Beiträge von MartinB im Thema „21"soll leichter werden...“

    Hallo André,


    Vielleicht kannst Du noch ein paar Daten zum aktuellen Stand deines Teleskops nennen, besonders interessieren die Massen der einzelnen Komponenten, und auch noch ein paar Bilder posten?


    Leider hat der einfache Austausch von Aluteilen gegen gleichartige aus Kohlefaser stärkere Auswirkungen auf deinen Kontostand als auf die Qualität deines Teleskops. Aber Du hast ja hier gefragt, also gehst Du die Sache überlegt an. Gut so.


    Kohlefasern gibt es in sehr unterschiedlichen Ausführungen. Am besten für den Teleskopbau geeignet wären so genannte "Hochmodul-Fasern", die werden aber praktisch nie in normaler Rohr- oder Plattenware verwendet. Auch mit normaler Kohlefaser kann schon ein Vorteil erreicht werden, aber die HM-Fasern wären noch mal bis zu Faktor 2 besser!


    Dann ist noch wichtig, wie gut der Faserverlauf mit der Lastrichtung übereinstimmt.
    Und schließlich sollte bei Bauteilen, die nicht nur Zug- und Druckkräfte aufnehmen müssen, sondern auch Torsions- und Biegekräfte, der äußere Querschnitt des Teils nicht zu klein werden.


    Das am besten gebaute Teleskop in CFK-Bauweise, das ich persönlich kenne und durch das ich schon beobachtet habe, ist der 33-Zöller von Kai alias Fraxinus hier im Forum.
    Entscheidend ist, dass er wichtige Komponenten wie Rockerbox und Höhenräder in Sandwich-Bauweise selbst hergestellt hat. Aus fertiger Plattenware wäre sein Teleskop so nicht möglich gewesen.


    Bei unserem Fünflinge-Projekt haben wir uns ganz bewusst entschieden, keine Kohlefaser zu verwenden, weil der Gewichtsvorteil von vielleicht 1 kg ganz erhebliche Mehrarbeit und auch erhebliche Mehrkosten verursacht hätte.
    Dennoch habe ich mir über eine CFK-Version schon Gedanken gemacht: Dabei würden die Hutringe, Höhenräder und Spiegelzellen jeweils alsdurchgehendes Bauteil laminiert, teils in speziell anzufertigenden Negativformen, und auch Vakuumtechnik verwendet. Dabei würde ich nur dünne CFK-Materialstärken auf einem Hartschaum- oder Wabenkern verarbeiten, was überhaupt erst den entscheidenden Vorteil gegenüber anderen Materialien bringt, aber zusätzlich besondere Maßnahmen an den Verbindungsstellen erfordert. Die Teile aus Halbzeugen zusammen zu pappen ergäbe einen viel kleineren Gewichtsvorteil (immer mindestens gleiche Steifigkeit und Gebrauchsfähigkeit vorausgesetzt).


    Du kannst natürlich Hartschaumplatten allseits mit fertigen dünnen CFK-Platten und -streifen bekleben (vorher anschleifen und mit Laminier-Epoxi kleben!). Das wird halbwegs funktionieren, aber die Stoßstellen an den Kanten haben so nicht ganz die gleichen Eigenschaften wie direkt auflaminiertes Material mit abgerundeten Übergängen.


    Alurohre durch CFK ersetzen erfordert bis auf geeignete Maßnahmen zur Verbindungstechnik an den Enden keine speziellen Klimmzüge, damit solltest Du also anfangen. Bei einem Gitterwerk kannst Du bei annähernd gleichem Außendurchmesser wie bei den Alurohren gleicher Länge im Prinzip den Materialquerschnitt per Dreisatzrechnung an das geänderte Elastizitätsmodul anpassen, dann sollte die Steifigkeit die gleiche bleiben. Wenn Du so dünnwandige Rohre nicht bekommen kannst, dann kannst Du auch dickwandigere nehmen und den Außendurchmesser etwas verkleinern - und schon verlierst Du einen Teil des mit CFK theoretisch möglichen Gewichtsvorteils.
    Wenn Du bei angebotenen Rohren keine Angaben zum E-Modul bekommen kannst, wirds allerdings schwierig.


    Einen Zwischenring auf halber Höhe des Gitterwerks kannst Du als Ring aus einer gekauften Platte ausschneiden Das ist sehr teuer, auch weil Du ca. 90% des Materials wegschneidest. Aber ohne selbst zu laminieren hast Du quasi keine anderen Möglichkeiten.
    Ich bin kein erklärter Fan von Zwischenring und 16-Rohr-Design. Die 16 zusätzlichen Verbindungsstellen erzeugen zusätzliche Herausforderungen bei Gewicht und Steifigkeit. Einen echten Vorteil sehe ich nur bei sehr großen Teleskopen.


    Besonders an Verbindungsstellen würde ich beachten, dass CFK sehr spröde ist und eine viel geringere Wärmeausdehnung hat als die meisten anderen Materialien. Schraubverbindungen direkt in CFK sind problematisch. Im einfachsten Fall helfen Kunststoff-Unterlegscheiben.
    Manchmal gibt es angeblich auch Probleme mit Korrosion wegen der elektrischen Leitfähigkeit der Kohlefasern, wenn man Metallteile direkt mit ihnen verbindet.


    Gruß,
    Martin