Beiträge von JSchmoll im Thema „Strahlen am Planeten“

    Ich wuerde das nicht tun (den Fangspiegel ohne Spinne an eine Planplatte machen), denn abgesehen vom Tubusseeing (was beim Gitterrohrdobson natuerlich wegfaellt) gibt es das Tauproblem. Und das wuerde mir signifikant mehr auf die Ketten gehen als ein paar Spikes.


    Ketzerischer Einwurf: Schiefspiegler !! [:p]

    Eine Spinne aus Glas wuerde Aberrationen einfuehren, da der Glasweg die Wellenfront aufmischt. Wenn, dann waere in der Tat eine planparallele Frontglasscheibe notwendig. Die sollte aber verguetet sein (Reflexe und Glasluftflaechenfresnellverluste), und sie bringt die Auskuehlprobleme mit sich, da die warme Luft ja nicht ausstroemen kann. Auch das liesse sich allerdings durch Lueftungsschlitze in den Griff bekommen.


    Ich weiss, dass mein naechstes Selbstbauteleskop eine gebogene Spinne bekommen wird - in der Form gegenuebenliegender Halbkreise, um jegliche Rotationseffekte durch Temperaturaenderungen (auch wenn sie nur eine Hypothese von mir sind) konsequent auszuschliessen.


    Uebrigens habe ich einen 90mm-Newton, 1960er Jahre, Japan, der bereits eine Spinne aus einem Halbkreisblech besitzt, um die Spikes zu vermeiden. Auch ein 114/1200er des gleichen japanischen Herstellers ist mir bekannt - die Problemloesung per gebogener Spinne ist nicht neu, schon Dimitriy Maksutov hatte diese Idee.

    Hallo Christoph,


    habe gerade nach mehrtaegiger Abwesenheit den mittlerweile sehr langen Thread ueberflogen. Bezueglich der Spiegelhalteklammern:


    Jede Kante erzeugt Beugung rechtwinklig zu ihr. Drei geradlinige Halteklammern sind drei Kanten, die drei Spikes im 120-Grad-Winkel erzeugen. Diese sind nicht so auffaellig wie die Fangspiegelspinnenspikes, da die Halteklammern ja kuerzer sind. So sind die Kanten in einem 200mm-Newton mit 50mm-Fangspiegel und Kreuzspinne (nicht biologisch gemeint!) ja 150mm lang, waehrend die Kante einer Halteklammer beispielsweise nur 10mm lang ist. Dazu kommmt, dass die Kantenbeugung sich noch anders verhaelt als die Beugung an der Strebe, die ja das Inverse zur Spaltbeugung darstellt - 2 Kanten im Abstand der Strebendicke. Auf jeden Fall entsteht hierbei ein relativ unauffaelliger Beugungseffekt, der sich aber bei Langzeitbelichtung an hellen Sternen zeigen kann.


    Anstatt die Halteklammern aufwendig zu deformieren, kann man besser Klammern verwenden, die optisch nicht sichtbar sind. Beispielsweise weil sie lediglich bis zur Rodierungskante des Spiegels gehen und damit die optisch aktive Oberflaeche unabgeschattet lassen, oder weil sie in drei Einbuchtungen eingreifen, die man seitlich in den Spiegel eingebracht hat (typischer Selbstschleifertrick).


    Vor einigen Jahren habe ich auf dem ATT mal ein paar amerikanische Newton-Cassegrains gesehen, die massive Halteklammern hatten. Nicht jeder Hersteller optimiert in dieser Hinsicht.

    Hallo Armin,


    Schlittenfokussierer haben bauartbedingt oft nur einen Arm. Alte Newtons von Heidenhain (100/1000, 150/900) haben zwei parallele Streben, und Newtons von Orion Optics (UK) aus der Europaserie werden mit einer sehr fetten Strebe ausgeliefert, die einmal ueber den Durchmesser geht (ich nenne sie den "Balken im Auge Gottes" und ich habe schon ein paar dieser Dinger durch duennbeinige Spinnen ersetzt). Persoenlich mag ich die einstrebigen Spinnen nicht, weil sie auf Astrofotos die hellen Sterne "durchstreichen". Da ist mir ein Kreuz an hellen Sternen deutlich lieber.





    Uebrigens, wer auf die englische Zeitschrift "Astronomy Now" Zugriff hat - ich habe da mal ueber die Spinnen einen kleinen Artikel verfasst:


    SCHMOLL, J. Afraid of spiders? Astronomy Now 6/2011,page76

    Hallo - nochmal ein paar Grundlagen zum Thema.


    Die Beugung an einer Strebe ist vergleichbar mit der Beugung am Einzelspalt, nur sind hier die Lage von Minima und Maxima vertauscht. Da die Interferenz von der Lichtwellenlaenge abhaengt, wird das Licht wellenlaengenabhaengig in verschiedene Winkel gestreut. Das Teleskop transformiert nun Raumwinkel in Orte auf der Fokalebene. Der "Strahl" ist also eigentlich ein Spektrum, aber je nach Strebendicke ueberlagern sich die Ordnungen und es kommt deshalb zu einem "weissen" Strahl als Superposition verschiedener Ordnungen.


    Wenn man dicke Streben hat (wie bei meinem o.g. Skywatchernewton 200/1000 alter Bauart), dann zeigen sich die Spektren auf fokalen Astrofotos als Maxima. Es gibt also eher eine "Perlenkette" als ein langes Spektrum.


    Bei duennen Streben liegen die Ordnungen weit genug auseinander, um nur noch die erste Beugungsordung zu sehen. Bei der Planetenbeobachtung mit hoher Vergroesserung sieht man davon nur einen Teil. Deshalb der Effekt, dass die Spikeintensitaet mit duenneren Streben abnimmt - es liegt eigentlich an der angestiegenen Dispersion im Zusammenspiel mit der verstaerkten Isolierung der Ordnungen.


    Aber es gibt eine strukturelle Grenze, da die Haltestreben nicht beliebig duenn sein koennen. Um die Spikes weiter zu minimieren, kann man Strebenkreuze waehlen, die keine Vierersymmetrie aufweisen - z.B. Dreierstreben wie beim 114/900er (und die sind sogar relativ breit, beim Klassiker um 2mm). Die Intensitaet wird beim Sprung von der Vierer- zur Dreierstrebe um einen Faktor 2 verringert, aber man erkauft sich das mit einem weiteren Spike. Die Spikes ergeben nicht ein Kreuz, sondern einen "Stern" aus drei Linien im 120-Grad-Winkel.


    Um das weiter zu reduzieren, kann man die Vorzugsbeugungsrichtung durch eine gebogene Spinne aufweiten. Idealerweise legt man die Spinne so an, dass die gesamte Neigung der Streben im Pupillenraum 180 Grad abdeckt. Dann wird das Licht in alle Richtungen gleichartig gebeugt, und dabei im Vergleich zu den geraden Streben soweit "verduennt", dass man es nicht mehr signifikant wahrnehmen kann.

    Hi Roland,


    abgesehen von Armin's Vorschlag, den Newton durch einen APO zu ersetzen [;)] gibt es noch die Moeglichkeit, eine planparallele Frontglasscheibe einzubauen. Allerdings wird das serienmaessig nicht angeboten. Lichtenknecker hatte das seinerzeit fuer die 150mm f/8-Newtons im Programm. Beugung gibt es dann nicht mehr, wohl aber Reflexe (die sich durch beidseitige Verguetung unterdruecken lassen), Probleme mit Tau und mit der Auskuehlung des nunmehr geschlossenen Systems.


    Du kannst noch mit der Dicke der Streben experimentieren. Je dicker die Streben, desto naeher liegen die Beugungsmaxima der verschiedenen Ordnungen zusammen. Das kann ich bei meinem alten Skywatcher mit ca. 5mm starken Spinnenbeinen gut beobachten.


    Zur gewellten Spinne: Es mag stoerend erscheinen, dass nun in alle Richtungen gebeugt wird und damit der Hintergrund rund um das Objekt aufgehellt wird. Aber man bedenke, dass genau das sowieso schon durch die Beugung am Spiegelaussenrand und am Fangspiegel selbst passiert. Der Effekt ist also ohnehin schon da, aber jenseits der Wahrnehmungsgrenze.


    Du kannst auch eine Dreibeinhalterung machen, in der jede Strebe den Winkelbereich von Null bis 120 Grad abdeckt. Jedoch kann sich hierbei bei Temperaturaenderung der Fangspiegel drehen (was bei Langzeitastrofotografie und beim Newtonsystem ein Problem darstellen kann). Bei der Halbkreisvariante sind die Kraefte bei Thermalexpansion der Spinnenbeine in jeder Drehrichtung gleich.


    Vixen hat in einem seiner kleineren Maksutovs die gedrehte Spinne mit den dreimal 120 Grad, und die russischen TAL-Klevtsovsystem hatten es ebenfalls.

    Hi Roland,


    die Strahlen sind ja ein Produkt der Beugung an den Streben, und sie laufen auf der Fokalebene senkrecht zur Ausdehnung der Strebe selbst.


    Bei dreistrebigen Spinnen sind die Strahlen nur halb so intensiv, da immer nur die Laenge eines Radiusses gebeugt wird. Dafuer hast Du sechs Strahlen. Bei der Vierfachspinne hingegen fallen die Beugungsmuster gegenueberliegender Spinnenbeine zusammen und die Intensitaet des Strahlensystems verdoppelt sich.


    Was Du machen kannst, wenn Du basteln moechtest: Ersetze die geradbeinige Spinne durch eine gebogene Spinne, beispielsweise zwei Halbkreise, die sich an der Fangspiegelzelle treffen. Stelle sicher, dass die Beinorientierung durch die Kruemmung den Winkelwertebereich von Null bis 180 Grad ausfuellt. Dann beugt jedes (infinitesimal) kurze Beinstueck in eine andere Richtung, und anstatt heller Spikes in zwei oder drei Vorzugsrichtungen bekommst Du Spikes in alle Richtungen, die sich aber wegen der kurzen Strecke, die an der Beugung beteiligt ist, unter der Wahrnehmungsgrenze befinden. Die Idee geht auf Dimitrij Maksutov zurueck.