Hallo zusammen!
Ich krame mal diesen alten Thread hervor, um das Thema endgültig abzuschließen. Mittlerweile sind ja doch schon zweieinhalb Jahre vergangen, als ich dieses Thema begonnen habe und es hat sich "etwas" getan: Ich habe noch ein gutes halbes Jahr bis in den Winter 15/16 hinein überlegt, recherchiert, nachgefragt, diskutiert und mich schließlich entschieden, den Newton ohne Namen von Lacerta zu kaufen. Hauptgrund war das günstige Preis-Leistungs-Verhältnis und die überaus kompetente Beratung seitens der "Tüftler" (im positiven Sinn!) von Lacerta.
<b><font color="red">ACHTUNG:</font id="red"></b> Auch wenn es so klingen mag, dies ist <b>keine Werbeseite von Lacerta</b>. Ich schildere lediglich meine (zugegebenermaßen positive) Erfahrungen mit Firma und Produkt. Es mag durchaus Personen geben, die andere Erfahrungen gemacht haben - für meine Erlebnisse stehe ich jedoch gerade.
Ich wählte also folgende Konfiguration für den Lacerta 10" F5 Newton ohne Namen:
- Karbontubus
- Quarzspiegel (mit Protokoll)
- Octo60 OAZ
- Komakorrektor (4-linsig GPU)
(hinzu kamen noch diverse Zusatzteile, wie etwa Flatfieldbox).
Zur Kaufabwicklung selber:
Ich schrieb Lacerta per Mail an, bat um ein Angebot für die gewählte Konfiguration. Es dauerte nicht lange, da meldete sich Tommy Nawratil bei mir und nannte mir Preise, Daten zu den Herstellern (Spiegel, Tubus, Lieferzeit) und gab Konfigurationstipps. Bei den Preisen lag er ohne weitere Nachfrage meinerseits unter den "Katalogpreisen" (bei einem Bestellwert von damals doch einiges über 2000.- zwar nicht selbstverständlich, aber sehr zuvorkommend).
Ich wollte die Lieferung per Post/Paketdienst haben, was er jedoch "strikt" ablehnte - mit gutem Grund! Jeder von uns weiß, wie Paketdienste auch mit optisch empfindlicher Ware umgehen. Da Lacerta den Newton vermaß und justierte - laut Tommy eine Arbeit von der ein oder anderen Stunde - wäre es unsinnig, dies durch einen Paketdienst wieder zu Nichte machen zu lassen. Für mich nachvollziehbar!
Also bin ich im Frühjahr 16 schlappe 600 km nach Wien gefahren um den Newton selber abzuholen. Die Absprache bezüglich der Öffnung des Ladengeschäfts und Anwesenheit von Tommy funktionierten tadellos.
Im Laden dann das erste persönliche Aufeinandertreffen mit Tommy Nawratil ... und meine Erkenntnis, dass er und seine Kollegen echte Astronomie-Enthusiasten sind. Da sind wirklich Profis am Werk, die wissen wovon sie reden und nicht nur aufs verkaufen aus sind. Er "erklärte" mir meinen neuen Newton, zeigt mir die Besonderheit des OAZ und ging auch auf seine optische Vermessung des Spiegels und des ganzen Setups ein. Die mit den Messprotokollen und den Abbildungen am echten Stern (jawohl, Tommy macht optische Tests in der Nacht an echten Sternen) erzielten Ergebnisse zeigten einen zufriedenen Verkäufer - und Käufer!
Sterntest von Tommy mit meinem Newton
Prima, dachte ich mir, alles richtig gemacht.
Nach bezahlen, quittieren und angenehmen fachsimpeln ging es ans einladen und wieder 6 Stunden auf die Autobahn.
Zum Newton selber:
Es handelt sich um einen "umgebauten" Skywatcher 10" F5 Newton, wobei der Begriff "Umbau" viel zu kurz greift.
Da ist ein Quarzspiegel drin (der, so meine ich, von TS geliefert wurde) mit einem Protokoll, das einen Strehl von 95% ausweist. Auch die Abbildungsleistung am Stern ist sehr gut, sowohl intra- als auch extrafokal und zeigt keinerlei Asti. Bei einem kürzlichen visuellen Test an Capella zeigte sich außerhalb des Fokus eine leichte Ausfransung am Rand, was aber auch auf die Luftunruhe in der Nacht auf des 23.11.17 zurückführbar ist.
Der Karbon-Tubus ist eine Anfertigung von Klaus Helmi (daher auch die lange Lieferzeit, denn der Tubus wurde erst mit meiner Bestellung in Auftrag gegeben) und von entsprechender Qualität. Die Rohrschellen sind die Original-Skywatcher Schellen, ebenso die Abschlussringe und die Spiegelhalterung. Dies tut der mechanischen Stabilität der Anordnung aber keinen Abbruch - da verzieht sich nix!
Das Gewicht beträgt ohne Anbauteile (also nur Tubus, Spiegel, Schellen, OAZ) etwa 15 kg.
<b><font color="yellow">EDIT (04.01.18)</font id="yellow"></b> - hab ich vergessen zu erwähnen:
Der Tubus ist an seinen Enden verstärkt (Verbesserung der mechanischen Stabilität), ist innen mit schwarzem Velour ausgekleidet (prima Qualität - keine Fusseln, keine Falten) und die Fangspiegelkanten sind ebenfalls geschwärzt.
Der OAZ:
Der OAZ ist eine Eigenproduktion von Lacerta und ein Produkt, das für diesen Preis keine Wünsche offen lässt.
Die Lagerung auf 8 Rollenlagern, 1:10 Untersetzung und Zahnradantrieb (nicht wie bei den "billigeren" Crayford über Schleif-/Rutschkontakt) ist präzise und leichtgängig. Da wackelt und klemmt nichts!
Die Arretierung von Anbauteilen wie Okularen oder Kameras ist durch die automatische Zentrierung mittels "Schraubverschuss" perfekt, auch hier wackelt nichts mehr. Ich hatte schon Komakorrektor (der übrigens fast vollständig im OAZ verschwindet), 2"-Verlängerung, Klappsppiegel, Televue Powermate Barlow und EOS600Da dranhängen - wirklich kein Wackeln, Verziehen oder sonstige mechanische Unzulänglichkeiten (auch nicht am Tubus selbst).
Auch an dieser Eigenentwicklung erkennt man, dass nicht nur Bastler am Werk sind, sondern Leute, die ein Projekt erst gründlich durchdenken bevor mit der Realisierung begonnen wird.
Zur Abbildungsleistung:
Mit das wichtigste am Teleskop!
Hier hatte ich in den letzten Jahren genug Zeit, das Setup aus NoN und Komakorrektor GPU ausgiebig zu testen und zu beurteilen. Hinzu kommt, dass ich nach Wechsel vom Leitrohrguiding auf Guiding mit OAG richtig lang belichtete Einzelaufnahmen anfertigen kann und damit die Geometrie der Sterne auch in den Ecken besser beurteilen kann.
Für eine Bewertung der Abbildungsleistung lasse ich erst einmal RAW-Aufnahmen sprechen, allesamt aufgenommen mit einer EOS600D, seit 2017 astromodifiziert.
M13 (120s, ISO400) und M27 (180s, ISO400) sind aus 2016 (Leitrohr), M1 (600s, ISO800, blauer Ring um den Stern stammt vom beschlagenen HS) aus 2017 (OAG). Interessant sind die Sterne in den Ecken - traditionell ein Problem eines Newtons (siehe Aufnahme von M16 mit Skywatcher 8" ohne Komakorrektor - rund in der Mitte, verzogen in den Ecken).
M16 (Skywatcher 8" F5, Leitrohr)
M13 (NoN 10" F5, Leitrohr)
M27 (NoN 10" F5, Leitrohr)
M1 (NoN 10" F5, OAG)
<b>Bitte bei einer Wertung der Aufnahmen beachten:</b>
M16 stammt einer Leitrohr-geguideten Aufnahme mit dem 8" F5 Skywatcher, daher kommt es hier zu einer stärkeren Verzerrung der Sterne (weil eben das Leitrohr und der Tubus nicht immer in die gleiche Richtung schauten und "irgendwo" Bewegung in der Konstruktion war).
M13 und M27 sind ebenfalls Leitrohr-geduidet und daher nicht nur am Rand etwas verzogen (wenn auch weniger als beim Skywatcher), auch in der Mitte. Erst mit dem OAG-geguidetem M1 kann man erkennen, dass runde Sterne bis in die Ecken zu finden sind.
Ich habe festgestellt, dass der neue Newton und der Komakorrektor aus dem Hause Lacerta (bzw. berechnet von Pál Gyulai) hervorragend zueinander passen - wesentlich besser als der Skywatcher oder NoN zusammen mit dem vorher eingesetzten Baader MPCC-III (Mark-III).
Mit einem sehr erfahrenen Astro-Kollegen nahmen wir im November diesen Jahres visuelle Tests vor. So wurde etwa der Nordamerika-Nebel, M1 und der Cirrus-Komplex beobachtet. Sein geübtes Auge (er betreibt dieses Hobby bereits seit 40 Jahren; sieht am Himmel Objekte, die meinem ungeübten Auge verborgen bleiben) - im Gegensatz zu meinem - bestätigte mir eine sehr gute Optik zu haben.
Im Bereich der Astrofotografie habe ich keine Fokusdrift - die Fokussierung bleibt, wie sie ist, auch bei höheren Temperaturschwankungen (15°C bis unter -5°C). Da muss während der ganzen Nacht keine Nachfokussierung erfolgen.
Fazit:
Ich bin sehr zufrieden!
Ich habe für gutes Geld ein gutes Teleskop gekauft. Es gibt sicherlich bessere Optiken - für mehr Geld. Aber ich betreibe die Astronomie als Hobby und nicht zum Broterwerb, daher hat der finanzielle Rahmen immer Grenzen und innerhalb der von mir gesetzten Grenze habe ich "meine" Optik gefunden. Ich wurde hervorragend beraten und konnte selbst meinen erfahrenen Astrokollegen nach einem Gespräch in diesem Jahr auf der AME mit Tommy von dem Newton ohne Namen überzeugen (er wird seinen älteren Orion 10" verkaufen und sich einen NoN zulegen).
Wie oben bereits erwähnt:
Ich will hier <b>keine Werbung</b> für Astroshop X oder Y machen. Ich will die Astro-Gemeinde an meinen Erfahrungen teilhaben lassen. Dass diese in diesem meinem Fall überaus positiv sind, ist nun mal so. Ich hätte auch keine Bedenken, negatives zu berichten - sofern es dieses gibt.
Jeder muss seine eigenen Erkenntnisse gewinnen, aber vielleicht hilft meine Schilderung dem ein oder anderen bei seiner Kaufentscheidung (ich selbst war jedenfalls so überzeugt, dass ich bei Tommy wieder eingekauft habe und in diesem Frühjahr vom USB_Focus auf den Lacerta Motorfokus umgestiegen bin).
In diesem Sinne … <font color="blue">clear sky</font id="blue"> und eine <font color="red">schöne Weihnachtszeit</font id="red">!
Hannes