Beiträge von tbstein im Thema „Betrachtungen zur optimalen Belichtungszeit“

    Hallo Norbert, hallo Bruciesheroes,
    ich nehme alles zurück und behaupte das Gegenteil, zumindest teilweise. Ich habe diesbezüglich nochmal recherchiert und siehe da, es gibt verschiedene Sonderfälle:
    Die Hauptgleichung ist:


    S/N = R * t / sqrt ( R * t + RSky * t + RN^2 + Dark * t)
    Signal ShotNoise SkyNoise ReadNoise DarkCurrentNoise


    Sonderfall 1: Eine helle Quelle >>> ShotNoise dominiert >>> übrig bleibt: S/N ~ R*t / sqrt(R*t) skaliert mit der Quadratwurzel der Zeit
    Sonderfall 2: Der Himmelshintergrund dominiert >>> Kriterium (RSky*t > 3*RN) >>> übrig bleibt: S/N ~ R*t / sqrt(RSky*t) skaliert auch mit Quadratwurzel der Zeit
    Sonderfall 3: Der ReadNoise dominiert >>> Kriterium (3 * sqrt(RSky*t) < RN) >>> übrig bleibt: S/N ~ R*t / sqrt(RN^2) skaliert linear der Zeit


    Siehe auch hier: http://www.astro.wisc.edu/~she…st500/AY500_lect5.ppt.pdf (Seite 4, 5)
    Sorry und Gruß
    Tino

    Hallo Bruciesheroes,
    das Signal einer Punktquelle oder eines einzelnen Pixels steigt aber linear mit der Belichtungszeit. Das SNR wird zu den umliegenden Pixeln bestimmt, welche im "nichthintergrundlimitierten" Bereich einen konstanten Noise (ReadNoise, DarkCurrent) aufweisen, oder zumindest ist der konstante Term dominierend. Erst wenn die umliegenden Pixel auch entsprechend belichtet werden (oder der Hintergrund über die anderen Rauschterme dominiert) ist der ShotNoise und die Quadratwurzel angesagt.
    Gruß Tino

    Hallo Frank,
    die 12s sind nur beispielhaft und für einen hellen Himmelshintergrund. Bei dunklem Himmel sind dann auch die besagten 20min drin. Aber wenn man bspw. anstatt der optimalen Belichtungszeit länger belichtet, können schon hellere Sterne oder Galaxienkerne in die Sättigung gehen oder "Ausbrennen". Ist halt nur ein Problem, wenn denn sehr helle und sehr dunkle Strukturen gleichzeitig da sind. Die 14, 15 oder 16bit sind erstmal irrelevant, es kommt auf die Pixel-Full-Well an, dh. wieviel Elektronen in den Pixel passen. Die Datenmenge ist natürlich schon ein Faktor, aber meistens nicht der Begrenzende.
    Mit dem dunklen Himmel als wichtigste Komponente hast du natürch zu 100% Recht, aber nur solange keine Wolken da sind ;).
    Gruß Tino

    Hallo Jo,
    sollte auch keine direkte Kritik sein. Das mit dem Stacking funktioniert ja auch nur dann ideal, wenn das Rauschen und die Parameter der Kamera möglichst stabil sind. Es kann beispielsweise schon problematisch sein, wenn die Pixel-Nonuniformity sich zeitlich ändert, bspw. durch elektromagnetische Einstreuung oder Verstärkerdrift. Wenn die Streifen der D350 sich also zeitlich minimal ändern, oder driften, läuft die Flatfieldkorrektur ins Leere.
    hallo Stefan,
    war auch nicht so gemeint, dass länger als notwendige Einzelbelichtungen schlechter sind. Sie sind aber auch nicht besser und auch normalerweise nicht nötig (zumindest im hintergrundlimitierten Bereich). Vielleich ist "ideal" das falsche Wort, dann wohl eher optimal. Die Dynamik ist natürlich nur in speziellen Konstellationen ein Problem. Das Ausbrennen von hellen Strukturen, oder das Überlaufen von Pixeln ist oftmals nur ein kosmetisches Problem, aber beispielsweise auch photometrisch nicht gern gesehen.
    Gruß Tino

    Hallo Frank, hallo Jo, hallo Stefan,
    (==>)Frank -
    Echt schicker Comic, aber leider bin ich mit der Bemerkung:
    "Natürlich kannst und sollst du länger als diese 12s belichten." nicht zufrieden. Meine Interpretation ist, dass man idealerweise 12s belichten sollte, auch wenns wenig klingt. Bei weniger Belichtungszeit+Stacking verschenkt man SNR und bei mehr Einzelbelichtungszeit verschenkt man Dynamikumfang und erhöht das Risiko einer Fehlbelichtung, da man das selbe Ergebnis bezüglich SNR mit mehreren verteilten 12s Belichtungen und Stacking bekäme.
    (==>)Jo -
    Sicherlich ist eine ältere Kamera mit Streifenneigung nicht das gelbe vom Ei, aber die Streifen und auch die Pixel-Non-Uniformity bedarf unbedingt einer Flatfieldkorrektur. Da reichen Darks nicht aus. Dies ist besonders bei einem hellen Hintergrund notwendig, denn die unterschiedliche Empfindlichkeit der Pixel erzeugt bei hellem Hintergrund ein zusätzliches stationäres Rauschen.
    Vielleicht noch ne kurze Bemerkung hierzu:
    "Hier führt dann "hintergrundlimitert" bei einem recht versifften Himmel dazu, dass man "sinnvoll" nur noch ein paar Sekunden belichten "dürfte". Aber dann hat man von den erwünschten sehr lichtschwachen Objekten nichts mehr im Pixelkästchen, weil das Signal gnadenlos im Rumpeln der Kamera untergeht, trotz Dunkelbildabzug. Dann könnte man im Dunkeln genausogut seine Kellerwand knipsen."
    Das witzige am Stacking ist aber hierbei, dass dein Signal nicht über eine bestimmte Schwelle muss, sondern es kann nochso klein im Verhältnis zum Rauschen sein, bei ausreichender Anzahl der addierten Bilder sinkt das Rauschen um sqrt(n), sodass das Signal detektierbar wird. Die optimale Belichtungszeit sagt nur aus, ab wann man eh Stacken kann, ohne Signal zu verschenken.
    (==>)Stefan
    Faktor 3 für Hintergrundlimitiert hört sich vernünftig an. Man ist dann sicher im hintergrundlimitierten Bereich.


    Gruß Tino

    Hallo liebe Astrotreffler,
    ich hoffe mal, dass ich das Thema nicht überstrapaziere, aber ich habe mir ein paar Gedanken zum Thema optimale Belichtungszeit gemacht:


    Warum lange Belichtungen:
    - Signal-Rauschverhältnis der Einzelaufnahme steigt im nicht-hintergrundlimitierten Bereich linear mit der Belichtungszeit
    - im hintergrundlimitierten Bereich steigt der SNR nur noch mit der Quadratwurzel
    - Problematisch ist der sinkende Dynamikumfang


    Was kann das Stacking:
    - SNR steigt mit der Wurzel der Anzahl der Belichtungen, genau wie im hintergrundlimitierten Bereich, also nicht so doll
    - Vorteilhaft ist, dass der Dynamikumfang steigt


    Warum eigentlich kurze Belichtungen:
    - eigentlich nur technische Gründe
    1. Cosmics
    2. Satellitenstrichspuren
    3. Dunkelstrom der Pixel (Kühlung)
    4. Guiding


    Dh. man muss herausbekommen, wo der Übergang vom nicht hintergrundlimitierten Bereich zum hintergrundlimitierten Bereich liegt. Dann kann man so kurz wie möglich und gleichzeitig so lange wie nötig belichten.


    Vielleicht nochmal ein Erklärungsversuch auf Pixelebene:
    Bezogen auf den Pixel setzt sich das Rauschen einer CCD oder eines CMOS aus folgenden Termen zusammen (bei völliger Dunkelheit):
    1. Ausleserauschen (unabhängig von Belichtungszeit)
    2. Dark Current (linear Abhängig von Belichtungszeit)
    Der Dark Current ist bei gekühlten Kameras recht gering im Vergleich zum Himmelshintergrund (außer bei Schmalband), sodass er für diesen Erklärungsversuch mglw. vernächlässigt werden kann.


    Was passiert bei einer Belichtung im nicht hintergrundlimitierten Bereich:
    Der beleuchtete Pixel füllt sich linear mit der Belichtungsdauer (Photonenrauschen des Signals).
    Das Pixelrauschen der dunklen Pixel ist konstant, da nur das Ausleserauschen wirksam ist. SNR steigt linear.


    Was passiert im hintergrundlimitierten Bereich:
    Der beleuchtete Pixel füllt sich linear mit der Belichtungsdauer + dem zusätzlichen Signal des Hintergrundes (Photonenrauschen).
    Das Rauschen der dunklen Pixel setzt sich aus dem Pixelrauschen und dem Photonenrauschen des Hintergrundes zusammen. Der Hintergrund skaliert aber auch linear mit der Belichtungszeit. Wenn das Photonenrauschen des Hintergrundes dominiert, steigt das SNR nur noch mit der Quadratwurzel. Kann man sicherlich auch mathematisch herleiten, vielleicht noch im Laufe dieser Diskussion.


    Das Optimum wäre hier vermutlich, wenn das Rauschsignal des Pixel gleich dem Rauschbeitrag des Hintergundes wäre, also genau der Übergangsbereich. Ab hier kann man genauso gut Stacken, anstatt lange zu belichten.


    Welche praktischen Abhängigkeiten ergeben sich:
    - Empfindliche Pixel mit geringem Rauschen >>> der Übergang zu Hintergrundlimitiert ist früher. Man kann also kürzer belichten, ohne dass man SNR verschenkt.
    - Bei hellem Himmelshintergrund kann man auch kurz belichten ohne dass man SNR verschenkt. Natürlich ist aber das eigentliche SNR viel schlechter, als bei dunklem Himmel.


    Eine praktikable Abschätzung kann man vielleicht derart durchführen, wobei dass das Rauschen eines Darks (Standardabweichung) bestimmt wird und dann an der eigentlichen Belichtung das zusätzliche Rauschen durch den Hintergrund bestimmt wird.
    Beispielsweise wäre das Dark-Rauschen Standardabweichung = 4digits. Dann wäre durch die geometrische Addition das Rauschen aufgrund des Hintergrunds:
    Gesamtrauschen^2 = Dark-Rauschen^2 + Hintergrundrauschen^2
    Das Hintergrundrauschen wäre also bei 4digits * sqrt(2) = 5,6digits gleichgroß.
    Nachdenkliche Grüße
    Tino