Beiträge von stefan_schuchhardt im Thema „ISON: first light (visuell & instrumental)“

    Hallo Witold,


    auch ich habe gesehen, daß bei den STEREO-Bildern ISON von links kommt, in der Nähe von Merkur vorbeikommt und nach rechts Richtung Sonne fliegt. Habe mir erstmal gedacht, das liegt an der umgedrehten Orientierung der Bilder und es mal so hingenommen.


    Jetzt hab mir das mal genauer angesehen, Wikipedia ist wie meistens sehr hilfreich.


    Es gibt folgende Beteiligten:
    - Sonne. In der Mitte.
    - Erde. Wir.
    - ISON. Kommt von uns aus gesehen ungefähr die Ekliptik entlang von rechts (Westen) auf die Sonne zu, befindet sich beim Endanflug (bin Gleitschirmpilot...) aber etwas unterhalb (südlich) der Ekliptik.
    - SOHO. Befindet sich im Lagrangepunkt L1 zwischen Erde und Sonne, ungefähr 1,5 Mio km von der Erde entfernt und sieht fast genau das, was wir (Erde) sehen.
    - STEREO A und B. Die beiden Sonden befinden sich zur Zeit von der Erde aus gesehen ungefähr gegenüber der Sonne; STEREO A etwas rechts (westlich) der Sonne, STEREO B etwas links (östlich).


    Etwas genauer: STEREO A steht im Moment von der Erde aus ungefähr in Richtung Merkur (Morgenhimmel) und STEREO B ungefähr in Richtung Venus (Abendhimmel, aber etwas näher an der Sonne als Venus); beide aber ungefähr zwei Astronomische Einheiten von der Erde entfernt (A etwas näher und B etwas weiter, aber das spielt hier keine große Rolle).


    Weiter: so wie ich es sehe, zeigen alle drei Sonden Bilder, bei denen die x-Achse in der Ekliptik liegt und norden oben ist.


    Wenn jetzt STEREO A (die von uns aus gesehen in Richtung ISON und Merkur aber dahinter steht) ein Bild macht, sind Merkur, ISON und Erde von dort aus ungefähr in der gleichen Richtung und logischerweise stehen auf diesem Bild Merkur und Erde nah beieinander (so wie in den letzten Tagen von uns aus gesehen Merkur und die dahinter stehende STEREO A); Erde und Merkur sind von STEREO A aus LINKS der Sonne (wie auf den Bildern der letzten Tage). STEREO A sieht also unser Bild spiegelverkehrt; Merkur steht von STEREO A aus LINKS von der Sonne und wenn von uns (und SOHO) aus ISON von rechts kommt und an Merkur vorbeikommt, kommt ISON von STEREO A aus von links an Merkur vorbei (ebenfalls wie auf der Bildern der letzten Tage).
    Oder noch anders: am 25. November standen Erde (und SOHO) - ISON - Merkur - STEREO A ungefähr auf einer Linie.


    ISON wird - in ekliptikalen Koordinaten - beim Perihel und wenige Stunden danach östlich der Sonne stehen (also in Venus- und STEREO B-Richtung), wegen der Haarnadelkurve, die er fliegt, aber kurz danach
    wieder westlich. Daher wird STEREO B wenig beitragen können.


    Außerdem: es ist wenig überraschend, daß ISON ungefähr auf der Ekliptik der Sonne entgegenfliegt. Schätzungsweise ist die Oortsche Wolke, aus der er kommt, ebenso wie das innere Sonnensystem in Richtung der Ekliptik verdichtet und nicht kugelsymmetrisch um die Sonne verteilt.
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    Noch ein Nachtrag zu meinen Berichten: am 22. November hatte ich erwähnt, daß ISON nicht mehr so grün sei wie zuvor.


    http://www.astrotreff.de/topic.asp?TOPIC_ID=158686


    Das deckt sich ganz gut mit den Berichten der Radioastronomen, daß die Produktionsrate der C2- und anderer Moleküle stark zurückgegangen war


    http://groups.yahoo.com/neo/gr…versations/messages/22461


    Hinterher ist man immer schlauer, aber knappe 30 Jahre Beobachtungserfahrung lassen sich nicht einfach wegwischen, auch wenn man nur mit einem kleinen Mittelklasse-Fernglas guckt. Und - wie gesagt - die Augen offenhält!
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    ISON lebt noch, auch wenn die Zerbröckelung nah zu sein scheint. Ich werde noch einen Tag ausruhen und am 29. bin ich pünktlich zum Sonnen- ISON- und ISON-Schweif-Untergang am Roque de los Muchachos, dem "Ort mit den weltweit besten Astronomischen Bedingungen". Ja, ich gehöre zum 30-35% Anteil derer, die das Überstehen glaubt!


    Saludos de la Isla Bonita
    Stefan