Beiträge von Astrohardy im Thema „Dieses Lidlscope“

    So, ihr habt's geschafft. Aufgrund dieses Threads haben Andre Wulff und ich fest beschlossen, sowas wie einen GvA-Lidl Userhilfskurs im Raum Hamburg (GvA) zu installieren. Wie wir das genau machen, wissen wir noch nicht, aber wir machen das. Was wir machen, posten wir natürlich hier.


    Daher hab ich mir gerade mal das Lidlscope bei Lidl Reeperbahn (Hamburg) gekauft. Tatsaechlich: Meade Europa steht unten drauf. Meine Erwartungshaltung: Sowas wie ein Qualle-Refraktor aus meiner Jugendzeit. Die kosteten damals ca. 350, später fast 500 DM.


    Erster Test zeigt ein paar Unterschiede. Montierung ist ein direktes Qualle-Nachfolgemodell, doch etwas stabiler als damals. Weniger tote Punkte, weil sich die Schnecken nicht um die Achsen drehen und daher die biegsamen Wellen nicht so leicht gegen das Stativ semmeln. Gebrauchsanweisung erklärt kaum mehr als den Aufbau, aber ok, als jemand, die Quallemontierung in alle Einzelteile zerlegt hat bin ich dafuer eh der ungeeignete Tester. Mir fiel auf, dass die Flügelmuttern am Stativ sehr aus sehr weichem Metall sind und leicht verwürgen. Erster Test der Monti: Wackelt natürlich. Bei mir kam das Wackeln vor allem aus der werksseitig falsch eingestellten Schnecke in Dek. Die hab ich gleich mal richtig justiert, und nu konnte es losgehen. Das Wackeln danach war weniger als bei einer Quellemonti, ist also einigermaßen beherrschbar. Bei Sturm kann man die Monti vergessen.


    Der Sucher ist ein echter 30mm Sucher, und nicht so ein abgeblendetes Teil aus der Qualle-Zeit. Damit kann man auch nicht ganz so helle Objekte anzielen.


    Grobes Fluchten durch den Okularauszug: Macht einen guten Eindruck, zielt nicht daneben. Dann das Ding auf den Balkon.Man merkt Reflexe im Okularauszug und aus dem Tubus. Draussen ist Dauernebel. Aber es gab die Weihnachtsschmuckbeleuchtung mit ziemlich punktförmigen LEDs auf entfernten Hausdächern zu gucken: Erster Eindruck der Optik ist ganz ok. Habe schon viel schlechtere Kaufhausteleskope gesehen. Intrafokal etwa gleich extrafokal. Kann natürlich sein, dass ich ein gutes Exemplar erwischt habe.


    Die Okulare hatte ich eigentlich schon in den Mülleimer tun wollen, aber ihr Kontrastverhalten ist viiiiiiel besser als das der früheren 22.4mm Steckhülsendurchmesser-Okulare aus der Qualle Zeit. Habe sie direkt mit älteren Celestron-orthoskopischen Okularen verglichen. Das Einblickverhalten des sog. 4mm ist natürlich Scheisse, aber der Kontrast ist nicht schlechter als ein 6mm Ortho von vor 20 Jahren. Übrigens hat das Lidl 4mm gottseidank keine 4mm Brennweite, sondern schätzungsweise 7 oder so, jedenfalls vergrößerte das 6mm Celestronokular etwas mehr als das sog. 4mm Okular. Das ist auch viel besser, denn damit vergrößert das Lidlscope nicht maximal 175X, wie auf dem Karton angegeben, sondern 100-120X, was die Optik gut packt. Denn bei 140X beginnt bei 70mm die Übervergrößerung.


    Also vor 30 Jahren, als Schüler, hätte ich von so einem Teil geträumt. Man kann damit was machen, und die Gebrauchsanweisung gehört ins Altpapier. Sonnenprojektionsschirm gibt es keinen (weil wohl die Plastikokularfassungen sonst abfackeln), und auch sonst nix zum Sonne-Gucken.


    Also: Wenn man das Ding ein wenig bastlerisch verbessert (vor allem Tubus und Okularauszug mit Filz o.ae. abklebt), ist das Ding ein gutes Anfängerteil. Ich freue mich jedenfalls auf einen Test bei klaren Himmel demnächst.



    Hartwig

    >Habe gestern dieses Lidlscope gekauft wovon ja (fast) alle total begeistert sind.
    >Nun wollte ich es heute mal einstellen/ausrichten. FEHLANZEIGE!!!
    >
    >Ich bekomme da garnichts geregelt, überhauptnichts...
    >Ich komme mit der Bedienungsanleitung überhaupt nicht zurecht was die Einstellung des Teleskopes betrifft-NULL!!!


    Das ist normal. Don't panic, gaaaaanz ruhig und step by step die Probleme suchen. Die Probleme sind typisch. Also kein grund zur Unruhe.


    >Die schreiben etwas von dem Breitengrad einstellen, dann finde ich heraus dass wir ungefähr auf dem 51°liegen und dann steht dort "darauf einstellen" - bloß wie?!? Da gibt es keine Zahl wo steht 50 oder 51...<


    Also erst mal gucken, wo man die Breite einstellen muss. Gaaanz unten, das mit den 3 Beinen, ist das Stativ. Weiter oben, zwischen dem Stativ und dem Achskreuz, das ist der Polblock. Und da ist die Skala dran, auf die man das Dingens auf 51 Grad einstellen kann. Falls da nur 0->9 steht, dann ist das merkwuerdig. 0 wird dann 0 Grad, 9 90 Grad entprechen, also stellst Du das Dingens auf knapp über 5. Wenn Du das Ding auf 0 stellst, sollte die Polachse der Montierung waagerecht stehen, wenn sie auf 9 oder 90 steht, senkrecht. Also stell sie auf knapp ueber 5 oder 51. Dazu loest Du die große Klemme am Polblock und wuchtest das ganze Ding auf 5- fertig. Wenn Du dann das ganze Fernrohr so hinstellst, dass die Polachse erst einmal grob nach Norden ausrichtest, ist alles für erste Experimente ok.


    > Ich bin eine Frau und habe eh schon kein wirklich technischen Verständis, aber das haut mich doch glatt aus den Socken...


    Kenne eine Reihe von Maennern, die das auch nicht raffen, und daher Gemach.


    >Schaue ich in diesen Sucher, schaffe ich es mit Hilfe dieser langen "Stengel" das Rohr auf ein weit entferntes Fabrikgebäude auszurichten<


    Guter Ansatz!


    > - so dass es im Kreuz des Suchers steht, aber sobald ich dann durch so ein Okkular schaue, sehe ich alles weiß; durch das 4mm, 12mm und 20mm Okkular...<


    Das ist ein typisches Problem - eventuell das mal als erstes angehen. Das ist auch genau der richtige Ansatz: Rumspielen und ein Gefühl kriegen für die Sache. Dass Du das Gebaeude nicht siehst, liegt daran, a) dass der Sucher nicht parallel zum Hauptrohr steht und/oder b) das Hauptrohr nicht scharfgestellt. Zunaechst mal nimmst Du das 20mm Okular. Das macht die schwaechste Vergrößerung von ca. 30X, und da ist das Gesichtsfeld noch am größten. Nur da Okular, ev. das Zenitprisma, nix Barlowlinse, nix Umkehrlinse. Damit hast Du am ehesten ne Chance, das Haus oder irgendwelche anderen Details am Horizont zu finden. Mit dem Zenitprisma sind die Dinge aufrecht, aber seitenverkehrt. Ohne Zenitprisma stehen sie auf dem Kopf. Aber daran gewöhnt man sich.


    Noch was: Fensterscheiben ruinieren jedes Bild. In offenen Fenstern wabert die Luft gewaltig. Also: Raus mit dem Ding auf den Balkon.


    Erst einmal mit dem Sucher zielen, wie Du es ja schon gemacht hast. Dann ein wenig herumschwenken, bis Du im Hauptrohr das Haus siehst. Du wirst es aber wahrscheinlich seeeeehr verschwommen sehen. Also erst mal scharfstellen. Wenn Du das Haus dann scharf siehst, erst einmal den Sucher mit den Justierschrauben an seiner Halterung so justieren, bis die Dinge, die Du im Hauptrohr siehst, auch im Sucherfadenkreuz stehen. Danach findest Du in Zukunft die Dinge am Himmel und auf der Erde leichter.


    Und nun wichtige Regel Nr. 1.: IMMER mit der allerschwächsten Vergrößerung anfangen. Damit hast Du das größte Gesichtsfeld und findest am ehesten ein Objekt. Das Gesichtsfeld eines Fernrohrs ist naemlich klein - viel kleiner als bei einem Feldstecher. Und dann langsam die Vergrößerung steigern. Mehr als 140X kann ein 70mm Fernrohr sowieso nicht gewinnbringend vergrößern.



    Ansonsten guck mal
    http://home.t-online.de/home/Dr.Strickling/billigtel.txt
    das offizielle Billigfernrohr-Faq


    Sowas oder das selbe gibts auch als Buch mit Bildern:
    "Besser ausgestattet als Galileo Galilei. Was Kaufhausfernrohre in der Praxis leisten.
    von Frank Möller" fuer 10.80 Teuro bei Amazon. Das duerfte fast alle Deiner fragen beantworten.


    Oder guck mal:
    http://www.oculum.de/ff.asp
    Auch das Buch hilft Dir gleich ne ganze Runde weiter und ist überall zu haben.



    Jedenfalls hat mich Deine Mail dazu bewogen, endlich mal ernst zu machen und definitiv in unserem Astroverein ein 1.Hilfe-Kurs fuer Kaufhausfernrohre einzurichten.


    Hoffe das hilft


    Hartwig