Beiträge von Andreas-TAL im Thema „TAL Restbestände in D ?“

    Hallo Miteinander!
    Also zu Genese des Teleskops kann ich nicht viel erhellendes schreiben. Nur so viel, dass die 4" Version bei TAL nach der 125mm Version entworfen wurde und eher eine innerrussische Zielgruppe hatte.


    Die allerersten Studien waren unvergütet. Nachdem Fertigung und Montage offenbar zufriedenstellende Standards erreicht hatten , wurden mehrere Apolar-100 mit vergüteten Linsen gebaut (ich habe von 4-5 Stück gelesen). Diese Vorserie stand natürlich nicht zum Verkauf. Allenfalls politische Honoratioren erhielten solche Einzelstücke. Als die Serienproduktion starten sollte wurde aber alles gestoppt, weil NPZ zur Aktiengesellschaft firmierte, alle Bereiche auf den Prüfstand (Gewinnmaximierung) gestellt wurden und zeitgleich der Rüstungsbereich bei NPZ boomte. Mit der Abwanderung der Fachkräfte im Bereich Teleskopfertigung war dann auch das Ende der Apolar-100 besiegelt.


    Viel später kam dann ich ins Spiel, weil ich mich hin und wieder in russischen Astroforen tummle (das hat vor allem mit meinem Klevtsov zu tun und mit der Zeit als ich den in Russland "organisiert" habe). Größtes Problem ist, dass ich weder russisch sprechen, noch schreiben, noch lesen kann - aber es gibt ja Webseitenübersetzer.


    Aktuell hatte ich mir damals gerade einen kleinen INTES M615 in Moskau organisiert, als der Apolar-100 im Forum "auftauchte" und mein russischer Kontakt war so freundlich meine Anfrage (Russisch übersetzt) weiterzuleiten. Ist ja etwas schräg eine PM in Englisch von einem Deutschen im Russischen Forum zu bekommen.


    Nun, die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Leider "Nein", teilte mir der Verkäufer mit, da er den Apolar-100 eigentlich nicht verkaufen wolle, er aber kurzfristig Geld brauche. Jetzt habe sich in der Verwandtschaft aber jemand gefunden, der ihm im Tausch für das Telekop das Geld vorstrecke und er plane den Apolar-100 (der für ihn aufgehoben werde) wieder "zurückzukaufen". Nun, das war nachvollziehbar und da wollte ich nicht weiter drängen ...


    Ein Jahr verging, der Apolar-100 geriet bei mir in Vergessenheit.


    Ich hatte mir stattdessen einen neuen 7" STF ("Mirage") aus Moskau "organisiert". Ich weiß, klingt seltsam, weil STF im Jahr 2016 schon längst nicht mehr produziert. In den ehemaligen Werkshallen von STF gab es kurioserweise noch fertige, aber nicht mehr montierte, Optiksets. Und ich hatte Kontakt zu jemanden, der Zugriff auf diese "Reste" hatte und daraus fertige "Mirage" baute. WOW - ein "neues" Teleskop Jahre nach dem Ende der Firma zu kaufen hat nun auch was ... "Rest" ist übrigens lustig (und fishing for compliments) denn mein "Restteil" hat 0.95 Strehlpunkte im Roten und 1/6 Lambda/Wave.


    Gerade als dieses Projekt erfolgreich über die Bühne war hatte ich Russland eigentlich erst mal "abgehakt" und wollte mal etwas Luft holen. Ein letztes Mal (so mein Gedanke) surfte ich etwas planlos im russ. Forum umher und fand ... völlig unglaublich ... erneut den von mir vergessenen Apolar-100 (grade vor einer Stunde eingestellt). Unglaublich, denn manchmal "lese" (also "übersetze") ich da auch 3-4 Wochen lang nicht mit.


    Natürlich nahm ich gleich Kontakt auf - diesmal direkt per PM, in der Hoffnung noch "bekannt" zu sein. Das war ich wohl auch, denn die Rückantwort war eine freundliche Begrüßung und enthielt die Mitteilung, dass der Apolar-100 nun wirklich zum Verkauf stand. Aber immer noch mit Zögern und Zaudern ... was ja zu verstehen ist, ob des seltenen Stücks. Also nochmals Bedenkzeit, die ich gerne einräumte ...
    Irgendwo schlugen auch zwei Herzen in meiner Brust, wie ich natürlich merkte, wie schwer der Verkauf fiel, andererseits ich aber natürlich auch interessiert war.


    Als Referenz konnte ich auch noch auf meine Klevtsov / IntesMicro / STF-Projekte verweisen und als mein "STF-Kontakt" auch noch einschaltete konnten wir nach viel Zögern dann doch den Verkauf beschließen. Uff ...


    Aber danach beginnt ja erst die eigentliche Arbeit (also nix mit Russland-Pause): Geldtransfer, Versanddienstleister, Versandkosten, Verpackung, Tracking, Zoll und und und ... insgesamt dauert so etwas bis zu 6 Monate. Aber dann war das Teil endlich - und vor allem wohlbehalten - hier.


    Andreas-TAL

    Ja, ich freue mich schon noch mehr Erfahrungen mit dem Teil zu sammeln. Ich zögere noch ein bisschen sehr viel, sehr detailliert zu berichten, weil ich ja noch sehen will ob die aktuellen interferometrischen Daten konsistent zur Messung aus 2011 sind und das auch und zu meiner subjektiven Wahrnehmung passt. Aber ein paar Sachen gibt es schon, von denen ich schreiben kann.


    Der originale OAZ wurde schon in Russland getauscht und aktuell ist ein 2" GSO mit Microfokussierung dran. Der verbraucht den "üblichen" Weg, so rund 70mm. Zusammen mit dem Anschlussadapter jedenfalls so viel, dass es mit einem 2" ZS sehr knapp wird. Ich nutze überlicherweise einen modifizierten, sehr kurzbauenden 2" ZS von Takahashi (99mm Lichtweg). Mit dem geht es so hauchdünn ... Aber das ist keine Dauerlösung. Also wird mittelfristig ein kürzerer OAZ angebaut werden.


    Das Auskühlungsverhalten ist erstaunlicherweise recht akzeptabel. Grab'n'Go geht nun nicht, aber 3 Stunden vorher rausgelegt (bei nicht zu dramatischen Temperaturgradienten) lässt den Beobachter die Temperaturanpassung unter "ferner liefen" abhandeln ...


    Die bisherigen Beobachtungsergebnisse lassen den Schluss zu, dass - entsprechende Bedingungen vorausgesetzt - durchaus Vergrößerungen bis 250x möglich sind, ohne dass das Bild zusammenbricht. Bis zum 1,5x Durchmesser der Optik war bisher immer möglich. 200x waren bisher so etwas wie der Standard in normalen Nächten ( wenn man denn auf Vergrößerung wert legt).


    Deutlicher Astigmatismus war bisher keiner zu bemerken. Die defokussierten Sternscheibchen sind schön kreisrund. In einer der Nächte bemerkte ich am ersten Beugungsring einen leichten dreiachsigen Astigmatismus (Trefoil), der sich aber nicht "reproduzieren" ließ. In einer anderen Nacht hatte ich eher den Eindruck, dass dass das Sternscheibchen kurz vor dem Fokus einen Hauch nach links ausbricht um dann im Fokus auf einen Punkt zusammen zu fallen. Aber auch das ließ sich nicht reproduzieren. Anscheinend ist im Tubus und in den Linsengruppen ne' ganze Menge an Dynamik auf dem Weg zum thermischen Gleichgewicht. Zumindest könnte man das obige auch unter "Auskühlverhalten" subsumieren, was vielleicht die Unterschiedlichkeit der Eindrücke erklären würde.


    Auf die Farbreinheit habe bisher nicht ausdrücklich (also sehr konzentriert) geachtet, deswegen kann ich dazu noch nicht allzuviel Belastbares sagen. Ein Farbsaum am Sternscheibchen war jedenfalls keiner zu bemerken. Zumindest war er nicht so prominent, dass er (im wahrsten Sinn des Wortes) ins Auge gefallen wäre.


    Komafiguren waren gar keine zu beobachten. Der erste Beugungsring ist im Fokus exakt zentrisch zum Stern mit umlaufend sehr gleichmäßiger Helligkeit und auch nicht allzu stark ausgeprägt, was auf eine recht gut gelungene sphärische Korrektur hoffen lässt. Ein zweiter Beugungsring ist - anders als bei meinem 10" Klevtsov - gar nicht zu beobachten. Zumindest scheint der Apolar-100 diesem Eindrücken nach definitiv beugungsbegrenzt.


    Das zeigt auch der Blick durch das Ronchiokular (10 Linien/mm).Das Ronchibild zeigt schöne, parallele Linien, die klar begrenzt sind und auch dann, wenn man die Linienzahl auf 3-4 reduziert, noch parallel bleiben. Ein sehr kritischer Beobachter hätte vielleicht einen winzigen Hauch von leichter "tonnenförmiger" Verzeichnung gesehen, was auf etwas Überkorrektur hindeuten könnte. Das ist allerdings nicht in Übereinstimmung mit der bisherigen Interferometrie zu bringen, also bleibt das auch erst offen, bzw. harrt auf Reproduktion. Aber auch hier zeigt das Ronchibild ganz deutlich, dass auf jeden Fall eine beugungsbegrenzte Abbildung vorliegen müsste.


    Was will man vorerst mehr ...

    Na, das entwickelt sich ja zu einem TAL 4“ Refraktoren Thread. Da habe ich dann auch noch was beizutragen, unabhängig von den schon tollen 100mm TAL R/RS :) - schön! Ja, TAL hat sehr solide 4" Refraktoren gebaut: mechanisch wie optisch.


    Zur ergänzen ist, dass es noch einen weiteren 4“ TAL-Refraktor gab, der nie auf einer Liste auftauchte und zwar als Apochromaten. Hinlänglich bekannt in der TAL-Gemeinde sind sicherlich die 5“ (125mm) APOLAR Teleskope mit ihrem etwas schrägen Design, die (wenn man es nett formuliert) wie eine „Vuvuzela“ aussehen oder etwas repektloser halt „wie eine Tröte“. Hintergrund war der Versuch einen APO zu konstruieren, der keine Sondergläser braucht. Dazu entwarf man ein Design von 6 Linsen in drei Gruppen (1-3-2). Um um den "Glasverbrauch weiter hinten" zu minimieren, verjüngte sich der Tubus ein Stück weit. Im Prinzip war das sogar erfolgreich - also in der Abbildungsleistung und der Farbkorrektur wurde auf der Achse die Definition eines "APO", so es so etwas überhaupt verbindlich gibt, erreicht.


    Kurz nach dem 5“ APOLAR begann man so ab 2006/07 bei TAL einen kleineren 4“ APO zu entwickeln. Irgendwann um 2010/11 wäre der APO bereit für die Serienproduktion gewesen. Dazu kam es aber nie – denn NPZ war mit militärischen Aufträgen auf Jahre hinweg komplett ausgelastet. Also wurde das Vorhaben gestoppt.


    Übrig gelieben ist von diesem Projekt (meines Wissens nach und das ist eher vage) zunächst mal ein einziger 4“ APOLAR mit unvergüteten Linsen als reine Machbarkeitsstudie. Danach wurde das Design nochmals verändert und es wurde vier (oder fünf?) 100mm APOLAR APO-Teleskope testweise produziert, die dann alle die ("fully-muticoated") Linsen der Endfassung hatten. Eines der TAL-APOLAR (das erste) ist seit mehreren Monaten bei mir und wird seitdem langsam „hochgefahren“– yeah …
    Damit das nicht nur "Trockenübungen" werden hier ein paar Eindrücke:





    (PS: Die haarigen Teile stammen vom Hund ;) und die Kappen blieben bei dem Staubsammler von Teppich auch wirklich drauf)


    Die bisherigen Eindrücke bestätigen eine sehr gute Qualität trotz (oder wegen) des Designs (es sind ja keine Sondergläser verbaut). Es gäbe dazu auch einen interferometrischen Test aus Moskau, aber den möchte ich erst mal gegenprüfen (lassen), bevor ich hier was schreibe.


    Auch sonst ist das Teil eine kleine Kostbarkeit. Ein Beispiel:
    Das Sucherfernrohr (OK, „nur“ 6x30) hat die von TAL gewohnte sehr gute achromatische Qualität, mit feinem Sucherkreuz und Beleuchtungsoption. Aber: Es kann vor allem mit einer einzigen Schraube fixiert werden (also nichts mit 3 oder 6 Schrauben). Das Geheimnis dahinter ist eine Art kardanische „Konstruktion“ in der Befestigungsschelle, die den Sucher rund 10-20 Grad Bewegungsfreiheit in alle Richtungen gibt und ihn mit einer einzigen Rändelschraube auch fixiert.




    Und das klappt völlig problemlos und spielfrei und ist weit angenehmer als das Spiel mit drei Fixierschrauben am Sucher.
    Ich hab´ ihn rein aus Spaß an der Freude den Desnächtens ein paarmal verstellt um ihn wieder fix auszurichten. Was eine Idee ...


    Leider ist gerade Anwendungspause, weil die CNC Rohrschellen von TeleskopExpress ein Problem haben (die Teile passen theoretisch perfekt und die originalen Rohrschellen müsste ich umbauen, damit eine Montageschiene dran passt und das ist ja pfui). Wie es scheint fertigt man in Russland wohl deutlich sorgfältiger als in China.


    Soweit erstmal, Andreas-TAL

    Ich weiß von keinen Lagerbeständen in D. In Europa vielleicht - da könnte es auch sicher noch das eine oder andere geben. Vielleicht sollte man mal OVL in UK kontaktieren, ob die noch was hätten.
    Kleinere TAL-Teleskop (so im Bereich TAL1/TAL2) sind sicherlich noch weiter verbreitet. Darüber hinaus wird es eher dünn ...


    BTW: Freue mich immer wieder über mein kleines Alkor :) - aktueller Renner bei mir ist aber der APOLAR-100. Faszinierendes Teleskop ...


    Aber sonst? Robtics in NL hat noch TAL gelistet, aber ob das "In-Stock" Artikel sind ...?


    Andreas-TAL [:D]