Hallo ihr Lieben,
da wir hier gerade so schön „zanken“ (und ich meine hier „zanken“ im durchaus positiven Sinne von Loki Schmidt, die einst damit meinte, mit ihrem Helmut schon im Kindesalter heftig diskutiert zu haben), ob der Dobson für jeden Einsteiger zu empfehlen wäre, hier meine Gedanken:
Ich kann mich dieser Standartempfehlung oft gar nicht anschließen, insbesondere wenn ich sie aus dem Munde meiner Astrokollegen in Wanne-Eickel vernehme, sobald sie den Eltern junger Einsteiger im Ruhrgebiet erteilt wird.
Viele Kinder/Jugendliche haben hier gar nicht die Möglichkeit, auf flacher Wiese oder gar nur aus Gärten zu beobachten, geschweige denn, automobil raus zu fahren, um vom flachen Lande aus zu beobachten. Sie sind oft tatsächlich nur auf heimische Balkone oder Dachfenster angewiesen. Deepsky aus dem Ruhrgebiet kann man eh bis auf offene Sternhaufen weitgehend vergessen. Sobald solche Parameter vom Beratenden immer erfragt würden, schiede der Dobson komplett aus, weil Balkonbrüstungen und der Okulareinblick jenseits des Geländers bzw. Luftturbolenzen in der Fensterlaibung den Beobachtungsgenuss vereiteln.
Ich kenne die Situation aus den Zeiten meines eigenen Astroeinstiegs: Um 1980 war der Dobson ja noch weitgehend unbekannt. Mir standen als Beobachtungsplätze nur ein Garten Richtung Nordwesten mit hohen Bäumen Richtung Südwesten und freier Sicht nur Richtung Norden, sowie ein großes Dachfenster Richtung Südosten mit freiem Blick auch nach Osten und Süden zur Verfügung. Mein Lehrgeld der ersten Ausbildungsmonate ging in einen 80x1200er Refraktor (damals das meistverkaufte Lieblingsfernrohr von Wilhelm Hamer in Bochum). Es erwies sich als der einzig brauchbare Fernrohrtyp für den Blick aus dem Dachfenster Richtung aufgehende(n) und kulminierende(n) Mond, Planeten oder Sonne sowie zu den Sternhaufen der jeweiligen Saison (also allem, was man sinnvoll vom Ruhrgebiet aus sehen kann). Ein später eingesetztes TAL 2 M in der Fensterlaibung des Atelierfensters erwies sich als unbrauchbar, so wie es das ein moderner Dobson auch getan hätte; nur der Refraktor ragte immer weit genug aus dem Fenster, um von den Luftturbolenzen unbeeindruckt zu bleiben. Eine spätere erfolgreiche Alternative wurde ein 125x1560er Refraktor.
Aber diese Erfahrungen lassen sich heute kaum mehr Einsteigern weitergeben, da diese einzig wirklich Ruhrgebiets-tauglichen langen Röhren kaum mehr angeboten werden. Die älteren Astrokollegen in Wanne-Eickel pflichten mir noch bei, aber bei den jüngeren stößt man auf freundliches Unverständnis, wenn man empfiehlt, für ein Kind eine gebrauchte und bezahlbare 60x900er Röhre auftreiben zu können.
Beachtet bitte künftig bei euren Empfehlungen auch immer mehr, welche Beobachtungsplätze unseren geschätzten Einsteigern in unserem urbanisierten Mitteleuropa überhaupt noch verbleiben.
Im übrigen wünsche ich allen einen guten Rutsch und ein frohes und an Beobachtungsnächten und -plätzen reiches Neues Jahr,
Hubertus