Beiträge von winnie im Thema „Wie weit darf eine Restaurierung gehen ?“

    Moin Alexander!


    Ich gebe dir vollkommen recht. Am schönsten ist es, wenn man ein ladenneuen Klassiker findet, der irgendwann vor langer Zeit gekauft oder verschenkt wurde und dann unbenutzt irgendwo in der Versenkung verschwunden ist, bis er dann Jahrzehnte später wieder auftaucht. Letztens gab es erst wieder so einen Japaner - da hat es mir schon in den Fungern gejuckt (aber ich will nicht mehr). Früher hatte ich mehrere solcher Refraktoren, die ich leider weit unter Wert verscheuert habe, um Platz zu schaffen.


    Aber auch Benutzungsspuren soll man ruhig sehen, meine ich. Kaputtpolieren oder in einen Pseudo-Neuzustand versetzt reizen mich persönlich solche Optiken überhaupt nicht. Die echte (!) Patina ist es auch, die einen finanziellen Sammlerwert ausmacht, das ist nichts anderes als eine Bonzebüste oder der anktike Silberleuchter. Kaputtrestauriert ist der Wert verloren, auch wenn einige Leute trotzdem Geld drauf bieten würden - nur ums "Haben-wollen" willen. [;)]

    Moin zusammen!


    Ich hatte es ja schon im verlinkten Thread geschrieben. Als "Auftrags-Restaurator" muß man sich nach den Wünschen der Kundschaft richten, auch wenn das dem eigenen Geschmach entgegen läuft. Anders sieht es dagegen aus, wenn man "für sich" restauriert, d.h. es so macht, wie man es selber will. Entweder es wird der letzte Gebrauchszustand wieder hergesetllt oder man poliert das alte Stück so auf, als wenn es gerade neu daherkommt. Einige können's auch übertreiben, dann sieht ein Klassiker eben aus wie eine moderne Badgarnitur - muß ich nicht haben. Da kann man sich auch ein messingteleskop Marke "Harbourmaster" aus indischer Produktion hinstellen.
    Der Ludes-Zeiss ist m.M. übertrieben aufgearbeitet. Das Ding paßt ganz toll zum Rumprotzen in eine Eingangshalle ähnlich wie ein teurer Sportwagen. Mehr braucht man darüber nicht zu verlieren. Wenn's schon den Amis mit ihrem leicht abstrusen Geschmack nicht gefällt... - naja.


    Ich schaue seit über 20 Jahren alle möglichen Restaurations-, Modellbauer- und Sammlersendungen im TV. Dabei lernt man von den Leuten, die echt Ahnung haben, schon die Dinge, die bei einer Restauration wichtig sind. Darunter sind dem astronomischen Instrumentenbau auch artverwandte Themen: antike Waffen, Metall-Gebrauchsgegenstände, Fahrzeuge aller Art, Spielzeug und natürlich auch opt. Geräte aus dem nautischen oder geodätischen Bereich, Nautika allgemein (Barometer, Thermometer, Kompasse usw.). Sehr oft wird bei den verschiedenen Gegenständen dringend davor abgeraten, sie wieder in einen blitzenden Neustand zu versetzen. Solche Sachen sind dann kaputtrestauriert, für einen ernsthaften Sammler uninteressant, und der Marktwert bricht komplett weg. Da reicht es u.U. auch schon, eine Vergoldung unpassend zu erneuern, auch nur ein altes gegen ein sichtbar modernes Glas zu ersetzen oder neu zu lackieren. Viele Sahnestücke sind aber auch leider schon in der Vergangenheit verhunzt worden, bevor man sie selber zur Aufarbeitung in Händen hält.


    Antiquitäten / Klassiker sind alt, sie waren oft in Gebrauch, das ist nunmal so und das soll man ruhig sehen. Schöner ist es dann, wenn sie funktionieren und sogar wieder in Betrieb genommen werden. Das würde mich persönlich immer sehr an einem "klassischen" Teleskop reizen. Da ist es mir doch sowas von Latte, ob das Objektiv vergütet oder das Okular einen Tunnelblick hat und am Rand verzerrt. (Womit wir wieder beim Thema des Forums sind.)


    Michi, noch eine Bemerkung zum Thema Aufarbeitung von Messingteilen, ich meine dein Beispiel mit der auftragenden Verchromung. Ich denke, die professioneller Methode ist, das nicht mehr durch Reinigung zu rettende Teil einfach wieder neu anfertigen zulassen. Das sieht man oft bei der Fahrzeugrestaurierung. Das ist zwar die teurere Variante, aber oft hilft das nichts. Gut, wenn man dann noch jemanden an der Hand hat, der was von alten Handwerken versteht und nicht nur mit der CNC-Fräse oder dem 3D-Drucker ein Bauteil irgendwie ("paßt schon") nachahmt.


    So, das waren die Gedanken zum Thema von meiner Seite. Das Ganze kann man sicher noch stundenlang ausdehnen. Ich finde es wichtig, daß wenn Restaurationen besprochen werden, neben Jubelposts auch sachliche Kritik geäußert werden darf. Man muß sich dann als "Betroffener" nicht gleich auf den Schlips getreten fühlen, wenn jemand anderes an seinem persönliche "Schätzchen" was auszusetzen hat.