Beiträge von colazza im Thema „BB: Tiefenbachgletscher - Teil I“

    Servus Zusammen,


    vielen Dank für eure freundliche Rückmeldung!


    (==>)Hajü: schade dass es nicht funktioniert hat. Das Wetter spielt dieses Jahr irgendwie nicht richtig mit. Die Schönwetterperioden zeigen sich nicht gerade synchron mit den Feiertagen, Wochenenden und den mondlosen Nächte.


    (==>)Benny: Vielen dank für deine immer sehr geschätze Rückmeldung. Für mich bist du weiterhin ein Vorbild in Sachen BB. Dem Casino und anderen Beleuchtungen am Gletscher entgeht man, wenn man sich durch den Tunnel und anschliessend Richtung Wasserspeicher verkrümelt. Siehe beigefügtes Bild:



    (==>)Reiner: gewisse Objekte sollte man immer wieder ausprobieren. Man wird immer wieder auf neue überrascht.


    (==>)Anne: deinen Bericht samt Zeichnungen und Bilder habe ich regelrecht verschlungen! Sensationell!


    (==>)Johannes: Eine Festellbremse in den Bergen ist dienlich zum Parken, insb. dann wenn man bei laufenden Motor mal kurz aus dem Auto rausspringt um z.B. ein paar Bilder zu machen. Spätestens dann sollte die Festellbremse zuverlässig greifen!! Bei mir ging das fast in die Hose bzw. den Hang runter.
    Ich habe als OIII den Filter der Fa. Lumicon, als UHC-S den von der Fa. Baader. Welchen Filter-Hersteller hast du in deinem Gepäck?


    (==>)Christian: no risk no fun, hätte auch ganz anders laufen können wie z.B. in der dritten Nacht.


    (==>)Roland: Zeichnungen gibt es auch.War bislang noch nicht dazu gekommen diese zu digitalisieren. Eine unbeliebte Tätigkeit, die ich gerne auf die lange Bank schiebe.


    (==>)Andreas: vielen Dank.

    Servus Zusammen,


    anbei Teil I der letzten Neumondphase im September. Direkter link zum Bericht hier klicken oder einfach weiterlesen...
    Ich hoffe dass Anne (WaWi) ihren Bericht auch bald einstellt.



    Ort: Tiefenbachgletscher,2900m, Ötztal
    Datum: Dienstag 03.09.2013 - 22 Uhr bis 3:30
    Wetter: klar, seeing gut, Temp. +3° bis +6° C., 65-80%rF
    Grenzgröße: SQM-L 21,5
    Ausrüstung: 16 Zoll Dobson
    Kommentare: Ronald S. 20“, Anne E. 16“, Uwe & Martin als Astrofotografen



    <i>Objekte: NGC 7006, NGC 7003, M 29, Be 87, HCG 88, Abell 70, Comet Lemmon (R. 20“), M 30, Pal 12, M 33, M 31, NGC 16, Cirrusnebel, Andromedagalaxie, Orionnebel</i>


    Ein Hochdruckgebiet über Mitteleuropa bescherte uns drei Nächte der superlative am Tiefenbachgletscher bei Sölden im Ötztal. Mit 2900 Höhenmeter war dies bislang mein höchstgelegener Beobachtungsplatz von dem ich jemals beobachten konnte. Meinen Dank gebührt Ronald S. der mich zu diesem Beobachtungsort mitgenommen hat und an die drei Stammbeobachter aus Magdeburg a.k.a. „Söldner Bande“, die dort seit Jahren im Monat August nahezu ungestört beobachten konnten. Ihre vertraute Umgebung wurde dieses Jahr durch „fremde“ ein wenig aufgemischt. Unser Quartier haben wir in der Pension „Flamingo“ in Zwieselstein aufgeschlagen, und gestärkt haben wir uns entweder beim Brückenwirt oder beim Gasthaus zur Alten Post in Zwieselstein.


    Um 19 Uhr ging es dann endlich los. Zuallererst mussten die ca. 22 Km und 1500 Höhenmeter zum Beobachtungsplatz bewältigt werden. Glaubt man dem Warnschild an der Mautstation, dann ist die Bergstrasse nur etwas „für geübte Bergfahrer“. Die Auffahrt ist dennoch sorgenfrei zu bewältigen, solange man auf der gekennzeichneten Strasse bleibt, nicht unter Höhenangst leidet und eine funktionierende Festellbremse hat. Letzteres fiel bei mir aus, blieb aber glücklicherweise ohne weitere Folgen. Hat man den Beobachtungsplatz erreicht, steht einem im wahrsten Sinne des Wortes die Erde zu Füssen. 2900 Höhenmeter sind schon eine Hausnummer. Dort oben erwartet einen ein faszinierendes Bergpanorama. Ringsherum nur 3000er, im Osten die Ausläufer eines Gletschers, Richtung Süden ein ungetrübter Blick bis zu einer Deklination von -41°, und nahezu senkrecht nach unten geht es ins Ötztal. Nicht zu unterschätzen ist der geräumige und ebeneen Parkplatz. Last but not least kein Störlicht weit und breit.


    Ronald ist so freundlich und überlässt mir zur Nutzung seine neuste Erscheinung aus dem Verlag: den Interstellarum Deep Sky Atlas. Um es gleich vorwegzunehmen: der Atlas ist sensationell und mit hohen Suchtfaktor! Ich werde hierzu in kürze einen Erfahrungsbericht auf meiner Internetpräsenz einstellen.


    Um 21:30 startet meine Beobachtungsnacht bei +4° und 75% rF, leichten Wind und einige Wolken im Süden, welche im Laufe der nächsten Stunde vollkommen verschwinden werden. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase mit dem neuen Atlas konnte es dann gleich losgehen.


    <b>NGC 7006, GC, Del, 10,6m</b>
    Erstes Objekt ist N7006, ein relativ lichtschwacher Kugelsternhaufen im Sternbild Delfin. Unter mäßigen Bedingungen ist das auffinden dieses Objektes ein ziemliches gewusel. Unter Alpenhimmel und mit den neuen Atlas ist es ein Kinderspiel. Der Kugelsternhaufen zeigt sich bei 360× als heller und runder Nebel mit einer schwachen Konzentration zur Mitte hin. Es ist kein helles Zentrum auszumachen. Der Nebel wirkt in seinem inneren etwas unruhig und fleckig. Egal wie hoch man vergrößert, es sind keine Sterne auflösbar. Mit 150- bis 180-tausend Lichtjahre Entfernung gehört der Kugelsternhaufen zu den entfernteren Objekte der Milchstrasse.


    <b>NGC 7003, Gx, Delf, 13,0m</b>
    Im Atlas ist ca. 2° nördlich vom Kugelsternhaufen N 7006 eine kleine Galaxie eingezeichnet die angeblich bereits mit 8 Zoll erreichbar sein soll. Im Übersichtsokular (20mm, AP=4,4mm, V=90x) zeigt sich diese kleine Galaxie (Größe ca. 0,8’ x 1,1’) als ovaler Nebelfleck mit einer schwachen Aufhellung zum Zentrum hin. Bei 200x wirkt die Galaxie etwas deutlicher im Okular. Nichts aufregendes aber ein netter Beifang wenn man in der Gegend unterwegs ist.


    <b>M 29, OC, Cyg, 6,6m</b>
    Ich habe dieses Messier-Objekt in den vergangenen Jahren wohl noch nie bewusst beobachtet, da ich M 29 in keiner meiner bisherigen Beobachtungsnächte jemals beschrieben oder erwähnt habe. Im Okular zeigt sich ein Sternhaufen mit einer prägnanten Sternformation. Neun helle blaue Sterne bilden auf engen Raum ein auffälliges Trapez. Der OC zeigt sich locker und besteht aus wenigen Mitgliedern. Ohne die hellen Sterne wäre das Objekt wahrscheinlich im Sternengewimmel der Milchstrasse als unauffälliger OC untergegangen. Jetzt wo ich das Objekt bewusst aufgesucht und beobachtet habe, weiss ich dass ich diese helle und auffällige Sternformation bereits zig-male im Fernglas oder Teleskop hatte. M 29 ist bereits mit bloßem Auge als eine kleine stellare und lichtschwache Aufhellung am Nachthimmel zu erkennen.


    <i>Im Sternatlas werde ich ca. 2° südlich von M 29 auf den Sternhaufen Be87 aufmerksam. Laut Atlas soll es sich um einen hellen Sternhaufen handeln, und da ich selbst ein Beobachtungsprojekt für den Berkley-Katalog am laufen habe, nehme ich diesen doch gerne mit.</i>


    <b>Be87, OC, Cyg, </b>
    der OC besteht aus ca. 16 helle Mitgliedern die relativ locker und großflächig angeordnet sind. Der Sternhaufen gehört zu den helleren und einfacheren Sternhaufen des Berkley-Katlogs.


    <i>Für das Starhopping zu Abell70 bietet sich der 5,5m helle Stern 5 Aqr an. Im Atlas ist nicht zu übersehen dass der Stern auch eine relativ helle Hickson-Gruppe beherbergt, und zwar HCG 88. Diese nehme ich doch gerne mit.</i>


    <b>HCG 88, vier Galaxien, Aqr.</b>
    Relativ einfache Gruppe. Die Gruppe liegt ca. 1° südlich eines 6m hellen Sterns. Die Galaxiengruppe besteht aus vier Galaxien, wobei zwei bereits im Übersichtsokular einfach zu erkennen sind. Die dritte Komponente zeigt sich bei 200x und bildet mit den helleren beiden eine gerade Linie. Die vierte und schwächste Komponente zeigt sich etwas abseits und ist mit indirekten Sehen zu halten. Schöner Beifang und nette Einstimmung zum lichtschwachen PN Abell 70 samt Galaxie


    <b>Abell 70, PN, Aql, 14,6m</b>
    An der südöstlichen Ecke des Sternbild Adlers ist bei 200x der PN nahe eines hellen Stern relativ schnell gefunden. An der entsprechenden Stelle ist im Übersichtokular ohne [OIII]-Filter ein verdächtiger lichtschwacher Nebelfleck zu erkennen. Mit [OIII]-Filter und höhere Vergrößerung steigert man dem Kontrast zum Hintergrund und der Nebel wird augenscheinlich und der Ringcharakter des PN kann – wenn auch nur sehr schwach- erkannt werden. Ohne [OIII]-Filter ist die Galaxie (PGC 187663) am unteren Rand des Nebels als elongierter Knoten zu erkennen und hebt sich gut vom restlichen PN ab. Setzt man den [OIII]-Filter auf, dann verschwindet die Galaxie und der diffuse Nebel des PN tritt in den Vordergrund. Den besten visuellen Eindruck der Galaxie erhalte ich bei 300x und ohne [OIII]-Filter. Den besten visuellen Eindruck des PN erhalte ich bei 200x bis 300x mit [OIII]-Filter.


    <i>Mittlerweile ist es schon weit nach Mitternacht. Ronald zeigt uns in seinem 20 Zöller den Komet Lemmon mit seinem langen Schweif. Nach einer Pause geht bei mir das Beobachtungsprogramm weiter im Sternbild Steinbock (CAP).
    </i>
    <b>Messier 30, GC, Cap, 6,9m</b>
    Einer meiner liebsten Kugelsternhaufen. Im Übersichtsokular zeigt sich ein gleißend heller Nebelfleck mit einer starken Konzentration zur Mitte hin. Mehrere Sternketten verlassen den Kugelsternhaufen nach Norden hin. Der Außenbereich des Kugelsternhaufens läßt sich in Einzelsterne auflösen. Das Zentrum hingegen bleibt trotz zunehmender Vergrößerung weiterhin nicht auflösbar.


    <b>Pal 12, GC, Cap, 12m</b>
    Ein der helleren Kugelsternhaufen des Palomar-Katalogs. Der GC befindet sich ca. 2,5° nördlich von M30 und kann mittels des Interstellarum DeepSky Atlas und Starhopping relativ schnell erreicht werden. An der entsprechenden Stelle ist ein lichtschwacher Nebelfleck zu erkennen. Eine Sternenkette durchzieht im Vordergrund den Nebelfleck und hilft bei der sicheren Erkennung des Kugelsternhaufens. Mit indirekten Sehen ist der Kugelsternhaufen jederzeit leicht und sicher zu erkennen. Eine mitgebrachte POSS-Aufnahme bestätigt mir nochmal die Sichtung des Kugelsternhaufens.


    <b>NGC 16, Gx, Peg, 12,0m</b>
    Im Beobachteratlas von Stropek ist NGC 16 in der Rubrik Sichtbarkeitsfenster für Oktober als eine „superthin“ beschrieben -- leider falsch. Es ist eine gewöhnliche lentikuläre Galaxie (E0) im Sternbild PEG. Im Okular ist ein heller ovaler Nebelfleck mit einer Aufhellung zum Zentrum hin zu erkennen. Ein eher unspektakuläres Objekt.


    <i>Nach all den lichtschwachen Erscheinungen wurde die restliche Nacht zur Beobachtung lichtstarker und spektakulären Objekten genutzt. Bei jeder alpinen Beobachtungsnacht darf m.E. die Triangulum Galaxie M33 niemals fehlen.
    </i>
    <b>M33, Gx, Tri, 5,5m</b>
    Unter dunklen und transparenten Himmel ist M33 bereits mit bloßem Auge als diffuser dunkelgrauer Nebelfleck am Nachthimmel zu erkennen. Im Okular und bei schwacher Vergrößerung und großer Austrittspupille offenbart M33 sofort seine beiden dicken Spiralarme und sein relativ lichtschwaches Zentrum. Bei genaueren hinsehen lassen sich die zahlreichen HII-Regionen erkennen. Die prominenteste HII-Region ist NGC 604 und leuchtet als unscharfer „Blob“ im Westen abseits der beiden hellen Spiralarme. Die Ganze Galaxie ist von den vielen im IC-Katalog gelisteten HII-Regionen besprenkelt. Jedem sei empfohlen diese mit einer detaillierten Karte aufzuspüren. Große Öffnung ist für dieses Unterfangen nicht zwingend erforderlich, aber ein dunkler und transparenter Himmel sollte es schon sein.


    <b>Cirrusnebel, SNR, Cyg</b>
    Mit großer AP und mit [OIII]-Filter gewappnet erschlägt einem der Detailreichtum dieses Objektes. Zwischen den beiden Hauptaktraktionen „Sturmvogel“ und „Knochenhand“ –welche nahezu im Okular schwebten, zeigt sich ausgehend von „Pickerings Triangle“ ein ausgedehnter filigraner Nebel mit zahlreichen Fäden und Strukturen, die sich Richtung Süden über mehrere Grad ausdehnen um dann bei Simeis 3-210 zu enden. Eine wahre Offenbarung, die ich so bislang selten beobachten konnte. Schon deswegen hat sich die Fahrt hierher gelohnt!


    <b>M31, Gx, And,</b>
    Die Andromedagalaxie beindruckt im Okular durch ihre schiere Größe und Helligkeit. Im Norden springen einem sofort die beiden dunklen Staubbänder ins Auge. Bei genaueren hinsehen ist sogar ein Drittes zu erkennen. Das helle stellare Zentrum ist ein weiteres Highlight dieser spektakulären Galaxie. Leider habe ich nicht nach der Sternwolke NGC 206 Ausschau gehalten.


    <i>Mittlerweile ist es 3:30. Im Osten zieht sich bereits das Sternbild Zwillinge empor. Die Temperatur liegt bei +3 und 68% rF. Auf dem Autodach hat sich eine dünne Eisschicht gebildet. Die Windschutzscheibe ist trocken und eisfrei. Mir geht bei 2900 Höhenmetern langsam die Luft aus. Was ich noch am Teleskop beobachte macht nicht mehr viel Sinn. Ich beschließe abzubauen und die Beobachtungsnacht zu beenden. Es hat alles gepasst: Transparenz, Seeing, Lage, Ausrüstung und Mannschaft.. Wie ich am nächsten Tag am Frühstückstisch erfahre, haben die anderen noch bis zum Morgengrauen durchgehalten und sogar das Zodiakallicht und den Kometen ISON bewundern können. Bravo!</i>