Beiträge von astrion im Thema „Wie seid ihr "Hobbyastronomen " geworden ?“

    Vielen Dank für die positiven Kommentare.
    Ja mein Beitrag ist etwas lang geworden, aber bei diesem
    miesen Astrowetter war Zeit genug vorhanden etwas ausführlicher zu werden.
    Dank auch an Walter, Armin und die vielen anderen, die sich an
    diesem Thread beteiligt haben.
    Ich habe alle ob kurz oder lang mit Interesse und Vergnügen gelesen.


    Lupus ( leider erfahren wir seinen Vornamen nicht ?) hat genau zum richtigen Zeitpunkt
    das Thema begonnen und ich hoffe, dass wir hier noch viele interessante Beiträge lesen können.


    CS Dieter

    Schoener Thread ... na dann wollen wir mal. Wo fange ich an?
    Dem kann ich mich anschließen.


    Mein Interesse für die Astronomie fing begann ganz unspektakulär.


    Ich war 14 Jahre alt. Im Bekanntenkreis meiner Eltern waren auch Nachbarn, die man zum Geburtstag einlud.
    Eine ältere Dame wohnte drei Straßen weiter von uns entfernt. Meine Mutter kannte sie und lud sie zum
    Geburtstag ein. (nicht das erste Mal) Es war im Oktober und als nach dem Kaffeetrinken und dem Abendbrot
    wir sie verabschiedeten und vor die Tür gingen, sah man einen wunderschönen Sternenhimmel.
    Im Osten standen die Plejaden und der Perseus sowie Andromeda waren ebenfalls zu sehen.
    Ich kannte zu dieser Zeit nur die grossen Wagen. Doch unser Besuch wusste Bescheid. Erzählte drauf los.
    Dort ist dies und da ist das Sternbild zusehen. Woher wusste die Frau das alles?
    Jetzt sah auch ich wie wunderschön der Sternhimmel ist und das es eine Struktur in diesem
    scheinbaren Durcheinander gibt. Ich muss dazu sagen, dass ich in einem Dorf wohne.
    Der Ehrgeiz war in mir geweckt. Das wollte ich auch alles wissen.


    Ich besorgte mir Literatur. Drei Bücher konnte ich auftreiben: ABC der Astronomie, Nachts am Fernrohr,
    Sterne über dem Horizont. So brachte ich mir selber die Lage und Struktur der Sternbilder bei und führte
    in A5 Heften Buch darüber was ich entdeckt+gesehen hatte. Leider habe ich die Hefte aus dieser Zeit
    nicht mehr. Als Hilfsmittel hatte ich nur ein einfaches Fernglas. Kein Prismen Feldstecher
    wie man ihn heute benutzt, sondern ein terrestrisches Doppellinsenglas nach Gallilei mit höchstens 3x Vergrößerung.


    In den Büchern standen auch Hinweise zu Fernrohrselbstbauten. Für mich war klar, ich brauche ein Fernrohr.
    Die Firma Zeiss Jena sandte mir auf meine handschriftliche Anfrage auch gleich Prospekte und ein Angebot
    fertiger Instrumente mit den Lieferzeiten zu. Als ich die Preise sah, rückte der Kauf eines kompletten
    Fernrohrs in astronomische Ferne. Schließlich wollte ich mir aus den Astro Bastelsatz (50/540mm)
    von Carl Zeiss Jena zum Preis von ~ 120 Mark ein Fernrohr bauen. Leider gab es den Bausatz aktuell
    nicht zu kaufen, sodass ich ihn vorbestellt habe.


    Den Bausatz erhielt ich dann ein dreiviertel Jahr später. Unser Nachbar war Klempner und der
    half mir mit zwei Rohren aus dickwandigen Plaste ein Fernrohr zu bauen. Ins große Rohr wurde
    nach besten Wissen das Objektiv hineingepresst. Am anderen Ende klebte ich innen Leder ein.
    Mein Vater organisiert, dass das kleine Rohr ein Innen-Gewinde M44 für die Okularhülse erhielt.
    Es wurde in das großere Rohr geschoben. Um das Fernrohr auf einen Fotostativ zu befestigen, baute ich
    eine Schelle. Fertig war mein erstes Fernrohr.
    Ich benutze es noch heute zur Projektion bei Sonnenfinsternissen.


    Der hellste Planet Jupiter stand damals ziemlich niedrig, dennoch beobachtete ich ihn sehr oft,
    die Stellung seiner Monde, die Bänder und den GRF. Saturn stand im Stier und das kleine Fernrohr
    zeigte schon deutlich den Ring. Begeistert war ich vom Anblick der Mondoberfläche.
    Zwei Okulare gehörten zum Bastelsatz 16mm und 25mm. Ich erwarb nach und nach ein 12,5mm,
    ein 6mm sowie ein 40mm Okular. Als nächstes kaufte ich noch ein Zenitprisma.
    Regelmäßig bezog ich die 6x im Jahr erscheinende Zeitschrift "Astronomie und Raumfahrt"
    und "Astronomie in der Schule". An der letzteren Zeitschrift waren aber meist nur die
    letzten 4-8 Seiten interessant. Die Zeitschrift "Die Sterne" war mir zu teuer und zu wissenschaftlich.
    Das Gesehene wollte ich auch festhalten d.h. fotografieren. Mit einer Kleinbildkamera,
    die ich hinter das Okular hielt, machte ich meine ersten schwarz-weiß Fotos vom Mond.
    Da ich den Film ins Labor geben musste, waren die Ergebnisse nicht perfekt.
    Ich beschäftigte mich deshalb mit der Fototechnik, um selbst die Filme zu entwickeln und Papierabzüge zu machen.
    Eine gebrauchte Exa IIb aus dem An und Verkauf war meine erste Spiegelreflexkamera mit der
    ich durchs Fernrohr fotografierte.


    Im Kalender für Sternfreunde von P.Ahnert dem einzigen Jahrbuch für Astroamateure
    in der einstigen DDR waren Tabellen mit Sternbedeckungen durch den Mond enthalten.
    Ich weißänicht genau wie ich darauf kam, aber solch ein Phänomen wollte ich mir ansehen.
    Und meine Ersten Aufzeichnungen dazu stammen vom Dezember 1973.
    In den folgenden Jahren waren Ausbildung, Wehrdienst und Studium bestimmend, aber besondere
    Ereignisse verfolgte ich natürlich auch in diesen Jahren. Der Wunsch nach einem größeren
    Instrument war immer da und für mich kam finanziell nur wieder ein Selbstbau in Frage .
    Erst sollte es ein 100/1000mm Refraktor werden, aber der Objektivpreis hielt mich davon ab.
    So baute ich mir mit dem AS Objektiv 80/1200mm einen Refraktor und dazu leistete ich
    mir eine T-Montierung, die es für die damaligen Schulfernrohre 63/840mm gab,
    sowie einen guten Okularauszug und den 4-fach Prismen-Okularrevover.
    Im Jahr 1986 rüstete ich die T Montierung schlie´lich mit einem Motor zur TM um.
    Mit diesem Instrument beobachtete ich vor allem Sternbedeckungen, Kleinplaneten, Kometen, Jupiter+ Venus und Mars.
    Auch heute noch dient mir der 80/1200mm zur Sonnenbeobachtung und Fokalfotografie dieser.
    Seit 1981 war ich im Arbeitskreis Sternbedeckungen aktiv und hatte dadurch Kontakt zu anderen
    Sternfreunden gefunden. 1990 trat ich in die VdS ein auch wegen des Bezug der Zeitschrift
    "Sterne und Weltraum" die ich nur aus Bibliotheken kannte.


    Mit der ersten D-Mark im Juli 1990 kaufte ich mir einen ATARI-STE Computer.
    Mir machte es Freude mathematisch-astronomische Programme zu durchdringen und
    auch kleinere Programme selbst zu schreiben. "Astronomie für den Personalcomputer"
    war damals gerade erschienen.
    Die Beschäftigung mit den Computer wirkte sich auch beruflich aus, weil ich in die PC Branche
    über Weiterbildungen wechselte und bis heute tätig bin.


    Nach der Wende im Jahr 1991 erwarb ich günstig einen gebrauchten C8 mit
    Eisenstativ + Polhöhenwiege und Synchronmotornachführung. Planeten waren ganz gut beobachtbar
    aber Sternbedeckungen durch den Mond damit zu beobachten war schwierig wegen Reflexion
    im Teleskop/Okular, die ich nicht beseitigen konnte.
    Im Jahr 2001 kaufte ich bei Intercon einen 150/1200mm FH Refraktor mit einer EQ4 Montieurng.
    Damit beobachtete ich sehr gern trotz seiner Länge bis 2010 vor allem Sternbedeckungen durch den Mond und Planeten.
    Die Fotografie begleitete mich stets. Die analoge Astrofotografie fand ich damals zu aufwendig,
    um gute Ergebnisse zu erzielen.
    Erst mit dem Aufkommen der Webcams (Phillips Ei) 2003 und mit sinkenden Preisen für digitale
    Spiegelreflexkameras 2005 wandte ich mich der Astrofotografie wieder zu (Canon 350).
    2008 kaufte ich eine farbreinen ED Meade Refraktor 127/952mm und später einen ED 80/600mm von Celestron.
    Die Advance GoTo Montierung leiste mir visuell seit 10 Jahren gute Dienste.
    Allerdings habe ich ein nicht so gutes Exemplar erwischt, denn Astrofotografie läßt sich
    mit ihr nur bedingt durchführen. Selbst eine MGEN schafft es nicht dauerhaft gut nachzuführen;
    mit der CAM schaffe ich nur 1-2 Minuten fehlerfrei zu belichten.
    In den letzten 20 Jahren sind viele Gegenstände hinzugekommen.
    Auch viele Bücher habe ich inzwischen, die ich mir über Gutscheine oder direkt zum Geburtstag
    und Weihnachten schenken lies.


    Astronomie ist ein schönes Hobby, mit dem Nachteil, dass man auf das Wetter angewiesen ist.
    Gerade bei zeitlich einmaligen Ereignissen ist es manchmal zum verzweifeln. Aber das erträgt
    man, wenn man dann wieder unter einem wunderbaren klaren Sternhimmel ist. Wenn dann mehr als 3 Tage
    hintereinander es gute Bedingungen zum Beobachten gibt, ist mir das oft schon wieder zu viel.
    Seit 12 Jahren besuche ich regelmäßig Teleskoptreffen. Auch das ist immer sehr schön dort
    auf Gleichgesinnte zu treffen. Astrofotografie betreibe ich in bescheidenen Maße.
    Ich beobachte gern diese NEOs die an der Erde vorbei fliegen, Sternbedeckungen durch Kleinplaneten
    konnte ich auch schon 5x Live erleben. Sonst mache ich Web/Cam Aufnahmen von den Planeten,
    da dabei nicht so sehr auf eine längere exakte Nachführung angewiesen bin.
    Ich denke wenn man in unseren geografischen Breiten mit der beobachtenden Amateur-Astronomie
    anfängt, braucht man Beharrlichkeit. Erfolge stellen sich nicht sofort ein und ein Zig Tausend
    teures Equipment garantiert noch lange nicht den Erfolg. Man sammelt erst mit der Zeit Erfahrungen.
    Was mir gar nicht gefällt sind Zeitgenossen die einen regelrechten Wettkampf daraus machen und
    in heutiger Zeit eine Materialschlacht entfachen, was eigentlich nur den Händlern zu Gute kommt.
    Aber jeder muss eben nach seiner Fasson glücklich werden.


    Ich denke dann immer an den Spruch von P Ahnert: "Ein jedes Fernrohr hat seinen Himmel"
    Mich begleitet das Hobby Astronomie fast mein ganzes Leben lang und wird es auch weiterhin tun.


    CS Dieter