Beiträge von Teleskop-Spezialisten im Thema „Justage von Refraktoren“

    Hallo Sternfreunde,


    wir haben uns aus diesem Grund vor einigen Jahren in dieses Business gewagt. Wir haben immer wieder Teleskope Neu gekauft und haben nach einiger Zeit festgestellt, das die Abbildung nicht ausreichend war. Das Argument war meist das Seeing oder andere äußere Einflüsse. Nach dem ich mich ausgiebig mit Sterntests beschäftigt hatte, konnte ich den Grund feststellen: Dejustage!


    Ein Faktum ist, das wenn ein Refraktor sehr gut justiert ist, dann ist auch die Sternabbildung nadelfein. Dann ist auch der Farbfehler (das sekundäre Spektrum) geringer. Dann sind Details eindeutiger sichtbar. Wenn die Linsen in der Linsenzelle verspannt sind, dann ist die Sternabbildung nicht nadelfein. Wenn die Linsen zueinander verschoben sind dann ist die Sternabbildung nicht nadelfein. Wenn der Okularauszug nicht zum Tubus zentriert ist, ist die Sternabbildung nicht nadelfein. Wenn der Okularauszug verkippt sind die Sterne nicht nadelfein.


    Beim Newton muß der Offset des Fangspiegels stimmen, der OAZ muß zentriert werden, der Spiegel muß justiert werden. Dann ist das Koma im systembedingten Rahmen. Wir justieren die Newtons auch deswegen vor dem Versand, damit wir Unstimmigkeiten im System finden und bei einem 59,00 € Newton der Sternfreund zumindest ein voreingestelltes Teleskop in Händen hält. Auch wenn es beim Versand dann wieder leicht dejustiert wird, ist das Teleskop merkbar besser justiert, als es bei uns ankam und der Einsteiger muß sich erst mal nicht mit der Justage befassen! Auch bekommen wir Rückmeldungen das die Justage nach dem Versand zumindest noch ausreichend war.


    Beim SC oder MAK muß noch das Spiegelshifting berücksichtigt werden. Dies kann auch nur zu einem bestimmten Maß optimiert werden.


    Beim Zenitspiegel muß die optische Achse stimmen.


    Beim Okular müssen alle Linsen Planparallel zueinander sein.


    Das ist reine Optik.


    Wir behaupten nicht das wir die einzigen sind die solch einen Aufwand betreiben!!


    Es ist aber eine Tatsache, das wir an jedem Teleskop, gleichgültig ob es günstig oder teuer war, immer irgendwas zu machen haben. Die Justage der Linsenzelle paßt bei ca. 30% der Teleskope, bei den restlichen 70% müssen wir die Linsen in der Zelle entspannen, Linsen drehen oder verschieben, den OAZ zum Tubus zentrieren, die Linsenzelle zum Tubus verkippen, den OAZ einstellen, Teflonstreifen auf das OAZ-Rohr kleben usw.


    Es gibt eine Dejustage-Grenze in der diese Fehler nicht auffallen bzw. nur sehr gering wirken, oder sogar vernachlässigbar ist. Da reicht es einfach alles zu kontrollieren , Kleinigkeiten zu machen und den Sterntest und das Ronchi zu erstellen.


    Wir bekommen viele (auch Neu gekaufte) Teleskope von Sternfreunden zur Kontrolle da dem Sternfreund die Sternabbildung nicht stimmig erscheint. Und meist ist irgend was nicht so ist, wie es sein soll. Da ist selten das Seeing oder die äußeren Umstände schuld. Das ist dann unser Job diese „Mängel“ zu beheben und das Beste aus dem Teleskop zu holen.


    Sternfreundliche Grüße!


    Karl

    Hallo,


    es ist so ähnlich wie beim Kauf eines neuen Autos:


    Die angegebene KW-Leistung wird schon annähernd erreicht werden. So lange das Auto fährt und die Beschleunigung und der Verbrauch ausreichen, dann ist alles in Ordnung. Eine nicht richtige Angabe wird dann niemand bemerken. Erst auf einem Prüfstand zeigen sich die realen Werte. Wenn alles optimal aufeinander abgestimmt ist. Erhält man das Optimum aus dem System.


    Was bedeutet, wenn bei hohen Vergrößerungen der Kontrast und die Schärfe reichen, dann ist der Zweck erfüllt. Wird ein Teleskop optimal justiert, wird auch der systembedingt maximale Kontrast und Schärfe erreicht.


    Wir machen nichts anderes, als die optimale Leistung aus einem optischen System heraus zu holen. Es fehlt oft nicht viel. Aber das wenige entscheidet meist über Detailsichtbarkeit oder nicht.


    Doch gibt es einige Refraktoren, MAKs und SCs bei denen die Dejustage sehr stark vorhanden ist. Auch bei einigen Exemplaren des angesprochenen EVOSTAR 120/1000!


    Nicht umsonst stecken wir sehr viel Zeit in jedes (!) Teleskop, auch wenn es „nur“ 59,00 € kostet!!

    Astronomische Grüße und CS!


    Karl