Beiträge von Fernrohrland im Thema „Wie seid ihr "Hobbyastronomen " geworden ?“

    Hallo,
    auch ich habe einen etwas längeren Bericht geschrieben.Ich hoffe, daß er nicht zu lang geworden ist:


    Schon als Kleinkind hat mich der Sternenhimmel bei den regelmäßigen Nachtspaziergängen mit meinem Vater fasziniert. Meine Oma sagte mir damals: Wenn ich mal sterbe, werde ich der hellste Stern am Himmel sein.


    Einige Jahre später zogen auch mich die Sternkarten im Diercke Weltatlas in den Bann Ich suchte ein Sternbild nach dem anderen auf und markierte es, sobald ich es am Himmel identifiziert hatte.


    Ein Schulfreund zeigte mir ein Kosmos Prospekt in welchem ein Selbstbaufernrohr für 40,-- DM angeboten wurde. Er erzählte mir: In den Ferien würde er eine Arbeit suchen und sich von dem Geld das Fernrohr anschaffen.
    Nach den Ferien hatte er jedoch schon wieder andere Interessen. Mich hat die Beschreibung in dem Prospekt aber so fasziniert, daß ich unbedingt mal durch ein Fernrohr durchschauen wollte.


    Das alte, mit Perlmutt belegte Opernglas meiner Oma, hatte ich bereits zerlegt, ich hatte jedoch keine Möglichkeit eine höhere Vergrößerung damit zu erzielen.
    Eines Tages bekam meine Oma eine neue Brille, die alte Brille mit runden Augengläsern durfte ich zum basteln nehmen.
    Ich besorgte mir eine Papprolle und befestigte das Brillenglas mit Tesakrepp Band und baute auf der anderen Seite das galileische Okular des Opernglases ein. Ich war begeistert: Der Mond zeigte sich mit vielen Kratern.


    Eine Abblendung brachte eine qualitative Verbesserung.
    Eines Tages brachte mir mein Schwager sein 10x50 Fernglas mit und ich war überwältigt: Der Orionnebel – so hatte ich ihn noch nie gesehen.


    Nach und nach bekam ich dann ein Astrobuch nach dem anderen geschenkt. Der Höhepunkt war das Teleskop, welches ich zur Konfirmation geschenkt bekam. Ein 60/900 Refraktor aus dem Versandhandel. Schnell waren viele bekannten Himmelsobjekte eingestellt. Saturn stand damals im Widder, ich war verblüfft, bei 60x Vergr. Zeigten sich die Ringe klar und deutlich, so etwas hatte ich nicht erwartet!


    Ein Schulfreund war von meinem Fernrohr ganz begeistert und bekam zu Weihnachten ein114er Newton Teleskop geschenkt. Zusammen beobachteten wir viele Male. Auf Mars war die Große Syrte zu sehen, auf Jupiter die Wolkenbänder und die Monde.
    Ein Höhepunkt waren die Mondlandungen von 1969 bis 1972. Und noch viel mehr für mich der Komet Bennet 1970, der in der Cassiopeia gut zu sehen war – mein erster Komet!.


    Als ich dann eine Lehre als Fotokaufmann und Fotograf anfing, dauerte es nicht lange und ich stöberte immer öfter in den alten Schränken des Fotoateliers. Dort befanden sich haufenweise alte Objektive und Einzellinsen, die nicht mehr benötigt wurden. Ich durfte mir aussuchen, was ich gebrauchen konnte. Dann bastelte ich mir viele Okulare, teilweise abenteuerliche Konstruktionen. Die waren mit ihren großen Augenlinsen besser als die Original Okulare mit ihren winzigen Linsen.


    Mit der zweiäugigen Rolleiflex 6x6, die ich mir bitter von dem geringen Lehrlingslohn von jetzt monatlich 180 DM ersparte, entstanden Sternfeldaufnahmen, die ich manuell nachführte. Als Fadenkreuzokular diente ein selbstgebautes Okular in welches ich mittels Fäden aus Uhu ein Fadenkreuz eingeklebt hatte. Der Stern wurde unscharf gestellt, so konnte ich ihn mindestens 30 min in der Mitte des Kreuzes halten.


    Die Kamera wurde mittels Rohrschellen aus dem Klempnerbedarf , in die ich mit Zweikomponentenkleber ein Fotogewinde einklebte, auf dem Fernrohr Tubus montiert.
    1973 fotografierte ich in dieser Anordnung den Kometen West am Morgenhimmel mit seinem riesigen Schweif. Auch den Merkur Durchgang 1973 fotografierte ich mit einer abenteuerlichen Filteranordnung durch den 60 mm Refraktor.
    Es folgen Besuche der Sternwarte Stuttgart, dort war ich schnell bekannt und durfte während der großen Mars Opposition 1971 oft über Stunden hinweg am 9“ Stauss Refraktor alleine beobachten.


    Das Himmelsjahr war damals wie heute der Standard. Meine Schwester brachte mir eines Tages aus Ihrer Werbeagentur ein Probeheft von Sterne und Weltraum mit, das darauf von mir hin sofort abonniert wurde.


    Die belichteten Filme entwickelte ich alle selber und mit einem gebrauchten Vergrößerungsgerät belegte ich oft das Badezimmer, in der Badewanne wurden die Abzüge dann gewässert.


    Oft besuchte ich den Kosmos Laden in Stuttgart und bewunderte die Lichtenknecker Instrumente, sowie die ausgestellten Heidenhain Spiegelteleskope bei Optik Mollenkopf in Stuttgart. Ich dachte immer: Wann werde ich genügend Geld verdienen, damit ich mir so ein Fernrohr leisten kann. Ein 150 mm Newton von Heidenhain kostete damals über 4.000,-- DM. Mein Lehrlings Gehalt waren im dritten Lehrjahr 240,-- DM.

    1979 hatte ich endlich genügend Geld gespart und bestellte ich mir bei Vehrenberg dann ein C. 90 Spiegelteleskop, ein Jahr später dann ein C – 8. Inzwischen hatte ich einen neuen Freund: Michael Gutzeit. Er hatte an den Fotografie und Labor Kursen, die ich im Jugendzentrum gab, mitgemacht und war mit mir immer öfter beim Sterngucken.
    Wir traten dann zusammen 1980 als Mitarbeiter in den Verein Schwäbische Sternwarte ein. Dort waren wir über 20 Jahre tätig. Ich leitete dort Astro Fotokurse. Natürlich wurde auch in der Sternwarte ein kleines Fotolabor eingerichtet.
    Durch die Arbeit auf der Sternwarte wurde ich oft gefragt, wo man sich über Teleskope beraten lassen kann und diese auch kaufen kann.


    Also richtete ich im Fotogeschäft, in dem ich seit 1974 arbeitete und Fachberater für Mittel und Großformat Kameras war, sowie für Fotostudio und Laboreinrichtungen, eine Teleskop Abteilung ein, die im Laufe der Jahrzehnte immer größer werden sollte.
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    Mein Freund Michael bestellte sich von seinem ersten selbst verdienten Geld bei mir ein Tasco 80/1200 mm Refraktor auf der Polaris Montierung. Das Objektiv war so gut, daß ich mir einige dieser Objektive in Fassung bestellte und kpl. Fernrohre dazu selber herstellte und verkaufte.

    In den 80er Jahren waren Michael und ich auf vielen Teleskop Treffen, das erste war das ITT auf dem Wöllaner Nock in Kärnten. Dort lernten wir den Wolfi Ransburg, Markus Ludes, sowie andere Urgesteine aus der Astro Szene kennen.
    Von 1988 bis 1992 war ich auch Mitarbeiter an der Universitäts Sternwarte in Stuttgart Vaihingen. Im Zuge des Studium Generale hielte ich Vorträge und Führungen
    1989 planten Michael und seine Frau ein Haus mit Sternwarten Kuppel zu bauen. 1990 war es einzugsbereit. Die Sternwarte war als erstes fertig.

    Das erste Instrument war ein 150 mm f/10 FH Refraktor auf einer Saturn Montierung, welches wir uns vor Kurzem erworben hatten.. Die Säule in der Kuppel wurde von Otto Farago gebaut und zur Verfügung gestellt ( Otto Farago verstarb leider nach langer Krankheit viel zu jung im August 2016).


    1992 wurde die Sternwarte in Welzheim eröffnet, Michael und ich waren von Anbeginn neben der Stuttgarter Sternwarte auch dort Mitarbeiter. Wir boten über 15 Jahre lang, das zum astronomischen Kurs des Planetarium Stuttgarts dazu gehörige, astronomische Praktikum an.


    Die Sternwarte in Welzheim wurde 1999 durch eine zweite kleinere 3 m Kuppel und 2006 durch eine zweite große 6 m Kuppel erweitert. Im Jahr 2017 wurde dann die vierte Kuppel aufgestellt.

    1991 nahm ich in meiner Arbeitsstelle außer Vixen, Celestron, Meade und Tele Vue auch Zeiss Jena Instrumente ins Programm mit auf.
    Viele Jahre hinweg waren wir von Fernrohrland ( damals noch: Astronomische Abteilung von Photo Universal ) neben Baader Planetarium der zweit größte Zeiss Händler. Bis 1995 dann Schluß mit Zeiss war. Dann folgte der Verkauf der AstroPhysics Geräte von Baader und die russischen Apos.
    Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich mit Prof. Ruder in Welzheim stundenlang bei eisiger Kälte einen 6“ AstroPhysics und einen 6“ TMB/LZOS mit dem Zeiss 6“ APQ verglichen habe.


    Seit 1999 entschloss ich mich, beruflich nur noch im Teleskop Bereich tätig zu sein.
    In der Privatsternwarte folgten weitere Instrumente wie eine Alt 7 AD Montierung mit Computer Steuerung, ein AstroPhysics 6“ Apo.
    Später dann der 206 mm AstroPhysics Apo und später ein sehr gutes C.14.


    Die Teleskope und Montierungen gehörten fast alle meinem Freund, der im medizinischen Bereich erheblich mehr Geld verdiente, als ich.


    1999 fegte der Sturm Lothar über Süddeutschland, danach war die 2,.6 m Kuppel eines kleinen deutschen Herstellers schrottreif. Michael schaffte sich danach eine 2,6 m Baader Kuppel an, die bis heute sang und klanglos läuft.


    2009 wurde dann eine 10Micron Montierung GM 4000 angeschafft, die noch stabiler war und die 5 parallel montierten Teleskope super stabil hält.


    Leider verstarb Michael 2014 plötzlich und unerwartet.
    Ich darf mich dennoch glücklich schätzen, alle Instrumente weiterhin benutzen zu dürfen, auch die Witwe und die Kinder haben weiterhin großen Spaß daran, die Instrumente zu nutzen. Außerdem hat Michael eine perfekte Werkstatt eingerichtet mit Drehbank und Fräsmaschine. Er war mir ein guter Lehrmeister. Auch die Werkstatt wird regelmäßig benützt.


    Seit 25 Jahren bin ich jetzt ehrenamtlicher Mitarbeiter an der Sternwarte in Welzheim und ich hoffe, daß ich die großartigen Instrumente noch lange benutzen kann.
    Noch gut kann ich mich an die Anfangszeit meiner astronomischen Hobby Laufbahn erinnern, damals dachte ich nie im Traum daran, mit großen Apos und einem 90 cm Spiegel beobachten zu können. Aus diesem Grund hat das, heute inzwischen 50 Jahre alte 60 mm Fernrohr, einen Ehrenplatz bekommen.


    Auch in der Privatsternwarte ist bis heute ein Zeiss 63/840 mm Fernrohr montiert, welches immer wieder neben den großen Instrumenten zum Einsatz kommt.
    Der Astro Handel Fernrohrland wurde schon lange mit Ferngläsern und Spektiven für Ornithologen und Naturbeobachter erweitert und gehört seit Jahrzehnten zu den großen Anbietern in Deutschland.


    Hoffe das war nicht zu lang!
    Viele Grüße und hoffentlich bald mal besseres Wetter!


    Rudolf Idler