macht, die AOM-Objektive zu schleifen, dann wird sicher der Endpreis keinen Stundenlohn hergeben, der "eigentlich" angesetzt werden müsste. Sondern es wird ein ganzes Stück Enthusiasmus dabei sein.


    Die Firmenleitung hat etwa 1995 die Astro-Amateurlinie beendet, die Großgeräte ein paar Jahre später. Viele waren der Meinung, es hätten gute Chancen für eine Fortführung bestanden.


    Gruß Lars